Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
Vom Netzwerk:
Forschungszentrum Informatik, ein Zentrum für Lasertechnik, ein genetisches Zentrum, Institute für Konstruktionskeramik, Produktionsautomatik und Polymerforschung, Forschungsschwerpunkte für Industrieelektronik und Bioverfahrenstechnik, ein CAD/CAM-Plan und ein Forschungspool konzipiert, außerdem war der Kauf zweier Höchstleistungsrechner beschlossen und waren die Hochschulen von jeglicher Stelleneinsparung befreit.
    Dr. sc. nat. Alice befand sich mit einem Schlag im Wunderland. Wieviele Millionen das alles kostete, darüber besaß nicht einmal mehr der Finanzminister einen Überblick; etliche hundert waren es aber schon. Das hehre Ziel der Nullverschuldung erlitt das Schicksal seines amerikanischen Verwandten, es verschwand in der Versenkung. Im übrigen fragte auch keiner mehr danach.
    Dafür genoß das Land den Ruf, an der Spitze des Fortschritts zu marschieren – und die Spitze der Spitze bildete Oskar Specht. Daß Tom Wiener, schon den nächsten Wahlkampf im Visier, den Slogan ›Unser Land ist spitze!‹ kreierte, war deshalb fast eine Tautologie. Doch politische Werbung richtet sich ohnehin an die geistig etwas Schwerfälligeren.
    Man hätte wohl erwarten können, daß soviel Großmut die Herren Universitätsrektoren und -dekane, wie Müller-Prellwitz lästerte, zum knieenden Gebet des Freudenreichen Rosenkranzes veranlassen würde.
    Doch weit gefehlt. Sie nahmen lediglich die Lautstärke ihrer Klagen, die denen einer orientalischen Trauerversammlung in nichts nachstanden, um einige Dezibel zurück und erwiderten jedes Geschenk mit der herzzerreißenden Versicherung, daß es nicht ausreiche und so, in dieser Unvollkommenheit, die Probleme eher vergrößern werde.
    Gundelach war sich nicht schlüssig, ob die akademische Elite von ihrem politikerprobten Ritual einfach nicht lassen wollte – sowenig es einen morgenländischen Händler zufriedenstellt, wenn der Tourist auf seinen Wucherpreis mir nichts, dir nichts eingeht –, oder ob sie mit feiner Witterung spürte, daß neben Spechts Fortschrittsbegeisterung auch persönliche Kompensationsbedürfnisse eine Rolle spielten, deren Befriedigung gewissermaßen von staatspolitischem Nutzen war.
    Jedenfalls bedienten sich die Rektorenkränzchen im biedermeierlichen Ambiente Untersteins tellerweise vom hochschulpolitischen Kuchenbüffet und waren erst dann einigermaßen satt, wenn der oberste Zuckerbäcker auf die Cremetorte neuer Institute und Apparate noch die Sahnehäubchen geringerer Lehrverpflichtungen und großzügigerer Drittmittelregelungen (das betraf den Zugang zu den begehrten Industrie- und Stiftungstöpfen) draufgehauen hatte.
    Sie nannten es: Verbesserung der Rahmenbedingungen. Seit jener Zeit konnte Gundelach, sooft er den Begriff hörte, nicht anders, als dabei zugleich ans ungenierte Rahmabschöpfen zu denken. Und doch: Es gab nicht nur dies.
    Eines Tages ließ Tom Wiener Gundelach rufen und hielt ihm einen Brief unter die Nase. Darin fragte der Dekan einer wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät mit knappen Worten an, ob der Ministerpräsident bereit wäre, die Ehrendoktorwürde der Universität entgegenzunehmen.
    Es handelte sich um eine der großen Universitäten des Landes, und der Ruf der Fakultät war ausgezeichnet.
    Was meinen Sie dazu? fragte Wiener.
    Naja, sagte Gundelach. Bislang sind solche Angebote nur von obskuren amerikanischen und asiatischen Hochschulen gekommen, wo man sich den Doktorhut für ein paar tausend Dollar kaufen kann. Das hier ist auf alle Fälle was Reelles.
    Kennen Sie den Mann? Professor … Wrangel, Werner Wrangel.
    Nur dem Namen nach. Eine Kapazität, ohne Zweifel.
    Zeigen Sie noch mal her: ›Institut für Mathematische Wirtschaftstheorie und Operation Research‹ … Wat is’n det?
    Gundelach kratzte sich am Kopf.
    Genau kann ichs Ihnen auch nicht sagen. Eine bestimmte Fachrichtung der Nationalökonomie, glaube ich, die für Banken und Versicherungen große Bedeutung hat.
    Hat der Wrangel schon mal was von uns wollen? Penunze, Stellen, Orden?
    Nicht daß ich wüßte. In Unterstein oder hier bei uns bin ich ihm jedenfalls noch nie begegnet.
    Merkwürdig –.
    Wiener drehte das Papier hin und her.
    Und wenn? Vielleicht steckt ja wirklich nichts weiter dahinter. Wissen Sie was, fahren Sie doch mal hin und schauen Sie sich den Vogel an. Aber keine Zusagen machen! Und erkundigen Sie sich zur Sicherheit beim Wissenschaftsministerium.
    Gundelach nickte und ging mit dem Schreiben zur Tür. Wieners Stimme holte ihn

Weitere Kostenlose Bücher