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Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen

Titel: Montagsmenschen - Moser, M: Montagsmenschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milena Moser
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Beschimpfung?»
    «Amischlampe?»
    «Ja, das Wort kommt in erstaunlich vielen Leserkommentaren vor – du weißt schon, wegen der Amerikanerin in der Schleuse … Die kann ich nicht aufschalten, oder?»
    Poppy wusste es nicht. Sie trat hinter Audrey und sah ihr über die Schulter. «Welche Amerikanerin in welcher Schleuse? Das hab ich nicht mitgekriegt.»
    Audrey klickte den Artikel an, der bereits dreizehn Leserkommentare provoziert hatte, von denen vier den Begriff «Amischlampe» enthielten.
    Wegen dieser Amischlampe das Ufer absperren … Und was ist mit uns unbescholtenen Schweizer Bürgern, die hier spazieren gehen wollen, wie es unser Recht ist?
    Poppy suchte den dazugehörigen Artikel.
    Tod im Fluss – Vermisste Amerikanerin ertrunken aufgefunden. Unfall, Verbrechen oder Selbstmord?
    Sie klickte auf das Fragezeichen, um das dazugehörige Bild hochzuladen, das ihr bereits bekannte Hochzeitsbild von Wolf und Kim. Hatten die kein anderes Foto?, dachte sie, schob Audrey zur Seite und setzte sich auf ihren Stuhl.
    «Hast du das wirklich nicht mitgekriegt? War eine Riesensache. Während du krank warst … Hast du keine Nachrichten geschaut?»
    Poppy antwortete nicht. Sie musste den Artikel zweimal lesen, um die wichtigsten Informationen zusammenzusetzen. Wenige Tage, nachdem Wolf seine Frau als vermisst gemeldet hatte, war ihre Leiche in einer Flussschleuse gefunden worden. Erste Untersuchungen bestätigten, dass der Tod nicht auf Ertrinken, sondern auf Gewalteinwirkung zurückzuführen war und dass sie vermutlich schon am Abend, bevor ihr Mann ihr Verschwinden gemeldet hatte, tot im Wasser gelegen hatte. Poppy zählte an den Fingern bis zu dem Abend zurück, an dem sie Wolf zum letzten Mal gesehen hatte.
    … Ehemann befragt, aber nicht festgenommen …
    «Ach was», sagte Audrey. «Der Ehemann ist doch immer verdächtig!»
     
Ted
     
    «Du weißt, was als Nächstes passiert.»
    Ted schüttelte den Kopf. «Nein. Aber du wirst es mir wohl sagen.»
    «Darauf kannst du Gift nehmen.» Tobias trank einen Schluck Bier und stellte das Glas mit Nachdruck auf die Theke. «Hast du den Film nicht gesehen?»
    «Welchen Film?»
    « Kramer gegen Kramer . Ein Klassiker des Vier-Taschentuch-Genres. Mutter haut ab, lässt kleinen Jungen mit Vater allein, kaum hat der Vater sich mit dem Kind halbwegs arrangiert, kommt sie zurück und nimmt ihn ihm wieder weg.»
    «Du meinst …?»
    «Ich wette drauf. Dir geht es einfach zu gut. Emma hat sich prima eingelebt, und Lilly spurt auch. Der Widerspenstigen Zähmung, mein Freund. Du hast es endlich geschafft.»
    Ted grinste. «Mir geht es gut», sagte er. «Nicht zu gut. Zu gut kann es einem gar nicht gehen.»
    «Ich meine nur. Komm dann nicht zu mir und heul mir die Hucke voll.»
    Diesmal war Ted der Erste, der auf die Uhr schaute. Er leerte sein Glas und winkte ab. «Nein, nichts mehr, danke!» Er legte zehn Franken auf die Theke und klopfte auf Tobias’ Schulter. Plötzlich kam ihm das seltsam vor, wie er so von oben auf die Schulter des Kleineren schlug.
    «Du bist ein guter Freund», sagte er. «Der beste!»
    «Der einzige!» Tobias drehte sich um und bestellte noch ein Bier. Ted ging nach Hause. Von der Straße aus sah er Licht in seinem Wohnzimmer. Er ging nach Hause in seine Wohnung, wo schon jemand war und auf ihn wartete. Er blieb einen Moment stehen und schaute hinauf. Ein Schatten durchbrach das warme Licht der Esszimmerlampe. Ob Lilly den Tisch deckte? Ob Emma ihre Schularbeiten zur Seite schob?
    Als er die Treppe hinaufging, hörte er Klavierspiel. Konnte es einem wirklich zu gut gehen? Konnte das Leben zu gut sein? Auf dem obersten Absatz blieb er stehen. So soll es bleiben, dachte er. Genau so.
    Er steckte den Schlüssel ins Schloss. Öffnete die Tür. Halb erwartete er, Lilly in einer Küchenschürze im Flur stehen zu sehen, den Kochlöffel in der einen, ein Martiniglas in der anderen Hand. Doch da war niemand.
    «Hallo?», rief er. «Ich bin wieder da!» Er zog seine Jacke aus, hängte sie an die Garderobe. Keine Lederjacke, keine übergroße Tasche. Doch das musste nichts bedeuten. «Emma, Lilly?»
    Emma kam ihm entgegen. Sie nahm Anlauf und schlitterte die letzen paar Meter in ihren Socken auf dem glatten Holzboden auf ihn zu. Sie streckte die Arme aus.
    «Hey!» Er fing sie auf. «Wie geht es dir, mein Hase?»
    «Ich bin nicht dein Hase. Ich bin deine Tochter.»
    Er kniff sie in die Seite. «Ach, wirklich? Bist du dir ganz sicher?»
    «Papa, du bist kindisch!» Sie

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