MoR 03 - Günstlinge der Götter
er war ein direkter Nachfahr von Africanus und Paullus!«
Aber das machte die Sache nur noch schlimmer. Pompeius sprang auf. »Das hättest du nicht sagen sollen, Varro!« schrie er starr vor Zorn. »Ich weiß, was du meinst! Wie kommt ein normaler Sterblicher aus Picenum dazu, etwas zu wagen, das sich nicht einmal dieser blaublütige Halbgott getraut hat? Ich aber werde Konsul sein!«
Die Wirkung, welche die Vorgänge in jener Senatssitzung auf Varro gehabt hatten, war nichts im Vergleich zu der, die sie bei Marcus Licinius Crassus hinterließen. Er erhielt seinen Bericht von Caesar, der Quintus Arrius und die anderen senatorischen Legaten davon abgehalten hatte, Crassus sofort nach der Sitzung aufzusuchen. Bei Lucius Quinctius hatte ihn das allerdings einige Mühe gekostet.
»Laß mich es ihm erzählen«, bat Caesar. »Du bist einfach zu aufgebracht, und du wirst auch ihn aufbringen. Er aber muß Ruhe bewahren.«
»Wir haben nicht einmal eine Chance bekommen, unseren Teil zu sagen«, schrie Quinctius und schlug sich mit der Faust in die Handfläche. »Dieser Schwanz von einem Konsul hat nur unsere Gegner zu Wort kommen lassen, dann hat er die Sitzung geschlossen, bevor auch nur einer von uns reagieren konnte!«
»Ich weiß«, sagte Caesar geduldig. »Glaub mir, wir werden in der nächsten Sitzung zu Wort kommen. Orestes hat das Richtige getan. Alle waren ganz außer sich. Aber nächstes Mal gehört uns das Haus. Nichts ist entschieden! Also laß mich Crassus Bericht erstatten. Bitte!«
Die Legaten waren daraufhin widerwillig nach Hause gegangen, während Caesar raschen Schrittes zu Crassus’ Lager auf dem Marsfeld eilte. Die Nachricht von der Sitzung hatte sich in Windeseile herumgesprochen. Und als Caesar sich auf dem Weg zum Clivus Argentarius durch die Menge auf dem unteren Forum Romanum schob, schnappte er diverse Gesprächsfetzen auf, die alle von der Aussicht auf einen neuen Bürgerkrieg handelten. »Pompeius will Konsul werden, und der Senat will es nicht zulassen... Crassus wird sein Land nicht bekommen... Es ist höchste Zeit, daß Rom diesen überheblichen Feldherren endlich einmal die dringend notwendige Lektion erteilt... Dieser Pompeius ist schon ein toller Bursche... « und vieles mehr.
»So, jetzt bist du im Bilde«, schloß Caesar seinen Bericht.
Crassus hatte der kurzen, präzisen Schilderung der Ereignisse mit ausdruckslosem Gesicht gelauscht, und auch, als Caesars Bericht zu Ende war, blieb es maskenhaft. Eine ganze Weile blickte er schweigend durch den offenen Zelteingang auf die stille Pracht des Marsfelds hinaus. Schließlich wies er mit einer Handbewegung auf die Landschaft und sagte, ohne sich zu Caesar herumzudrehen: »Wie schön. Man sollte nicht glauben, daß sich nur eine Meile die Via Lata hinunter eine Jauchegrube wie Rom befindet.«
»Ja, es ist schön«, sagte Caesar aufrichtig.
»Und was hältst du von den weniger schönen Ereignissen, die sich heute morgen im Senat abgespielt haben?«
»Ich denke«, sagte Caesar ruhig, »daß uns Pompeius bei den Eiern hat.«
Dies rief ein Lächeln hervor, dem ein tonloses Lachen folgte.
»Da hast du absolut recht, Caesar.« Crassus wies auf seinen Schreibtisch, auf dessen Platte sich zahlreiche kleine Beutel stapelten. »Weißt du, was das ist?«
»Geld, was denn sonst.«
»Das Geld all der Senatoren, die mir kleinere Beträge schuldeten«, sagte Crassus. »Fünfzig Rückzahlungen, insgesamt.«
»Und fünfzig Stimmen weniger im Senat.«
»Du sagst es.« Crassus drehte seinen Stuhl herum, legte die Füße auf die Beutel mit dem Geld und lehnte sich mit einem Seufzer zurück. »Wie du schon sagtest. Pompeius hat uns bei den Eiern.«
»Ich bin froh, daß du es so ruhig aufnimmst.«
»Soll ich etwa herumrennen und mir die Haare raufen? Das würde mich auch nicht weiterbringen. Es würde nicht das geringste an meiner Lage ändern. Aber gibt es überhaupt etwas, das sie ändern könnte?«
»Nicht, was unsere Hoden betrifft. Aber wir können immer noch in den Grenzen arbeiten, die uns Pompeius gesetzt hat — man kann sich noch bewegen, selbst wenn man eine haarige Klaue um die guten alten Eier hat.« Caesar grinste.
Crassus grinste zurück. »Stimmt. Hättest du Pompeius einen derart brillanten Schachzug zugetraut?«
»Ja, er ist tatsächlich brillant. Auf seine ungeschliffene Art. Aber er hat nicht politisch agiert, Crassus. Er hat dir erst mit dem Hammer eins draufgegeben und dann seine Bedingungen gestellt. Wenn er politisch
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