Moonshine - Stadt der Dunkelheit
Tür vergangene Nacht. Es war nicht nur eine streunende Katze, sondern ein Wiedergänger. Du konntest eigentlich nicht wissen, dass sie zu den
Anderen
gehörte. Ich wollte es nicht glauben, aber …«
Aileen löste sich schniefend von meiner Schulter. »Zeph, was hatte eine untote Katze vor unserer Tür zu suchen?«
Ich biss mir auf die Unterlippe, doch ich hatte nicht mehr die Kraft, um zu lügen. »Eine Drohung«, erklärte ich, »von unserem Lieblingsgangster.«
Aileen hickste und lachte dann, als sie in ein Taschentuch schneuzte. »Und ich dachte schon,
ich
hätte Probleme.«
[home]
6 .
D as Geräusch von Gewehrschüssen auf der Straße weckte Aileen und mich eine Stunde vor Tagesanbruch. Meine Zimmergenossin fiel aus dem Bett, während ich mich aufrappelte, mich auf dem Ellbogen abstützte und zum Fenster blinzelte.
Die nächste Salve von Schüssen klang wie eine Kanonensalve unter unseren Betten. Aileen stöhnte auf.
»Das ist doch lächerlich«, murmelte ich, trippelte zum Fenster und schob es auf. Der eisige Wind wehte sofort herein und pfiff schneidend durch mein Flanellnachthemd.
»Zeph, was machst du …«
Ich biss die Zähne zusammen, stützte die Arme auf das Fensterbrett und beugte mich heraus. »Wollt ihr wohl aufhören?«, brüllte ich. »Das hier ist nicht die verdammte Schießerei am O.K. Corral! Das hier ist die Ludlow Street, und ich würde gern zur Arbeit gehen, ohne erschossen zu werden!«
Aileen zerrte mich am Arm zurück ins Zimmer und machte das Fenster zu. »Bist du verrückt, Zeph? Nein, antworte nicht darauf. O Mann, es ist eiskalt.«
Wir versuchten noch zwanzig Minuten zu schlafen, doch sobald die Sonne aufging, erschallte unaufhörliches Sirenengeheul, das die ganze Stadt erfüllte. Aileen beanspruchte das Bad als Erste, ich ging anschließend hinein – vollkommen verschlafen und um einiges erschöpfter, als ich mich noch beim Zubettgehen gefühlt hatte.
Später verabschiedete ich mich von Aileen und holte mein Fahrrad unter der Treppe hervor. An nicht wenigen Straßenecken, an denen ich vorbeikam, standen argwöhnisch blickende Wächter, die unbeholfen Gewehre trugen. Es reichte, um selbst der zuversichtlichsten Passantin das Gefühl zu geben, sie spiele mit ihrem Leben, wenn sie nur zur Arbeit ging. Die Anspannung war um den St. Marks Place, an dem sich besonders viele Kneipen befanden, noch größer. Die Straßen waren überraschend leer, und die wenigen Menschen, die sich hinausgewagt hatten, duckten sich unter ihre Hüte und Schals und beachteten niemanden, während sie die Straße entlanghasteten.
Ich hörte den Aufruhr vor der Blutbank, bevor ich ihn sah. Es klang wie ein Preisboxkampf in der zehnten Runde – geräuschvoll, gefährlich, ein verbotener, aufregender Spaß. Mehr als ein Dutzend Vampire, die selbst in der schwachen Morgensonne rot glühten, hatten mit ein paar losen Steinen die Frontscheiben der Blutbank eingeworfen und plünderten anscheinend die Vorräte. Sie kauerten sich in den Schatten des nach Westen gewandten Gebäudes, lachten betrunken und schütteten das hart erkämpfte Blut aus den Glasflaschen achtlos in sich hinein, wie Limonade auf einer Kirmes.
Ich hielt Ausschau nach dem Golem und sah ihn zwischen zerbrochenem Glas liegen. Sie hatten seinen gedrungenen Körper zerrissen, aber die Hälften, in denen auch jetzt noch Leben war, schlugen auf dem Bürgersteig nach wie vor schwach um sich. Eine kleine Gruppe Zuschauer stand an der Ecke des Häuserblocks – einige der Leute gafften, die anderen flehten die Vampire eindringlich an aufzuhören. Die Blutsauger schenkten ihnen jedoch nicht die geringste Beachtung. Ich ließ mein Fahrrad auf den Bürgersteig fallen und rannte zur Blutbank hinüber.
»Ysabel?«, schrie ich.
Sie antwortete nicht, aber im nächsten Moment erblickte ich sie. Sie stand ganz vorn und wurde von ihrem Gatten und einem jungen Mann zurückgehalten, den ich als einen ihrer Mitarbeiter erkannte. Wütend stieß sie eine Reihe von jiddischen Wörtern aus, die ich nicht verstand, die für den höflichen Umgang miteinander aber vermutlich nicht ganz passend waren. Ich drängte mich durch die Menge und legte meine Hand auf ihre Schulter.
Ysabel wandte sich um, das Gesicht wutverzerrt, und ich zuckte zusammen. Sie weinte vor Zorn. »Oh, Zephyr,
bubbala
, sieh dir das an! All unsere Vorräte …«
»Leute!« Einer der plündernden Vampire schleuderte eine Kiste mit Blutkonserven aus dem zerborstenen Fenster. Krachend
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