Monsterkopf
kleines Bier.«
»Gut. Und Sie?«
»Wasser«, sagte Suko.
Er erntete einen schon bösen Blick, dann ging der Wirt an seine Zapfanlage. Er hatte auch eine Bedienung eingestellt. Es war ein junger Mann mit einer recht hellen Haut und zahlreichen Sommersprossen. Er war flink und zu allen Gästen freundlich.
Wir bekamen unsere Getränke. Ich nahm mein Glas, trank einen kleinen Schluck und drehte mich dann zur Seite, was ich nicht aus Spaß tat. Es hatte schon einen Grund. Seinetwegen hatten wir uns auch den Platz an dieser Stelle der Theke ausgesucht.
Der Grund war das Bild. Es hing neben der Garderobe und recht versteckt, sodass es von den meisten Gästen nicht gesehen werden konnte. Zudem fielen Schatten auf das Werk.
Der Wirt war beschäftigt, die anderen Gäste kümmerten uns auch nicht, und so traten wir an das Gemälde heran.
Es war ein Kopf. Das hatten wir bereits aus der Entfernung erkannt. Sogar das Schimmern der halbdunklen Augen war zu sehen, und es herrschten drei Farben vor.
Einmal ein dunkles Rot, das einen Stich ins Bräunliche besaß. Zum anderen an der linken Bildseite eine sattgrüne Farbe, und als Letztes die dichten schwarzen Haare auf dem Kopf.
»Das ist es also«, sagte Suko.
Ich nickte nur.
»Und?«
Wir standen dicht vor dem Bild. Es wäre ideal gewesen, wenn man es angeleuchtet hätte, aber dies war nicht der Fall. Trotzdem sahen wir genug.
Kate Boone hatte Recht. Der Kopf war tatsächlich aus nackten Leibern gemalt. Zumindest die vordere Seite. Die Nase bestand aus einem Frauenkörper, der uns die nackte Rückseite entgegendrehte. Zudem hatte die blonde Frau den Kopf leicht nach rechts gedreht.
Es war wirklich ein Phänomen, und wir ließen uns von dem Gemälde gefangen nehmen.
Die braunen Augen starrten den Betrachter direkt an, als wollten sie ihn hypnotisieren. Auch ich blieb von diesem Anblick nicht verschont und merkte, dass es kalt über meinen Rücken rieselte. Ich dachte an die beiden Toten und fragte mich, ob dieses Gemälde oder der Monsterkopf tatsächlich die Schuld trug an ihrem grausigen Ende.
Auf der Oberlippe wuchs ein schmaler Bart. Er war normal gemalt, ebenso wie der Mund mit den beiden recht dicken Lippen.
»Gefällt es Ihnen?«
Eine fragende Männerstimme riss uns aus der Betrachtung. Wir drehten uns um, und ich trank dabei einen Schluck Bier. Die Stimme war mir schon bekannt vorgekommen, und als ich den Mann sah, da fiel mir ein, dass wir ihn schon mit der Schrotflinte neben seinem Pick-up gesehen hatten. Er hatte sich nur umgezogen und trug jetzt eine dreiviertellange dunkelbraune Cordjacke zu einer glatten Hose.
Die kalten Augen, das graublonde Haar, ein lauernder Zug um die etwas nach unten gezogenen Mundwinkel.
»Es ist ungewöhnlich«, sagte ich.
»Ja, das kann man behaupten.«
»Wer hat es gemalt?«, fragte Suko.
»Ein wirklicher Künstler.«
»Hat er auch einen Namen?«
»Nein, er ist unbekannt.«
Das glaubten wir ihm nicht, aber das Gegenteil beweisen konnten wir ihm auch nicht. »War es niemand hier aus dem Ort?«
Der Jäger schüttelte den Kopf. »Es ist schon etwas älter. Es war vor meiner Zeit hier, aber es ist fantastisch. Der Mann hat es nicht nur einmal gemalt, sondern mehrere Male. Sie werden es hier noch öfter in Egerton finden, und es sind alles Originale.«
»Ja«, sagte ich und fügte hinzu: »Das Bild hat für mich etwas Dämonisches.«
Der Jäger trat etwas zurück und verengte die Augen. »Ach, was Sie nicht sagen?«
»Ja, so fühle ich.«
»Und Sie?«, wurde Suko gefragt.
»Ich denke auch so.«
»Sehr schön.« Der Jäger lächelte kühl. »Wenn das so ist, dann sollten Sie sich davor hüten, ihm etwas anzutun.«
»Was meinen Sie damit?«
»Nur so. Sehen Sie es als ein Kunstwerk an. Schönen Abend noch.« Er nickte und verschwand.
Suko stieß mich an. »Was hältst du von diesem Knaben?«
»Er hat uns gewarnt.«
»Oder gedroht. Und das wird einen Grund gehabt haben.«
Ich deutete mit der Daumenkuppe gegen das Gemälde. »Das ist der Grund, nichts anderes.«
»Wie sollen wir reagieren?«
»Du nicht, sondern ich.«
»Und?«
»Ich will es mit meinem Kreuz versuchen. Es kann sein, dass es mich warnt.«
»Warte. Denk daran, dass das Kreuz auch zerstören kann.«
»So weit lasse ich es nicht kommen.«
Wir verhielten uns so normal wie möglich und taten, als würden wir uns über ein interessantes Thema unterhalten. Tatsächlich sorgte Suko für eine Rückendeckung. Er stellte sich so hin, dass niemand der
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