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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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ein. Noch ehe er sich umdrehte, spürte Gundelach, daß sein Chef von einem Ohr zum anderen feixte.
    Mal ehrlich. Können Sie sich das vorstellen: Doktor Oskar Specht?
    Ach Gott, sagte Gundelach gedehnt und wie immer auf der Hut, wie man’s nimmt … Ein bißchen erkenntlich können sich die Herren Professoren für den vielen Zucker schon zeigen, den wir ihnen hintenrein blasen.
    Und genau den Eindruck fürchte ich! Ja, wenn der Oskar der Typ wäre, dem die Leute so was abnehmen! Aber da paßt doch der Topf nicht zum Deckel –.
    Er ist ja nur honoris causa , sagte Gundelach und mußte seinerseits grinsen. Der Deckel.
    Raus, Sie Armleuchter! Und machen Sie einen großen Bogen ums Archiv!
    Professor Wrangel empfing Gundelach wie einen alten Bekannten. Er war klein und hager, das braungebrannte Gesicht kokettierte mit einem eisgrauen Stoppelhaarschnitt. Sein Händedruck hatte die Kraft eines Schraubstocks.
    Ich habe uns ein Mittagessen im Gästehaus bestellt, sagte er. Da sitzt man gemütlicher.
    Gundelach spürte auf Anhieb, daß Professor Wrangel ein völlig anderes Kaliber war als die habilitierten Berufsnörgler, denen er bisher begegnet war. Wrangels Gang war federnd, die Hände schienen nur aus Knochen und Sehnen modelliert. Wenn er lächelte, verengten sich die metallfarbenen Augen zu scharfkantigen Schlitzen. Wrangel mochte an die sechzig Jahre alt sein, doch sein Körper war alterslos-zäh wie der eines austrainierten Judoka.
    Treiben Sie Sport? fragte Gundelach, während sie vom Fakultätsgebäude zum Bungalow hinüberwechselten, in dem sich das Kasino befand.
    Ein wenig, antwortete Wrangel. Früher war ich ein begeisterter Bergsteiger. Leider hat das zu einigen Trümmerbrüchen geführt, so daß ich es jetzt ruhiger angehen lasse. – Und Sie?
    Och, ein bißchen Tennis. Nichts Besonderes.
    Ein schöner Sport, sagte der Professor höflich. Der MP spielt auch Tennis, nicht?
    Gundelach bejahte und wunderte sich über die Selbstverständlichkeit, mit der Wrangel vom ›MP‹ sprach.
    Kennen Sie Herrn Specht näher? fragte er und genierte sich, weil Wrangel ihm die Glastür aufhielt.
    Nur vom Fernsehen und aus den Zeitungen. Wieso?
    Weil – nun, weil Sie so locker vom ›MP‹ sprechen . . .
    Wrangel blieb stehen und zeigte seine Zähne.
    Habe ich etwas falsch gemacht? Das täte mir leid. Nein, ich finde ihn einfach sympathisch. Klug und sympathisch. Wahrscheinlich ist es die schlechte Angewohnheit von uns Mathematikern, alles auf die kürzestmögliche Formel bringen zu wollen.
    Sie nahmen am gedeckten Tisch eines kleinen, elegant möblierten Salons Platz, und ein livrierter Kellner, der Wrangel mit großer Ehrfurcht behandelte, fragte nach ihren Wünschen. Gundelach dachte an das Gejammer der Rektoren über die unzureichenden Rahmenbedingungen ihrer harten Arbeit und bestellte Lachssoufflé.
    Dann kam er auf den Anlaß seines Besuchs zu sprechen.
    Das Angebot sei sehr ehrenvoll für Herrn Specht, sagte er, aber auch ein wenig überraschend. Deshalb habe man ihn beauftragt, noch etwas mehr über die Motive der Universität in Erfahrung zu bringen, die hinter der angetragenen Ehrendoktorwürde stünden – wenn er das so geradeheraus sagen dürfe.
    Professor Wrangel dachte nach.
    Tja, sagte er schließlich, wenn Sie mich so direkt nach den Motiven der Universität fragen – die kenne ich nicht. Bisher wissen weder der Rektor noch der Große Senat Bescheid, genaugenommen nicht mal der Fakultätsrat. Über meine Motive allerdings kann ich Ihnen gerne Auskunft geben, falls Sie das interessiert.
    Gundelach saß wie vom Donner gerührt.
    Heißt das, die zuständigen Hochschulgremien haben noch gar keinen Beschluß in dieser Sache gefaßt?
    Wrangels ledernes Gesicht zerplatzte in ein Faltencraquelée diebischer Freude.
    Richtig. Es gibt bis jetzt keinen Beschluß und keinen Antrag. Es gibt nur meine Idee. Und bevor ich die durchsetze – und ich setze sie durch, mit aller Brutalität und Härte, verlassen Sie sich drauf –, muß ich natürlich wissen, ob Ihnen und dem MP eine Promotion politisch überhaupt in den Kram paßt.
    Aha.
    Das Lachssoufflé wurde serviert. Gundelach war dankbar, während der Pause sein Mienenspiel ordnen zu können.
    Wenn Sie mir also, bitte, Ihre Motive mitteilen würden, murmelte er und stocherte mit der Gabel in der rosa Fleischmasse.
    Ich habe den Brief aus zwei Gründen geschrieben, sagte Professor Wrangel. Erstens imponiert mir die Zielstrebigkeit, mit der Oskar Specht

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