MoR 05 - Rubikon
ließ die Soldaten der Neunten vor der Zehnten und der Siebten antreten. Er hatte keine Auszeichnungen dabei, verlieh sie aber trotzdem; Pullo und Vorenus, die bereits silberne Torques und phalerae hatten, bekamen beides in Gold.
»Wenn ich könnte, Quintus Cicero, würde ich dir für die Rettung deiner Legion die Krone aus Gras überreichen«, sagte Caesar.
Quintus Cicero nickte strahlend. »Das kannst du nicht, Caesar, ich weiß, Vorschrift ist Vorschrift. Die Neunte hat sich übrigens selbst gerettet, ich habe nur ein bißchen mitgeholfen. Sind es nicht prächtige Jungs?«
»Die allerbesten.«
Am folgenden Tag zogen die drei Legionen ab, die Zehnte und die Neunte in die Sicherheit und Geborgenheit von Samarobriva, die Siebte nach Portus Itius. Auch wenn Caesar gewollt hätte, das Lager bei den Nerviern war nicht zu halten. Das ganze Gebiet war, dort wo es nicht zu Matsch zertrampelt worden war, kahlgefressen, und die meisten Nervier waren tot auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben.
»Das Problem mit den Nerviern löse ich im Frühjahr, Vertico«, sagte Caesar zu seinem treuen Anhänger, »auf einer Versammlung aller gallischen Stäfnme. Du sollst keinen Nachteil davon haben, daß du mir und meinen Leuten hilfst, das verspreche ich dir. Nimm alles, was wir hier zurücklassen, das bringt dich über den Winter.«
Vertico und seine Leute kehrten also in ihr Dorf zurück, Vertico als nervischer Dorfhäuptling, sein Leibeigener wieder als Bauer. Denn es lag nicht in der Natur jenes Volkes, einen Menschen über den ihm von Geburt zustehenden Rang zu erheben, auch nicht zum Dank für große Dienste; zu stark waren Brauch und Herkommen. Der Leibeigene erwartete auch gar keine Belohnung. Er verrichtete die Arbeit, die er im Winter zu verrichten hatte, gehorchte Vertico wie zuvor und saß abends schweigend mit Frau und Kindern am Feuer. Was er fühlte und dachte, behielt er für sich.
Caesar überließ es seinen Legaten, die Legionen nach Hause zu führen, und ritt selbst in Begleitung einiger Reiter die Mosa aufwärts. Er mußte unbedingt mit Titus Labienus sprechen, der ihm durch einen Boten mitgeteilt hatte, die Treverer seien so unruhig, daß er ihm nicht zu Hilfe kommen könne; sie hätten allerdings noch nicht den Mut aufgebracht, ihn anzugreifen. Sein Lager grenzte an das Gebiet der Remer, was bedeutete, daß er Hilfe an der Hand hatte.
»Cingetorix fürchtet, daß sein Einfluß auf die Treverer schwindet«, sagte Labienus. »Ambiorix arbeitet mit aller Kraft daran, die Männer, die etwas zu sagen haben, auf Indutiomarus’ Seite zu bringen. Die Vernichtung der Dreizehnten hat Wunder bewirkt — Ambiorix ist jetzt ein Held.«
»Seit er die Dreizehnte abgeschlachtet hat, bilden sich die Kelten ein, sie könnten alles«, sagte Caesar. »Ich erfahre gerade von Roscius, daß die Armoricer sich zu sammeln begannen, sobald sie davon hörten. Zum Glück hatten sie noch acht Meilen zu marschieren, als die Nachricht von der Niederlage der Nervier eintraf.« Er grinste. »Roscius’ Lager war plötzlich überhaupt nicht mehr interessant, sie machten auf dem Absatz kehrt und zogen wieder heim. Aber sie kommen zurück.«
Labienus zog eine Grimasse. »Und der Winter hat noch kaum angefangen. Sobald das Frühjahr kommt, sitzen wir in der Scheiße, und das mit einer Legion weniger.«
Sie standen in der schwachen Sonne vor Labienus’ solide gezimmertem Holzhaus und sahen über die dichten Reihen von Gebäuden, die sich vor ihnen in drei Richtungen erstreckten. Das Haus des Kommandanten stand immer in der Mitte der Nordseite; dahinter kamen nur noch einige Lagerhäuser und Magazine.
Das Lager war ein Reiterlager und damit viel größer als eines, das nur Fußsoldaten Unterkunft und Schutz bieten mußte. Fußsoldaten brauchten für ein Winterlager über den Daumen geschätzt eine halbe Quadratmeile pro Legion (für kürzere Zeit nur ein Fünftel davon). Je zehn Männer belegten ein Haus — acht Soldaten und zwei Diener, die nicht kämpften. Jede Zenturie von achtzig Soldaten und zwanzig Dienern bewohnte eine eigene kleine Straße; am offenen Ende der Straße stand das Haus des Zenturios, das andere Ende wurde durch den Stall für die zehn Maultiere der Zenturie und die sechs Ochsen oder Maultiere, die deren Wagen zogen, geschlossen. Die Häuser für die Legaten und Militärtribunen und die Unterkunft des Quästors (die größer war, weil er für Nachschub, Rechnungsbücher, Bank und Beerdigungsverein der Legion zuständig
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