Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monströse Welten 2: Hobbs Land

Monströse Welten 2: Hobbs Land

Titel: Monströse Welten 2: Hobbs Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
heute?« fragte er.
    »Spiggys Eingabe wegen des Produktionsrückgangs in der Siedlung Eins«, erwiderte sie und verteilte Unterlagen auf allen Plätzen. Dern war ein Papierfetischist. Er brauchte etwas zum Befingern und Bekritzeln.
    »Und was ist mit Zilia? Welches Problem hat sie nun wieder?« fragte er.
    »Sie ist nach wie vor davon überzeugt, daß die ersten Siedler Völkermord an den Eingeborenen verübt hätten.«
    »Wichtig ist allein der Produktionsrückgang«, knurrte Dern. »Sam habe ich auch eingeladen; also kommt dieser Punkt als erster auf die Tagesordnung, und Zilia kann bis zum Schluß warten. Hoffen wir nur, daß Sam wieder gegangen ist, bevor sie auf die Idee kommt, ihm auch irgendwelche Vorwürfe zu machen.«
    Tandle hatte noch Zeit, die Agenda abzuändern, bevor die ersten Leute erschienen: Horgy Endure mit seinen drei Groupies. Wenn Dern nichts dagegen hätte, sagte er leise zu Tandle, würden sie gern hinten Platz nehmen und als Gäste an der Besprechung teilnehmen. Tandle erwiderte, daß Dern durchaus keine Einwände hätte.
    »Ein paar neue Schönheitsköniginnen?« fragte Jamice Bend mit eisiger Stimme, als sie zum Tisch ging und abfällig gegen den Stapel Papier auf ihrem Platz schnippte. Sie bewegte sich so geschmeidig wie ein Dschungelraubtier. Das rote Haar hatte sie zu einem Knoten gebunden und zwei phansurische Geisterstäbchen mit grünen Cabochon- Edelsteinenhindurchgesteckt. Bei diesem Anblick fragte Tandle sich jedesmal zähneknirschend, wie arrogant jemand wohl sein mußte, um sich diese jahrtausendealten Artefakte ins Haar zu stecken. Nichtsdestoweniger verfehlte das Arrangement nicht seine Wirkung, wie die smaragdäugige Jamice mit ihrem ockerfarbenen Teint sehr wohl wußte.
    »Morgen«, sagte der dritte Konferenzteilnehmer und schlurfte durch den Raum an seinen Platz, ohne die anderen eines Blickes zu würdigen. Sein ohnehin schon häßliches Gesicht wirkte durch den schmerzlichen Ausdruck noch unvorteilhafter; strähniges hellbraunes Haar fiel ihm in die faltige Stirn, und die geschmeidige, hochgewachsene Gestalt krümmte sich gequält. Oft genug machte Spiggy mit seiner Mimik einem Clown alle Ehre, doch nun erweckte er den Anschein, als ob er als Schauspieler in einer Tragödie mitwirkte. Erneut quälte Spiggy sich ein »Morgen« ab, das wie das Läuten einer Glocke anläßlich einer Beerdigung im Raum stand.
    Tandle seufzte. Wenn Spiggy gut drauf war, dann war er amüsant, wenn auch anstrengend. Wenn Spiggy jedoch schlecht drauf war, dann verbreitete er eine richtig miese Stimmung. Sofort wirkte der Tag düster. Seufzend schaltete Tandle das Licht an und drehte die Heizung auf. Nach dieser Besprechung war Dern mit Sicherheit urlaubsreif. Er hatte einmal gesagt, daß man, wenn Spiggy sich in einer depressiven Phase befand, schier das Gefühl hatte, daß er einem das Blut aus den Adern saugte.
    Natürlich hätte Spiggy sich einer Therapie unterziehen können. Tandle war sogar der Ansicht, daß jeder der Anwesenden, einschließlich Dern, sich einer Behandlung hätte unterziehen müssen. Der Chefarzt im Medizinischen Zentrum der Zentralverwaltung wäre durchaus in der Lage gewesen, Spiggy zu helfen. Doch Spiggys Eltern hatten den Baidees von Thyker angehört, den Hoch-Baidees, einer Sekte, welche die Psychotherapie ablehnte, weil die Propheten es angeblich so befohlen hatten. Tandle hatte da jedoch ihre Zweifel. Spiggy war indessen kein praktizierender Baidee, zumindest nicht, was die Kleiderordnung und die vielfältigen Einschränkungen bei der Nahrungsaufnahme betraf; das Verbot einer Psychotherapie befolgte er jedoch kompromißlos.
    Zilia Makepiece betrat den Raum. »Bin ich zu spät dran?« fragte sie. »Ich hatte schon befürchtet, daß ich zu spät komme.« Dabei wußte sie ganz genau, daß sie noch rechtzeitig erschienen war. Dern war nämlich noch nicht anwesend. Es war typisch für sie, jede Konversation mit einer Entschuldigung einzuleiten; und wenn die Entschuldigung dann angenommen worden war, hatte sie einen Grund, sich zu echauffieren. Die Antwort fiel auch wie erwartet aus: »Ja, du kommst zu spät, Zilia. Aber nur ein paar Minuten.« Nun hätte sie eigentlich widersprechen und sagen müssen, daß Dern auch noch nicht da sei.
    »Du bist überhaupt nicht zu spät«, machte Tandle plötzlich ihr Kalkül zunichte. »Du bist sogar etwas zu früh dran, wie wir alle.«
    »Komm schon rein, Zilia, und tritt nicht auf der Stelle«, sagte Jamice spöttisch und entwertete

Weitere Kostenlose Bücher