Monsterkopf
nur ein Zerrbild dessen. Möglicherweise auch eine Gestalt, die bei der Evolution auf halbem Weg stehen geblieben war. Da kam ihr plötzlich so viel in den Sinn, und dies alles sorgte bei ihr dafür, dass sie rücksichtslos angriff, wobei sich ihre gesamte Wut und auch Hilflosigkeit entlud.
Sie sprang vor und schlug zu.
Ihre Gegnerin riss die Arme hoch, sodass ihr Gesicht nicht getroffen wurde. Die Latte traf die Unterarme, und so holte die Polizisten zum nächsten Schlag aus, den sie diesmal mehr seitlich ansetzte, sodass sie den Kopf erwischte.
Diesmal hörte Kate einen Schmerzensschrei. Sie sah auch, das Haut aufgeplatzt war, schöpfte Hoffnung und drosch erneut zu.
Diesmal hatte sie Pech. Die Frau war nicht so stark angeschlagen, als dass sie nicht hätte reagieren können. Sie war sogar recht schnell und griff so zielsicher zu, dass sie das vordere Ende der Latte packte und auch festhielt.
Für eine kurze Zeit erstarrten beide. Keiner wollte der anderen die Holzwaffe überlassen. Sie zogen und zerrten, und Kate Boone merkte, dass ihre Kräfte geringer waren.
Durch die heftigen Stöße wurde sie nach hinten getrieben, aber sie ließ die Latte nicht los.
Das tat ihre Gegnerin. Nach einem letzten druckvollen Stoß wirbelte sie das Ende an ihrer Seite in die Höhe, machte auf dem Absatz kehrt und rannte weg.
Kate wusste nicht, wie ihr geschah. Sie taumelte noch zurück und hoffte, nicht über die eigenen Beine zu stolpern. Dabei sah sie die Frau im Dunst verschwinden.
Sie schrie ihr noch einige wütende Flüche nach. Dann war die Sache vorbei, und Kate kam sich vor wie jemand, der einen Traum erlebt hatte.
»Scheiße«, flüsterte sie und starrte in den Nebel. »Verdammte Scheiße, was ist das nur?«
Sie fand keine Antwort auf ihre Frage. So blieb sie auf der Stelle stehen. Sie hatte nur der Schwester des Selbstmörders einen Besuch abstatten wollen und war dann auf diese fast schon mit einer Catcherin vergleichbare Frau gestoßen.
Was hatte diese Person von Mabel Ramsey gewollt?
Diese Frage stellte sie sich, und eine Antwort gab sich die Polizisten ebenfalls. Mabel wusste mehr über den Selbstmord ihres Bruders.
Kate spürte auch ihr schlechtes Gewissen. Sie hatte versprochen, auf die beiden Polizisten zu warten. Normalerweise hielt sie ihre Versprechen auch, aber in den letzten Tagen war alles anders geworden.
Ein letztes Mal schaute sie nach vorn. Der Nebel hatte sich über die Wiesen und Felder gesenkt. Der herbstliche Dunst deckte alles zu.
Kate drehte sich wieder um. Das Haus war noch zu sehen, wenn auch nur als ausfasernder Umriss. Sie wollte hingehen, als ihr die beiden tanzenden Lichter auffielen. Ein Fahrzeug fuhr auf dem direkten Weg auf sie zu, und ihrer Meinung nach konnte es sich dabei nur um den Wagen der beiden Polizisten handeln.
Sie ging dem Fahrzeug mit langsamen Schritten entgegen und winkte mit beiden Armen. Das hatte der Fahrer wohl nicht gesehen. Er stoppte vorher, und die Lichter verloschen. Im Ort selbst war der Dunst weniger dicht als an ihrem Standort. Kate hörte das Zuschlägen einer Autotür und lief jetzt schneller, um das Fahrzeug zu erreichen.
»Wartet!«
Es waren tatsächlich zwei Männer ausgestiegen, die ihren Ruf vernommen hatten, und tatsächlich waren es John Sinclair und Suko, die beiden Kollegen...
***
Auf dem Weg zu Mabel Ramsey hatten wir über Kate Boone gesprochen. Zuerst sehr ärgerlich. Sehr bald aber besorgt, denn so hatten wir sie nicht eingeschätzt. Warum war sie verschwunden? Weshalb hatte sie nicht wie vereinbart vor der Gaststätte auf uns gewartet? Wollte sie uns zuvorkommen?
Wenn wir sie fanden, würden wir ein Wörtchen mit ihr reden, aber wir hofften auch, dass ihr nichts zugestoßen war.
Über den Nebel ärgerten wir uns ebenfalls, den Weg fanden wir trotzdem, sahen das Haus und den schwachen Lichtschein hinter den unteren Fenstern, stiegen aus und hörten den Ruf unserer Kollegin.
»Wartet!«
»Das ist sie«, sagte Suko.
»Genau.«
Wir drehten uns in ihre Richtung. Eine Gestalt lief durch den Dunst. Sie winkte mit beiden Armen. Sekunden später blieb sie vor uns stehen und atmete tief durch.
Es war ihr anzusehen, dass sie nicht nur durch den Lauf so aufgebracht war. Etwas musste passiert sein.
»Ich denke, dass Sie uns was zu sagen haben«, sprach ich sie an.
»Genau, das habe ich.«
»Und?«
»Ich... ich... bin von einer nackten Frau, von einem regelrechten Monster, angegriffen worden.«
»Bitte?«
»Es stimmt. Und hätte
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