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Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Moonshine - Stadt der Dunkelheit

Titel: Moonshine - Stadt der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alaya Johnson
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manchmal nichts tun konnte. Ein einsamer Vampir wie Giuseppe hatte keine Chance, Rinaldos machtvoller Bande zu schaden.
    »Dann muss man sie ausbezahlen und die Krise aussitzen, nehme ich an. Und das tut mir wirklich leid.«
    Er schien mit der Antwort nicht zufrieden zu sein, doch wenigstens ließ er mich mit meinem Unterricht fortfahren. Ich war nicht überrascht, als er nach dem Kurs noch blieb, während die anderen der Reihe nach hinausgingen. Ich wusste, dass er harte Zeiten durchmachte, aber nach unserer Begegnung auf der Baustelle im Tunnel wusste ich nicht, wie ich mit ihm umgehen sollte. Einerseits tat er mir leid, andererseits war ich auch wachsam. Immerhin hatte er mich durch seinen Blick in seinen Bann schlagen wollen. Sicherlich war mein Versuch, mit ihm vor all den anderen Vampiren über Rinaldo zu reden, unklug gewesen, doch seit dem Treffen fragte ich mich auch, wie tief seine gewaltsamen Tendenzen lagen.
    »Ich habe von Ihnen und diesen Jungs gehört«, sagte er, sobald wir allein waren. Seine Stimme war tief, beinahe wie ein Knurren.
    Ich konnte nicht umhin zu bemerken, dass er seit einigen Tagen seinen Hunger nicht gestillt hatte. Seine Lippen wirkten gegen seine fahle Haut wie eine schmale pinkfarbene Linie, seine Fingernägel waren dunkel wie frische Blutergüsse.
    Er schüttelte den Kopf. »Was machen Sie nur, Miss Hollis? Rinaldo ist gefährlich. Sie sollten nicht mit ihm spielen.« Er beugte sich ganz nah zu mir herüber, und ich nahm den Hauch von etwas Stinkendem und Vertrautem in seinem unnatürlich kalten Atem wahr. Wie Blut und noch etwas … Alkohol? Doch er wirkte nicht wie ein Vampir, der kurz davorstand auszubluten.
    »Haben Sie getrunken?«, fragte ich.
    Er zuckte die Achseln. »
Faust
ist nicht verboten, aber es ist gefährlich. Sie sollten sich von den
Turn Boys
fernhalten.«
    »Wie haben Sie davon erfahren?«
    »So etwas spricht sich herum. Jeder weiß, wer Sie sind.«
    Definitiv muss ich nach Yukon, dachte ich. »Hören Sie, Giuseppe, ich schätze Ihre Sorge um mich sehr, aber ich weiß, was ich tue, und ich verspreche Ihnen, sehr vorsichtig zu sein. Es wäre mir allerdings sehr recht, wenn Sie davon absehen könnten, mit anderen über meine … Aktivitäten mit den
Turn Boys
zu sprechen. Es wäre nicht mehr sicher, wenn ich zu bekannt würde, oder?«
    Einen Moment lang schloss er die Augen, und seine Hände begannen zu zittern. »Seien Sie nicht dumm«, sagte er, und seine Stimme war vor Wut angespannt. »Er wird Ihnen etwas antun, Miss Hollis. Sie sollten sich nicht in seine Angelegenheiten einmischen.« Damit verließ er mit dieser unbewussten, unnatürlichen Geschwindigkeit das Zimmer.
    Ich musste ein paarmal tief durchatmen, bevor ich das Licht ausschalten und das Klassenzimmer verlassen konnte. Ich hatte kein Recht, wütend auf Giuseppe zu sein. Er hatte mir nur gesagt, was ich bereits wusste und was auch Amir heute Nachmittag klargeworden war. Meine Jagd nach Informationen war ungeheuerlich und unverantwortlich gefährlich geworden. Es wäre idiotisch, die Nachforschungen fortzuführen. Ich sollte Amirs Geld nehmen und mich so gut es ging von der ganzen Sache fernhalten.
    Trotzdem wusste ich, dass ich das nicht tun würde, und das machte mir mehr Angst als hundert tote Katzen und ein ganzer Strom aus Blut.
     
    Als ich nach Hause kam, hockte Amir auf der Treppe vor der Pension und spielte im Licht der Laterne mit zwei Jungs aus der Nachbarschaft
Jacks
, ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem es galt, einen Ball hüpfen zu lassen und währenddessen möglichst viele Spielsteinchen einzusammeln. Anscheinend verlor er haushoch, wenn man die Anzahl der Spielsteine betrachtete, die vor den Füßen seiner Gegner lagen. Er hatte sich eine Weste und eine Kniebundhose angezogen, die an einem Hafenarbeiter nicht unpassend gewirkt hätten – doch an ihm sah sogar die fadenscheinige schwarze Cordhose elegant aus. Die Kinder lachten und warfen ihm Seitenblicke zu, als ob sie erwarteten, dass er jeden Moment verschwinden oder in Flammen aufgehen würde. Was durchaus im Bereich des Möglichen lag.
    Ich beobachtete, wie er diese Runde verlor, und lächelte dann freundlich, als einer der Jungs die Spielsteinchen schüttelte und auf die breite Treppenstufe warf.
    »Okay, du musst den Ball hüpfen lassen«, sagte er und reichte Amir den kleinen Gummiball.
    Der nahm den Ball zwischen zwei Finger und beäugte ihn, als wäre er ein giftiges Insekt. Dann zuckte er die Schultern und ließ den Ball

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