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Mord am Millionenhügel

Mord am Millionenhügel

Titel: Mord am Millionenhügel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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schließlich, »daß vielleicht Ahrenborn selbst ...? Oder, warum nicht, Morken?«
    Er schüttelte sich. »Wie kannst du nur an so was denken? Pfui. Was Morken angeht: In welchem Staat der Welt muß ein Parlamentsabgeordneter seine Morde eigenhändig ausführen? Dazu gibt es doch die Leibwache und die Ordnungsdienste der Parteien und so. Und die würden eine Leiche bestimmt nicht ausgerechnet schräg gegenüber vom Bundestag an einem Bahndamm ablegen. Und Ahrenborn? Der hat doch ganz andere Möglichkeiten, Mann, als ne simple Kugel. Der hätte sie wahrscheinlich mit irgendeinem unbekannten Virus vergiftet oder in Salzsäure aufgelöst oder sonst was, aber auf keinen Fall erschossen und am Bahndamm deponiert. Nein, ich bin ziemlich sicher, das war Kleinsiepe.«
    »Vielleicht auch eine der diversen Frauen«, schlug ich vor. »Madame Kleinsiepe zum Beispiel.«
    »Wie soll die, ohne große Spuren zu hinterlassen, die Leiche zum Bahndamm kriegen? Sie könnte zwar geschossen haben, aber dann muß ihr jemand beim Tragen geholfen haben, und damit sind wir wieder bei Kleinsiepe.«
    Da kam mir der ganz tolle Einfall. »Und wenn«, sagte ich tückisch, »einfach ein Passant sie überfallen, betäubt, vergewaltigt, erschossen und zum Bahndamm geschleppt hat?«
    Baltasar saß da, ruhig und unendlich überlegen. »Unmöglich«, sagte er. »Völlig unmöglich. Das wäre ein unwahrscheinlicher Zufall.«
    »Unwahrscheinlich vielleicht, aber doch nicht unmöglich.«
    »Unmöglich, sage ich. Aus zwei Gründen. Erstens ist sie praktisch beim Verlassen des Theaters verschwunden – sagen die Eltern. Wenn man ein Theater verläßt, vor allem in Godesberg, verschwindet man nicht einfach so. Da ist der Theaterplatz, und der ist ziemlich groß. Das ist nur erklärbar, wenn ein Bekannter oder ein Nachbar plötzlich auftaucht und sagt ›Hast du nen Moment Zeit? Es ist wahnsinnig dringend und geht ganz schnell‹.«
    Ich stimmte zögernd zu. »Könntest recht haben. Und was ist dein zweiter Grund?«
    »Ah«, sagte er, »das ist der eigentlich wichtige. Es wäre, wie ich sagte, ein unwahrscheinlicher Zufall. Und das ist unmöglich, denn bekanntlich arbeiten unwahrscheinliche Zufälle immer zu meinen Gunsten.«
    Ich saß da, verdattert. Schließlich brachte ich heraus: »Okay, okay, quod erat demonstrandum. Was tun wir jetzt?«
    Er grinste. »Nimm's nicht so schwer, mein Junge. – Wir werden jetzt warten, bis Moritz uns weiter informiert. Ich werde meinen Kummerkasten weiterführen, die Post ist reichlich, und du wirst dir ein gutes Buch nehmen. Das könnte dir nicht schaden. Du kannst natürlich auch nach Hause fahren und die Fortsetzung verpassen.«
    Ich schmierte mir einige Brötchen, braute neuen Kaffee und vertiefte mich resignierend in
Das Prinzip Hoffnung
. Baltasar las seine Kummerpost und kicherte gelegentlich. Später las er mir einen besonders hübschen Brief vor, nachdem er schnell eine Antwort skizziert hatte.
    »Hör mal. Eine nette Tussi, könnte mit deiner Frau Kleinsiepe verwandt sein.«
    Ich protestierte. »Laß das Possessivpronomen weg, sie ist nicht meine Frau Kleinsiepe!«
    »Okay, Friede. Nun lausch, vernimm und staune! – ›Liebe Frau Griseldis. Ich bin 19, ziemlich hübsch und Sekretärin. Mein Chef, 39, ist sehr attraktiv, mit einer netten Frau verheiratet, sie haben zwei süße Kinder. Im Januar muß er zu einem Kongreß nach Barcelona. Ein Freund von ihm hat in der Nähe einen Bungalow, in dem er anschließend noch ein paar Tage verbringen will. Seine Frau will dann die Kinder nicht allein lassen. Er hat mich jetzt eingeladen, mit ihm dorthin zu fahren und den Rest der Zeit mit ihm im Bungalow zu verbringen. Mein Problem ist nun: bis dahin sind noch fast fünf Monate. Wie soll ich mich bis dahin meinem Chef gegenüber verhalten? Ich möchte keinen Skandal, außerdem mag ich seine Frau sehr gern. Andererseits möchte ich die intimen Beziehungen zu ihm, die sehr befriedigend sind, fortführen, und zwar am liebsten öfter als wie bisher einmal die Woche. Und natürlich würde ich gern mit ihm nach Spanien fahren. Was soll ich bloß tun? Ich bin so verzweifelt. Bitte helfen Sie mir! Ihre X.Y.‹«
    Ich lachte schallend. »Die hat Probleme! Ist ja entzückend.«
    Baltasar grinste. »Wir leben«, sagte er feierlich, »in würdelosen Zeiten, in denen das Unterste zuoberst gekehrt ist und die Ordnung des Himmels nicht länger geachtet wird.«
    »Wohl wahr«, sagte ich. »Was hast du ihr geantwortet? Und kommt das in die

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