Montgomery u Stapleton 02 - Das Labor
ich, daß Sie durchaus ein paar Überstunden machen sollten.«
»Dr. Stapleton«, entgegnete Martin beherrscht. »Ihr Verhalten ist ziemlich unangemessen.«
»Und Ihr Verhalten verwirrt mich«, erwiderte Jack. »Bei meinem ersten Besuch waren Sie die Freundlichkeit in Person. Bei meinem zweiten Besuch das genaue Gegenteil.«
»Für diese Art von Plauderei habe ich leider keine Zeit«, sagte Martin. »Wollten Sie mir irgend etwas Bestimmtes mitteilen?«
»Allerdings. Ich bin nicht hergekommen, um meine Zeit zu verschwenden. Ich möchte Ihre professionelle Meinung hören. Wie erklären Sie sich, daß in diesem Krankenhaus hintereinander drei von Arthropoden getragene Erreger auf mysteriöse Weise auftauchen und schwere Krankheiten verursachen? Ich habe mir bereits eine eigene Meinung dazu gebildet, aber jetzt würde ich gern Ihre hören. Schließlich sind Sie der Direktor dieses Labors.«
»Wie kommen Sie denn auf drei?« fragte Martin. »Mir ist vor einer halben Stunde bestätigt worden, daß ein Patient namens Lagenthorpe, der gestern nacht hier im Manhattan General gestorben ist, Rocky-Mountain-Fleckfieber hatte.«
»Das glaube ich nicht.« Jack musterte den vor ihm sitzenden Mann und fragte sich, ob er nur ein guter Schauspieler war oder ob er wirklich überrascht war.
»Dann gestatten Sie mir eine weitere Frage«, fuhr Jack fort. »Was hätte ich wohl davon, wenn ich hier hereinspaziert käme und Ihnen irgendwelche Märchen auftischte? Halten Sie mich vielleicht für einen Spitzel der Gesundheitsbehörde, der Sie provozieren soll?«
Martin gab keine Antwort. Statt dessen griff er zum Telefon und ließ Dr. Mary Zimmerman ausrufen.
»Fordern Sie Verstärkung an?« fragte Jack. »Warum unterhalten wir uns nicht unter vier Augen?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob Sie überhaupt zu einer normalen Unterhaltung imstande sind«, entgegnete Martin. »Eine gute Methode«, bemerkte Jack. »Wenn die Verteidigung zusammenbricht, geht man besser zum Angriff über. Das Problem ist nur: Welche Strategie Sie auch wählen - die Fakten lassen sich nicht wegreden. Rickettsien sind für die Labormitarbeiter extrem gefährlich. Vielleicht sollten wir uns schleunigst vergewissern, ob derjenige, der die Proben von Lagenthorpe untersucht hat, auch die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen getroffen hat.« Martin drückte den Knopf der Sprechanlage und rief Richard Overstreet, den leitenden Laborassistenten, aus. »Da ist noch ein Punkt, den ich mit Ihnen besprechen möchte«, sagte Jack. »Bei meinem ersten Besuch haben Sie darüber geklagt, daß AmeriCare Ihnen für die Aufrechterhaltung des Laborbetriebs ein viel zu geringes Budget zubilligt. Wenn Sie Ihren Ärger auf einer Skala von eins bis zehn einordnen sollten - wie sauer sind Sie dann?«
»Was wollen Sie damit andeuten?« fragte Martin zurück. Seine Stimme klang bedrohlich.
»Ich will gar nichts andeuten«, entgegnete Jack. »Ich habe Sie nur etwas gefragt.«
Das Telefon klingelte; Dr. Mary Zimmerman. Martin bat sie, ins Labor zu kommen, es habe sich etwas Neues ereignet, das ziemlich wichtig sei.
»Ich sehe die Sache folgendermaßen«, fuhr Jack fort. »Die Wahrscheinlichkeit, daß diese drei Infektionskrankheiten so kurz nacheinander auf natürliche Weise ausbrechen, tendiert gegen Null. Oder haben Sie vielleicht eine Erklärung für dieses Phänomen?«
»Das muß ich mir nicht länger anhören«, raunzte Martin. »Aber Sie sollten ruhig mal über meine Worte nachdenken«, entgegnete Jack.
In diesem Moment erschien Richard Overstreet in der Tür. Er trug die gleiche Kleidung wie am Tag zuvor: Chirurgenkluft und darüber einen weißen Laborkittel. Er wirkte nervös. »Was gibt’s, Dr. Cheveau?« fragte er, während er Jack zur Begrüßung zunickte. Jack erwiderte die Geste. »Ich habe soeben erfahren, daß ein Patient mit dem Namen Lagenthorpe an Rocky-Mountain-Fleckfieber gestorben ist«, teilte Martin seinem Mitarbeiter in barschem Tonfall mit. »Finden Sie heraus, wer die Proben entnommen und wer sie bearbeitet hat.« Die Nachricht traf Richard wie ein Schlag; vorübergehend erstarrte er sogar. »Das bedeutet, daß wir Rickettsien im Labor hatten«, stammelte er schließlich.
»Ich fürchte, ja«, entgegnete Martin. »Und jetzt bringen Sie in Erfahrung, wer für Lagenthorpe zuständig war, und kommen dann sofort zu mir zurück.« Während Richard den Raum verließ, wandte Martin sich wieder an Jack. »Nachdem Sie Ihre frohe Botschaft überbracht haben, könnten
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