Montgomery & Stapleton 07 - Die Seuche Gottes
interessiert. Ich habe die Akte schon rausgesucht.« Er zog sich am Rand seines Schreibtischs entlang, wobei die Rollen seines Schreibtischstuhls so schrill quietschten, dass Laurie das Gesicht verzog. Dann nahm er eine Akte von seinem Aktenschrank und reichte sie ihr. »Ihr Name war Julia Francova.«
»Großartig«, rief Laurie. »Toll, dass du sie gefunden hast.« Sie warf einen schnellen Blick auf den Inhalt, um sicherzugehen, dass es sich ebenfalls um einen Angels-Healthcare-Fall handelte.
»Warum bist du denn so scharf darauf?«
»Ich hatte heute Morgen einen ganz ähnlichen Fall«, erläuterte Laurie. »Und während der letzten rund drei Monate hat es eine ganze Reihe davon gegeben: vierundzwanzig, um genau zu sein. Es ist bloß niemandem aufgefallen, weil sie von so vielen unterschiedlichen Leuten bearbeitet worden sind, zum Teil sogar in Queens und Brooklyn.«
»Das habe ich gar nicht mitgekriegt«, gestand Chet.
»Genau wie alle anderen auch. Ich sehe mir das Ganze gerade etwas gründlicher an und bin ziemlich aufgewühlt. Irgendetwas stimmt da nicht, aber ich komme noch dahinter, und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Ich habe es sogar schon geschafft unseren furchtlosen Anführer zu reizen.«
»Sag mir Bescheid, falls ich dir irgendwie behilflich sein kann. Ich habe die Akte eigentlich nur noch hier, weil ich auf das Ergebnis aus dem Institut für Infektionskrankheiten warten muss, bevor ich den Fall abschließen kann.«
»Jetzt sag nicht, dass du eine isolierte Gewebeprobe zur Bestimmung des Subtyps eingeschickt hast«, fragte Laurie und versuchte ihre Aufregung so gut wie möglich im Zaum zu halten.
»Doch. An einen gewissen Dr. Ralph Percy. Den Namen habe ich von der Telefonzentrale des CDC.«
»Das ist ja mehr als fantastisch. Ich rufe Dr. Percy für dich an und lege das Ergebnis in die Akte. Dann hast du keine Arbeit mehr damit.«
Erneut wollte Laurie das Büro verlassen, um so schnell wie möglich ihre Tabelle zu erweitern, doch dieses Mal hielt Chet sie zurück.
»Ich habe übrigens deinen Ratschlag von heute Morgen befolgt und vorhin meine neue Bekannte angerufen«, sagte Chet.
»Und? Was ist passiert?«
»Ein Blattschuss, dabei war ich genauso direkt, wie du mir geraten hast. Ich habe mein Ego offen vor ihr ausgebreitet, aber sie hat mich abblitzen lassen. Sogar Blumen habe ich ihr geschickt, um sie weich zu machen, aber leider kein Glück.«
»Ist sie denn unfreundlich geworden?«
»Nein. Ehrlich gesagt, ich habe gerade ein bisschen übertrieben. Sie war eigentlich ziemlich nett zu mir, auch wenn ich erst mal in einen Fettnapf getreten bin. Gestern Abend hat sie mir nämlich erzählt, dass ihre Firma dringend ein paar hunderttausend Dollar braucht, die sie verzweifelt aufzutreiben versucht. Also habe ich das Gespräch damit angefangen, dass ich das Geld in meiner Nachttischschublade gefunden habe und es investieren wollte.«
»Miserable Masche.«
»Offenbar. Sie hat gesagt, sie hätte das Gefühl, ich wollte mich über sie lustig machen.«
»Das Gefühl hätte ich auch gehabt«, stimmte Laurie ihm zu. »Wie ist es ausgegangen?«
»Unentschieden. Ich habe ihr meine Handynummer gegeben.«
»Sie wird dich nicht anrufen«, sagte Laurie mit leicht hämischem Kichern. »Das wäre zu viel verlangt. Dann hätte sie das Gefühl, sich aufzudrängen. Du musst sie anrufen und dich für deinen angeblichen Scherz entschuldigen.«
»Du meinst, ich soll mich noch mal bei ihr melden, nachdem sie mich schon zweimal hat abblitzen lassen?«
»Wenn du sie sehen willst, dann musst du sie anrufen. Würde sie nicht wollen, dass du anrufst, dann hätte sie das gesagt.«
»Und wann soll ich das machen, was meinst du?«
»Das liegt ganz bei dir. Wenn du sie das nächste Mal sehen möchtest.«
»Meinst du, ich sollte sie heute noch mal anrufen? Ich meine, wäre das nicht ein bisschen zu aufdringlich?«
»Ich war bei eurem Gespräch ja nicht dabei«, erwiderte Laurie, »aber du hast gesagt, es sei alles offen geblieben. Natürlich könnte es sein, dass sie verschnupft reagiert, aber ich glaube, die Chance, dass sie sich eher geschmeichelt fühlt, liegt bei über fünfzig Prozent. Ruf sie an. Riskier’s«, sagte Laurie, während sie rückwärts vom Büro in den Flur hinaustrat. »Du willst sie doch ganz eindeutig Wiedersehen. Was hast du schon zu verlieren?«
»Den Rest meiner Selbstachtung.«
»Ach, Kokolores!«, sagte Laurie und machte sich auf den Weg in ihr Büro.
Chet verschränkte die
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