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MoR 05 - Rubikon

Titel: MoR 05 - Rubikon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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seit dieser sich gegen die Hinrichtung der catilinarischen Verschwörer ausgesprochen hatte, neigte auch Quintus zu Mißtrauen gegen Caesar. Nicht, daß derlei Gefühle seinen großen Bruder gehindert hätten, Caesar zu bitten, Quintus als Legaten mitzunehmen und Gaius Trebatius als Tribun. Noch hatte Caesar, der Ciceros Gefühle kannte, ihm die Bitte abgeschlagen. Derlei Gefälligkeiten waren unter Konsularen obligatorisch.
    Aber die traditionellen Vorbehalte der Familie gegen Caesar bedeuteten, daß Quintus Cicero den Feldherrn weniger gut kannte als die anderen Legaten und auch noch keinen festen Ton im Umgang mit ihm gefunden hatte. Er wußte nicht, wie Caesar reagieren würde, wenn einer seiner Legaten nur aufgrund eines Prickelns in Quintus’ linkem Daumen und einer düsteren Vorahnung Alarm schlug. Er war zwar mit Caesar nach Britannien gegangen, eine interessante Erfahrung, doch hatte er dabei nicht herausfinden können, wieviel Handlungsspielraum Caesar seinen Legaten einräumte. Caesar hatte von Anfang bis Ende selbst das Kommando geführt.
    Von der Antwort, die er Pullo gab, hing viel ab. Wenn er falsch entschied, würde man ihn nicht auffordern, noch ein oder zwei Jahre in Gallien zu bleiben; er würde dasselbe Schicksal erleiden wie Servius Sulpicius Galba, der seinen Feldzug in den Alpen vermasselt hatte und deshalb nicht zum Bleiben aufgefordert worden war. Die Botschaften, die Caesar an den Senat schickte, waren in dieser Beziehung nicht aussagekräftig; in ihnen war Galba gelobt worden. Doch konnte jeder militärisch geschulte Leser zwischen den Zeilen herauslesen, daß Galba dem Feldherrn überhaupt nicht gefallen hatte.
    »Ich denke«, sagte er schließlich zu Pullo, »daß es nicht schaden kann, Caesar zu benachrichtigen. Wenn ich unrecht habe, nehme ich den Tadel auf mich, den ich dann verdiene. Aber irgendwie weiß ich, daß ich recht habe, Pullo! Ja, ich werde Caesar sofort schreiben.«
    Die Römer hatten Glück und Pech zugleich. Ihr Glück war, daß die Nervier noch nicht zu den Waffen gerufen worden waren und es deshalb auch noch nicht für erforderlich hielten, im Lager zu spionieren; die Nervier glaubten, daß die Lagerbewohner ihren gewohnten Geschäften nachgingen. Quintus Cicero konnte deshalb ungestört seine Bäume fällen und ins Lager schaffen, die Wälle erhöhen, sechzig zusätzliche Türme errichten und außerdem einen großen Vorrat runder, zwei Pfund schwerer Steine für seine Geschütze anlegen. Pech war, daß der Rat der Nervier den Krieg beschlossen hatte und deshalb an der Straße nach Süden in das hundertfünfzig Meilen entfernte Samarobriva eine Wache postiert hatte.
    Quintus Ciceros kleinlauter und entschuldigender Brief wurde zusammen mit den anderen Briefen, die der Kurier beförderte, beschlagnahmt, der Kurier anschließend umgebracht. Der Inhalt seiner Tasche ging zur Durchsicht an die Druiden der Nervier, die Latein konnten. Quintus hatte freilich, auch dies eine Folge seines kribbelnden Daumens, den Brief in Griechisch abgefaßt. Erst viel später fiel ihm eine Bemerkung Verticos ein, die er mitgehört haben mußte, daß nämlich die Druiden der Nordbelgen zwar Latein konnten, nicht aber Griechisch. In anderen Teilen Galliens mochte das umgekehrt sein, je nachdem, welche Sprache nützlicher war.
    Vertico stimmte Quintus Cicero zu; Ärger war im Anmarsch.
    »Man kennt mich überall als Parteigänger Caesars, deshalb werde ich auch nicht zu den Ratsversammlungen eingeladen«, sagte der adlige Nervier besorgt. »Aber in den letzten beiden Tagen haben meine Leibeigenen wiederholt Krieger durch mein Gebiet ziehen sehen, begleitet von ihren Schildträgern und von Packtieren — als sei ein allgemeiner Ruf zu den Waffen ergangen. Und zu dieser Jahreszeit ziehen sie sicher nicht in einem fremden Gebiet in den Krieg. Ich glaube, daß du ihr Ziel bist.«
    »Dann«, meinte Quintus Cicero munter, »schlage ich vor, du ziehst mit deinen Leuten zu uns ins Lager. Es ist vielleicht ein wenig eng und nicht das, was ihr gewöhnt seid, aber wenn wir das Lager halten können, seid ihr hier sicher. Andernfalls müßt ihr womöglich als erste sterben. Ist das ein Vorschlag?«
    »Ja, natürlich!« rief Vertico zutiefst erleichtert. »Ihr werdet wegen uns nicht weniger zu essen haben — ich bringe all unseren Weizen mit und sämtliche Hühner und Rinder und genügend Holzkohle.«
    »Vortrefflich!« Quintus Cicero strahlte ihn an. »Und wir haben genug Arbeit für euch, keine

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