Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
machen, vor allem durch die enormen staatlichen Vergünstigungen, zum Beispiel großzügige Steuererleichterungen. Zwar sind auch die Investitionskosten sehr hoch, aber in Verbindung mit den zu erwartenden Gewinnen drängen immer mehr Großunternehmen auf diesen Markt.«
»Jennifer«, sagte Jack. »Vorhin hast du gesagt, dass die zeitliche Diskrepanz der Hauptgrund war, warum du überhaupt Verdacht geschöpft hast. Das heißt doch, dass es auch noch andere Gründe dafür gibt. Welche denn?«
»Na ja, zunächst einmal, dass sie mich von Anfang an viel zu sehr unter Druck gesetzt haben. Ich sollte mich unbedingt und möglichst sofort zwischen Einäscherung und Einbalsamierung entscheiden. Da eine Obduktion danach entweder unmöglich oder praktisch sinnlos wäre, hat diese hartnäckige Drängelei bei mir irgendwann Alarm ausgelöst. Dann war da die schlampige und allzu bequeme Diagnose Herzinfarkt, und das, nachdem ich Granny im UCLA Medical Center auf Herz und Nieren habe untersuchen lassen. Dort hat sie ein Eins-a-Gesundheitszeugnis bekommen, und zwar ganz besonders in Bezug auf das Herz.«
»Ein Angiogramm oder so etwas wurde aber nicht gemacht, oder?«, hakte Jack nach.
»Nein, kein Angiogramm, aber ein Belastungstest.«
»Noch etwas, was deinen Verdacht genährt hat?«, wollte Jack wissen.
»Granny und Mr Benfatti wurden, nach allem, was ich gehört habe, mit einer Zyanose aufgefunden.«
»Das ist interessant«, meinte Laurie und nickte mit dem Kopf.
»Der dritte Patient nicht?«, wollte Jack wissen.
»Doch, der auch«, sagte Jennifer. »Ich habe Rita Lucas, seine Frau, gebeten, sich danach zu erkundigen. Als er entdeckt wurde, war er ebenfalls zyanotisch, aber da war er noch am Leben, auch wenn er schon mit dem Tode gerungen hatte. Als sie mit der Reanimation angefangen haben, ist die Zyanose sehr schnell zurückgegangen. Dadurch hatten sie zunächst auch den falschen Eindruck, dass ihre Wiederbelebungsversuche erfolgreich waren.«
»Wie lange haben sie es versucht?«
»Das weiß ich nicht genau, aber meinem Eindruck nach nicht besonders lange. Der Patient hat, noch während sie versucht haben, ihn wiederzubeleben, erste Anzeichen einer Leichenstarre gezeigt.«
»Leichenstarre?«, wiederholte Laurie erstaunt. Sie blickte Jack an. Die Überraschung stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Normalerweise setzte die Leichenstarre erst nach etlichen Stunden ein.
»Seine Frau hat gesagt, das hätte sie vom Operateur erfahren, damit sie nicht denkt, sie hätten ihren Mann vielleicht zu früh abgeschrieben. Anscheinend hat er es auf das extrem hohe Fieber zurückgeführt.«
»Welches Fieber denn?«, sagte Jack.
»Die Reanimation war sehr schwierig. Die Körpertemperatur des Patienten ist schlagartig nach oben geschossen, genau wie der Kaliumwert auch. Sie haben versucht, beides in den Griff zu bekommen, aber ohne Erfolg.«
»Großer Gott«, meinte Jack. »Ein Albtraum.«
»Also ist klar, dass alle drei eine generelle Zyanose hatten, und das passt aus meiner Sicht nicht zu der Diagnose Herzinfarkt.«
»Das sehe ich genauso«, meldete sich Neil zum ersten Mal zu Wort. »Bei einer Zyanose handelt es sich ja um ein Problem mit der Atmung und nicht mit dem Herzen.«
»Oder um einen Kurzschluss zwischen der rechten und linken Herzhälfte«, sagte Laurie.
»Oder um eine Vergiftung«, meinte Jack. »Bei drei Patienten halte ich einen Kurzschluss zwischen den beiden Herzhälften für ausgeschlossen. Bei einem Patienten, okay. Aber nicht bei dreien. Ich glaube, wir haben es hier mit einem toxikologischen Problem zu tun.«
»Sehe ich auch so«, meinte Laurie. »Und ich dachte, ich mache diese Reise nur, um Jennifer zur Seite zu stehen.«
»Das tust du doch«, meinte Jennifer.
Jack warf Laurie einen Blick zu. »Du weißt, was das bedeutet, nicht wahr?«
»Aber natürlich«, gab Laurie zurück. »Es bedeutet, dass wir auf jeden Fall eine Obduktion brauchen.«
»Sie werden aber keine zulassen«, schaltete sich Jennifer ein. »Das habe ich doch schon gesagt. Und dann kann ich euch gleich noch was erzählen. Darüber habe ich vorhin schon mit Mrs Benfatti gesprochen. Heute Nachmittag habe ich einen Anruf von meiner Lieblingspatientenbetreuerin Kashmira Varini bekommen. Sie hat mir ein neues Angebot unterbreitet. Sie und die Klinikverwaltung haben wohl gedacht, dass sie dadurch meine Zustimmung zu einer Einäscherung kriegen können. Sie hat gesagt, der Klinikdirektor hätte ein paar Beziehungen spielen lassen und die
Weitere Kostenlose Bücher