Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
hinunter. Jack sah, daß seine Unterlippe zitterte. »Wie haben Sie von Frazer Labs erfahren?« fragte Richard. »Ich weiß genau, daß das getürkte Paket von Ihnen ist. Sie können also ruhig die Wahrheit sagen.« Jack registrierte beunruhigt, daß seine Pupillen erweitert waren. Er sah aus wie ein Irrer.
Ohne Vorwarnung holte Richard plötzlich aus und verpaßte ihm eine kräftige Ohrfeige. Sofort platzte seine Unterlippe auf und begann zu bluten. »Sie sollten besser reden«, preßte Richard hervor.
Vorsichtig fuhr Jack sich mit der Zunge über die Lippe. Sie fühlte sich vollkommen taub an, und er schmeckte Blut. »Vielleicht sollten wir lieber warten, bis Ihr Kollege eintrifft«, schlug Jack vor, nur um irgend etwas zu sagen. Er rechnete fest damit, ziemlich bald Martin Cheveau, Kelley oder vielleicht sogar Dr. Zimmerman zu sehen.
Offenbar hatte die Ohrfeige nicht nur Jack weh getan; auch Richard schien sich verletzt zu haben. Jedenfalls öffnete und schloß er mehrmals die Hand, mit der er zugeschlagen hatte, und verschwand dann hinter der Trennwand. Jack hörte, wie er den Kühlschrank öffnete und ein paar Eiswürfel in die Spüle plumpsen ließ.
Ein paar Minuten später kam er zurück; er hatte ein Küchentuch um die Hand gewickelt. Er musterte Jack und begann auf- und abzugehen, wobei er hin und wieder stehenblieb und einen nervösen Blick auf die Uhr warf.
Nichts geschah. Jack hätte gern eine Halstablette genommen, doch daran war nicht zu denken. Dabei war sein Husten schlimmer geworden, und er fühlte sich inzwischen richtig krank. Wahrscheinlich hatte er sogar Fieber.
Irgendwann riß das entfernte Rumpeln des Fahrstuhls ihn aus seinen Gedanken. Interessiert hob er den Kopf; es wunderte ihn, daß niemand geklingelt hatte. Der Besucher, der auf dem Weg nach oben war, mußte also einen Schlüssel haben. Richard ging zur Tür, riß sie auf und trat ins Treppenhaus. Ein dumpfes Einrasten kündigte die Ankunft des Fahrstuhls an. Jack hörte, wie sich der Motor ausschaltete und die Türen aufgingen.
»Wo ist er?« ertönte eine wütende Stimme. Als Richard und sein Besucher die Wohnung betraten, wandte Jack sich ab und starrte den Pfeiler an. Er hörte, wie die Tür zugezogen und abgeschlossen wurde.
»Da drüben«, schnappte Richard zurück. »Ich hab’ ihn mit Handschellen an den Pfeiler gefesselt.«
Jack holte noch einmal tief Luft, als die Schritte sich näherten. Er drehte sich um, und es verschlug ihm den Atem.
33. Kapitel
Mittwoch, 27. März 1996, 19.45 Uhr
»Du Mistkerl!« fauchteTerese. »Warum mußtest du unbedingt schlafende Hunde wecken? Du und deine Sturheit! Du vermasselst mir die ganze Tour! Gerade jetzt, wo sich endlich alles zum Guten wendet!«
Jack war sprachlos. Er blickte zu ihr, in ihre blauen Augen, die ihm noch vor nicht allzu langer Zeit so sanft erschienen waren. Jetzt sahen sie aus wie blasse, kalte Steine. Ihr Mund hatte jeglichen Hauch von Sinnlichkeit verloren. Die blutleeren, zusammengepreßten Lippen bildeten einen starren Strich. Sie kochte vor Wut.
»Vergiß es, Terese!« brüllte Richard. »Rede nicht mit ihm! Das ist pure Zeitverschwendung. Wir müssen überlegen, was wir tun sollen. Was ist, wenn irgend jemand weiß, daß er hier ist?« Terese sah Richard an. »Hast du diese verdammten Bakterienkulturen hier?«
»Natürlich habe ich sie hier.«
»Dann sieh zu, daß du sie los wirst«, sagte sie. »Kipp sie am besten ins Klo!«
»Aber Terese!« jammerte Richard. »Das kann ich doch nicht machen.«
»Kein Aber! Tu, was ich dir sage, und jag das Zeug durchs Klo! Sofort!«
»Auch die Influenza?«
»Vor allem die Influenza«, fauchte sie ihn an. Unwillig schlurfte Richard hinüber zum Gefrierschrank, schloß ihn auf und hantierte darin herum.
»Was soll ich jetzt bloß mit dir anfangen?« murmelte Terese. »Am besten nimmst du mir erst mal diese verdammten Handschellen ab. Dann können wir ja alle gemeinsam ins Positano essen gehen. Vielleicht willst du auch noch deinen Freunden Bescheid sagen, daß wir dort sind.«
»Halt die Klappe!« schrie Terese. »Ich habe deine blöden Sprüche langsam satt.«
Unvermittelt drehte sie sich um und ging hinüber zu Richard, um ihn beim Zusammentragen der tiefgefrorenen Fläschchen zu beobachten. »Hol sie alle da raus!« befahl sie ihm. »Wir dürfen keine Spuren hinterlassen. Hast du das kapiert?«
»Dir zu helfen war die dümmste Entscheidung meines Lebens«, entgegnete Richard. Als er alle Fläschchen
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