Montgomery u Stapleton 01 - Blind
Portokasse und das gesamte Percodan gestohlen hat, das wir da hatten."
"Wie schrecklich", sagte Laurie. Sie erinnerte sich, was für ein Gefühl es war, bestohlen zu werden. Ihr Zimmer im College war einmal durchwühlt worden. "Irgendwas verwüstet worden?" fragte sie. Die Leute, die in ihr Zimmer eingedrungen waren, hatten alles kurz und klein geschlagen.
"Nein", sagte Jordan. "Aber der Einbrecher hat seltsamerweise meine Unterlagen durchwühlt und das Kopiergerät benutzt."
"Das hört sich nach mehr als einem einfachen Einbruch an", meinte Laurie.
"Und genau das macht mir Sorgen. Die Portokasse und das Percodan, das ist nicht so schlimm. Aber mir gefällt es gar nicht, daß jemand in den Unterlagen rumschnüffelt, nicht bei den hohen Außenständen, die ich habe. Ich habe schon meinen Steuerberater gebeten, noch mal alles auszudrucken; ich möchte sichergehen, daß kein größeres Manko besteht. Haben Sie schon die Speisekarte gesehen?"
"Noch nicht", sagte Laurie. Ihre Verärgerung verflog allmählich, jetzt wo Jordan da war.
Auf Jordans Wink erschien der Oberkellner mit zwei Karten. Jordan, der häufig hier aß, hatte eine Menge Vorschläge. Laurie bestellte etwas von der Tageskarte, die der Hauptkarte beilag.
Sie fand das Essen ausgezeichnet, obwohl die ungewohnte Atmosphäre es ihr schwermachte, abzuschalten. Aber Jordan schien in seinem Element zu sein.
Als sie auf Nachtisch und Kaffee warteten, fragte Laurie ihn, wie sich Säure auf das Auge auswirkt. Er ging sofort auf die Frage ein und ließ sich ausführlich über die Reaktionen der Horn-und der Bindehaut sowohl auf Säure wie Alkali aus. Laurie verlor in der Mitte seiner Ausführungen das Interesse, blickte ihn aber unentwegt an. Sie mußte zugeben: Er war ein attraktiver Mann.
Zu Lauries Erleichterung unterbrach die Ankunft von Nachtisch und Kaffee Jordans improvisierte Vorlesung. Über seiner Mousse au chocolat wechselte er das Thema. "Wahrscheinlich sollte ich dankbar sein, daß diese Diebe nichts von den wertvollen Sachen mitgenommen haben, etwa die Picassos im Wartezimmer."
Laurie stellte die Kaffeetasse ab. "Sie haben Picassos im Wartezimmer?"
"Signierte Zeichnungen", sagte Jordan beiläufig. "Etwa zwanzig Stück. Es ist wirklich eine hochmoderne Praxis, und da wollte ich beim Wartezimmer nicht knauserig sein. Das ist schließlich der Ort, wo die Patienten die meiste Zeit verbringen." Jordan lachte zum erstenmal, seit er sich gesetzt hatte.
"Das ist ja noch extravaganter als der Wagen", sagte Laurie. Die Vorstellung von soviel Protzigkeit in einer ärztlichen Praxis kam ihr obszön vor, vor allem wenn man an die galoppierenden Behandlungskosten dachte.
"Es ist schon eine ganz ordentliche Praxis", sagte Jordan stolz.
"Am schönsten finde ich, daß die Patienten sich bewegen. Ich gehe nicht zu ihnen, sondern sie kommen zu mir."
"Ich glaube, das verstehe ich nicht ganz", sagte Laurie.
"Alle fünf Behandlungszimmer sind auf einer Drehvorrichtung installiert. Sie kennen doch diese rotierenden Restaurants auf manchen Gebäuden. Das ist so ähnlich. Wenn ich in meinem Sprechzimmer einen Knopf drücke, dreht sich das ganze Ding, und das Behandlungszimmer, das ich haben will, rückt an mein Sprechzimmer. Ein Druck auf einen anderen Knopf, und die Zwischenwand geht nach oben. Es ist genauso schön wie eine Fahrt in Disneyland."
"Klingt sehr eindrucksvoll", sagte Laurie. "Teuer, aber eindrucksvoll. Ich nehme an, Ihre laufenden Kosten sind ziemlich hoch."
"Astronomisch", bestätigte Jordan. Er schien stolz darauf zu sein. "So hoch, daß ich kaum wage, Urlaub zu machen. Es ist zu kostspielig! Nicht der Urlaub, sondern die Praxis ungenutzt zu lassen. Außerdem habe ich noch zwei Operationszimmer für ambulante Behandlung."
"Ich würde die Praxis irgendwann ganz gerne mal sehen", sagte Laurie.
"Ich zeige sie Ihnen mit Vergnügen. Warum nicht jetzt? Sie ist gleich um die Ecke auf der Park Avenue."
Laurie sagte, sie halte das für eine tolle Idee, und Jordan hatte kaum die Rechnung unterschrieben, da waren sie schon draußen.
Der erste Raum, den sie betraten, war Jordans privates Sprechzimmer. Wände und Möbel waren ganz aus hochglänzendem Teak. Die Polsterung bestand aus schwarzem Leder. Die hochmodernen ophthalmologischen Geräte hätten ausgereicht, ein kleines Krankenhaus auszustatten.
Als nächstes gingen sie in das Wartezimmer, das mit Mahagoni getäfelt war. Wie Jordan gesagt hatte, hingen ringsum an den Wänden Picasso-Zeichnungen. Am
Weitere Kostenlose Bücher