Montgomery & Stapleton 08 - Die Hand des Bösen
Material haben wollen, dann sollten wir sie auch nicht enttäuschen, finde ich.«
»Sehe ich auch so«, meinte Durell. »Keine Frage. Wenn die Fische beißen, muss man fischen. Und ich kann euch eines sagen: Samira ist bereit. Es hat sie schwer getroffen, dass Veena zuerst ausgewählt worden ist. Sie sagt, sie hätte einen Patienten, der früher mal Herzprobleme gehabt hat und heute Früh operiert werden soll. Er würde perfekt passen.«
Cal kicherte kurz. »Und ich hatte schon befürchtet, dass wir die Krankenschwestern gar nicht dazu kriegen. Jetzt melden sie sich sogar schon freiwillig.«
Cal schaute abwechselnd die beiden Frauen an. »Was ist mit euch? Was haltet ihr davon, gleich noch einen schlafen zu legen? Gestern Abend, nach Veenas Überdosis, hätte ich das niemals gedacht, aber jetzt sitze ich hier und frage euch.«
»Rosalyns Aussage war absolut eindeutig. Sie will noch mehr Material haben«, sagte Santana und schaute Petra an. »Da wir wissen, dass die Nachricht garantiert sofort über den Sender geht, muss ich mit Ja stimmen.«
»Wie groß ist die Möglichkeit, dass Samira ähnlich überreagiert wie Veena?«, fragte Petra und erwiderte Santanas Blick. »Einen zweiten Selbstmordversuch dürfen wir nicht riskieren.«
»Samira bestimmt nicht«, sagte Durell mit großem Nachdruck. »Sie mag ja in Veenas Alter, ihre Mitbewohnerin und ihre beste Freundin sein, aber von der Persönlichkeit her sind sie vollkommen unterschiedlich. Vielleicht ist das auch der Grund, wieso sie so eng befreundet sind, oder zumindest waren. Gestern Nachmittag, bevor Veena noch mal in die Klinik gegangen ist, hat sie Samira heftig zusammengestaucht, weil sie ihre Familiengeheimnisse ausgeplaudert hat.«
»Siehst du das auch so, Santana?«, wollte Petra wissen.
»Ja«, meinte Santana. »Samira ist ausgesprochen kompetitiv, aber keine Führungspersönlichkeit. Aber was noch wichtiger ist: Sie ist egozentrischer und nicht so verschlossen wie Veena.«
»Dann bin ich einverstanden«, sagte Petra.
»Dann hätten wir zwei Fälle in derselben Klinik, und das an zwei aufeinanderfolgenden Tagen«, sagte Durell. »Könnte das vielleicht problematisch werden?«
»Das ist eine gute Frage«, meinte Petra.
Alle schauten Cal an. Er zuckte mit den Schultern. »Ich finde nicht, dass das eine Rolle spielt. Man hat mir versichert, dass das Mittel aus mehreren Gründen nicht nachweisbar ist. Außerdem werden die Klinikverwaltung und ihre Finanziers diese Todesfälle so schnell wie möglich beerdigen wollen – entschuldigt das Wortspiel –, um möglichst jede negative Publicity zu vermeiden. In Indien gibt es kein gerichtsmedizinisches System, aber selbst wenn die astronomisch geringe Wahrscheinlichkeit eintreten sollte und jemand Verdacht schöpft und wenn dieser Jemand dann trotz einer nochmals astronomisch geringen Wahrscheinlichkeit auf Succinylcholin käme, wäre das Mittel schon lange abgebaut, und alle Rückstände oder wie das heißt würden auf die Narkose zurückgeführt werden.«
»Ehrlich gesagt«, meinte Santana. »Zwei Tote in zwei Tagen sind viel wirkungsvoller als einer. Ich glaube, das würde unserer Sache weiterhelfen.«
Mit zustimmendem Kopfnicken schaute Cal zu Petra und Durell. Beide nickten. »Wunderbar«, sagte Cal lächelnd und legte die Hände auf den Tisch. »Wunderbar, dass wir einer Meinung sind. Gehen wir’s an.« Mit einem Blick zu Durell fügte er hinzu: »Dann gibst du die gute Nachricht an Samira weiter, sobald sie von der Arbeit nach Hause kommt.«
»Mit dem größten Vergnügen«, erwiderte Durell.
Kapitel 7
Montag, 15. Oktober 2007
19.54 Uhr
Los Angeles, USA
(Als die morgendliche Sitzung von Nurses International gerade beendet wird)
N eil McCulgan legte den Stift beiseite und rieb sich die Augen. Der Dienstplan, an dem er bis jetzt gearbeitet hatte, war immer noch nicht fertig. Die Softwarefirma, deren Programm eigentlich die Erstellung des Dienstplans übernehmen sollte, war erst kürzlich verkauft worden, und die Software brachte jetzt, wo die Firmengründer die Dinge nicht mehr in der Hand hatten, alles Mögliche durcheinander. Also musste Neil das Ganze mühsam von Hand überarbeiten. Er schaute auf seine Armbanduhr. Es war kurz vor acht, und er hätte eigentlich schon um sieben Feierabend gehabt. Er war erschöpft.
Dass er mit dem Dienstplan nicht rechtzeitig fertig geworden war, hatte zwei Ursachen. Die erste war ein großer Auffahrunfall auf dem Freeway 405 mit etlichen Toten
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