Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
dem Raum mit der Koch- und der Schlafecke ging er ins Wohnzimmer, das ein großes Fenster zur Straße hin hatte. Dort standen zwei Sofas und in der Ecke, auf einem kleinen Teppich, ein Beistelltisch. Die Trennwand war mit Ankündigungspostern für internationale Mikrobiologie-Symposien geschmückt. Auf dem Beistelltischchen lagen ausschließlich mikrobiologische Fachzeitschriften.
Jack schöpfte neue Hoffnung. Hatte er womöglich doch die mysteriöse Firma Frazer Labs entdeckt? Doch dann erblickte er an der gegenüberliegenden Wand einen riesigen, mit Schußwaffen vollgestopften Vitrinenschrank. Der Mann in der Skijacke schien sich also nicht nur für Bakterien zu interessieren. Hastig durchquerte Jack das Wohnzimmer. Doch hinter der Trennwand blieb er schlagartig stehen. Den gesamten Rest der riesigen Dachwohnung beanspruchte ein voll ausgestattetes Labor. Der Apparat aus rostfreiem Stahl, der ihm schon von draußen aufgefallen war, sah fast genauso aus wie der begehbare Brutschrank im Manhattan General Hospital. In der hinteren rechten Ecke fiel ihm eine Schutzhaube der Laborsicherheitsstufe III ins Auge, deren Abluftschlauch aus dem Schiebefenster hing.
Obwohl er schon beim Einsteigen in die Wohnung vermutet hatte, ein privates Labor vorzufinden, stand er fassungslos vor dieser High-Tech-Ausrüstung. Die Geräte mußten ein kleines Vermögen gekostet haben. Was war das für ein Mensch, der in einer zu einem Labor umfunktionierten Wohnung hauste? Als Jack sich weiter umsah, fiel ihm ein großer Industriegefrierschrank auf, neben dem etliche Flaschen Stickstoff herumstanden. Der Gefrierschrank war offensichtlich umgerüstet worden, damit er mit Flüssigstickstoff gekühlt werden konnte. Dadurch war es möglich, die Innentemperatur bis auf etwa minus fünfzig Grad zu senken. Er versuchte den Schrank zu öffnen, doch die Tür war verriegelt.
Plötzlich hörte er ein dumpfes Geräusch; es klang so ähnlich wie das entfernte Bellen eines Hundes. Als er aufmerksam horchte, ertönte das Geräusch noch einmal. Es kam aus dem hintersten Teil des Labors, wo sich in einer Ecke ein etwa sechs Quadratmeter großer Schuppen befand. Um die seltsame Konstruktion genauer in Augenschein nehmen zu können, ging Jack etwas näher heran. Von der Rückwand des Schuppens führte ein Abluftrohr durch eines der rückwärtigen Fenster nach draußen. Er stemmte sich gegen die Tür, bis sie sich einen Spaltbreit öffnete. Im selben Moment schlug ihm ein grauenerregender Gestank entgegen. Dann hörte er wieder das Bellen, diesmal aber viel kraftvoller und lauter. Als er die Tür etwas weiter aufdrückte, sah er im Halbdunkel die Umrisse von Metallkäfigen. Aufgeregt tastete er die Wand ab, bis er einen Lichtschalter fand. Als erstes sah er mehrere Katzen und Hunde, doch dann registrierte er, daß der Raum überwiegend von Ratten und Mäusen bevölkert war. Die Tiere starrten ihn verdutzt an. Ein paar Hunde wedelten hoffnungsvoll mit dem Schwanz.
Schnell machte Jack die Tür wieder zu. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Der Mann mit der Skijacke mußte ein völlig verrückter Fanatiker sein, der auf alles abfuhr, was mit Mikrobiologie zu tun hatte. Jack wollte sich lieber nicht ausmalen, was für Experimente er mit den Tieren in dem Schuppen anstellte.
Plötzlich gefror ihm das Blut in den Adern. In der Ferne hörte er das verdächtige Quietschen eines Elektroantriebs. Er wußte sofort, was es zu bedeuten hatte: Jemand kam mit dem Fahrstuhl nach oben!
Vollkommen in Panik wurde ihm bewußt, daß er immer noch keine Ahnung hatte, wo sich die Tür zum Treppenhaus befand. Das Labor hatte ihn so in den Bann gezogen, daß er ganz vergessen hatte, nach dem Ausgang zu suchen. Er fand ihn, doch als er davorstand, befürchtete er, daß es bereits zu spät war. Der Aufzug näherte sich bedrohlich der fünften Etage. Eigentlich hatte er über die Treppe aufs Dach huschen und dort warten wollen, bis der Mann mit der Skijacke in seiner Wohnung verschwunden war. Dann hätte er das Gebäude unbemerkt verlassen können. Doch der Fahrstuhl war schon zu nahe; wenn er jetzt hinausging, lief er dem Mann mit Sicherheit in die Arme. Also blieb ihm nur die Möglichkeit, wieder durch das Fenster zu schlüpfen und über die Feuertreppe zu verschwinden. Gerade als er losstürmen wollte, hörte er, wie der Aufzug zum Stehen kam und mit einem lauten Quietschen die Metalltüren aufgingen. Es war zu spät.
Jetzt zählten die Sekunden. Es kam nur noch ein Versteck
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