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Monrepos oder die Kaelte der Macht

Monrepos oder die Kaelte der Macht

Titel: Monrepos oder die Kaelte der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Zach
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Leute nicht, daß es dazu überhaupt kommen wird, weil die SPD nie und nimmer so viel zulegen kann. Darum berührt’s den Körner auch wenig. Viel größer ist die Gefahr, daß unsere Anhänger sagen, eine Koalition mit der FDP, so wie in Bonn, tut dem Specht mal ganz gut. Dann kehrt er wieder auf den Boden zurück und regiert weniger selbstherrlich. Die Konservativen, die Kohl-Anhänger denken so. Sogar die FDP wirbt ungeniert damit. Nun gut, das haben wir besprochen. Kurz vor der Wahl holt Specht den Hammer raus und erklärt: Für eine Koalition stehe ich nicht zur Verfügung. Sollen sie Erpressung oder Bluff schreien, das ist egal. Hauptsache, der Schlag sitzt. Aber dann muß auch genügend Angstpotential da sein vor der Alternative, und die heißt halt Körner. Sind damit wieder am Ausgangspunkt. Der Junge darf einfach nicht zu lieb, zu harmlos rüberkommen. Darf sich nicht festsetzen in den Köpfen mit seinem unverbrauchten, unpolitischen Dressmangesicht …
    Halt! Was ist das?
    Hab ich doch grad gesagt: Das erste Körner-Plakat, das ich gesehen hab, bei mir daheim in Oberwangen. Weiß nicht, warum es jetzt schon da hängt, ob als Test oder weil mich die Roten besonders ärgern wollen. Scheint aber so zu sein, daß die SPD heuer früh anfängt zu plakatieren und wahnsinnig viel Geld reinsteckt, auch für Großflächen. Hab’s auf jeden Fall gleich fotografiert.
    Interessant … nicht schlecht gemacht. Herr Bornemann, was meinen Sie? Sag mal, der Körner hat ja auf dem Bild einen Mantel an, einen Trenchcoat oder so was!
    Ja, sieht ein bißchen nach Humphrey Bogart aus: Kragen hochgeschlagen, lässige Haltung – schau mir in die Augen, Kleines. Ein typisches Plakat für junge Zielgruppen, würde ich sagen. Alter zwanzig bis vierzig, selbständig, beruflich emanzipiert. Moderne Frauen vor allem, denen die CDU, entschuldigen Sie, zu antiquiert ist.
    Dann muß die Plakatierung vor deiner Haustür ein Versehen sein, Willi!
    Sauhund, elendiger!
    Körner. Mantel. Körner im Mantel. Ungewöhnlich. Steckt ein Fehler in dem Konzept, eine Blöße. Welche? Ganz ruhig. Genau überlegen. Ein Mann im Mantel schützt sich vor Kälte. Herr Körner weiß, daß er sich warm anziehen muß bei dieser Wahl. Darum hat er den Mantel gleich anbehalten. Sorgt für schadenfrohes Gelächter. Geht aber noch besser –.
    Seid doch mal ruhig!
    Moment mal. Körner hat doch immer noch nicht rausgelassen, ob er nach der Wahl im Land bleibt oder nach Bonn zurückkehrt, wenn die SPD weiter Opposition spielen muß. Zögert, sich jetzt schon festzulegen. Das ist es! Körner glaubt selbst nicht an den Erfolg der SPD. Zieht den Mantel gar nicht erst aus. Verschwindet nach der Wahlschlappe wieder Richtung Bonn, still und leise.
    Ein Mann im Mantel ist ein Mann auf der Durchreise!
    Wie?
    Schon gut!
    Werd es nachher beim Mittagessen im Parkhotel der Kreibaum stecken. Journalistinnen haben ein Gefühl für sowas. Kann es als hübsches Aperçu in ihrer Freitagskolumne bringen. Ist aber fast zu schade. Der Einfall verdient Besseres. Soll mich, wenn das Plakat überall hängt, auf der Pressekonferenz nach Körner fragen. Aufhänger dafür findet sich. Dann schieß ich’s ab und hab es landesweit. Der Mann im Mantel. Der Mann auf der Durchreise. Ein Zugvogel, nicht wählbar. Muß der Kreibaum natürlich was anbieten dafür. Irgend eine schöne Exklusivgeschichte. Na, erst mal die Wahl gewinnen –.
    Entschuldigung die Störung, ein Herr Eckert ist am Telefon für Herrn Gundelach!
    Augenblick, ich komme. Geht um den Managergipfel im nächsten Monat. Macht schon mal ohne mich weiter.
    Kreml - Astrologie
    Die Soldaten grüßten, als der Wagen das Tor durchfuhr. Der Schnee knirschte unter den Rädern. Die Menschen auf dem großen, verschneiten Platz kümmerten sich nicht um das schwarze Regierungsfahrzeug. Sie gehörten selbst zur Regierung, waren Beamte, Dolmetscher, Experten und arbeiteten im Zentrum einer Weltmacht. Das Bewußtsein, zu einer mikroskopisch feinen Schicht zu zählen, ließ sie in elitärer Gelassenheit ihres Weges gehen.
    Auf einmal tauchten die Türme der Kremlkirchen auf. Dicht gedrängt, auf- und niedersteigend wie Orgelpfeifen, mit goldenen Kuppeln und Kreuzen, denen ein Hauch weißen Glitzerns wie ein diaphaner Schleier beigegeben war.
    Dort rechts ist die Kathedrale der Zwölf Apostel, sagte der Botschafter. Links vor uns der Glockenturm Iwan des Großen. Dahinter – jetzt – die Erzengelkathedrale und die Kirche Mariä

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