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Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)

Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)

Titel: Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Ellen
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mir, wie es sein würde, wenn ich tatsächlich eines Tages mit Anita verheiratet sein würde. Würden die Männer meiner Frau weiterhin so hinterher starren? Würde ich dann auch so reagieren, wie der unbeherrschte Carlos, und ihnen dafür den Kragen umdrehen? Möglich wäre es.
    Ich blickte jedenfalls immer wieder in Anitas Richtung und freute mich über den Anblick, den ihre schlanke, bewegliche Figur bot, als sie emsig umher huschte. Ab und zu warf sie mir ein Lächeln zu und ich lächelte zurück.
    Manuel brachte das sündhaft teure Kaninchen und ich zerlegte es und aß es. Bestimmt war es meisterlich zubereitet. Das Fleisch zerging auf der Zunge. Es hätte jedoch genauso gut Sägemehl sein können, so abgelenkt war ich.
    Eine Weile lang verschwand Anita in die Küche. Da wandte ich mich endlich dem Panoramafenster zu und genoss den spektakulären Ausblick.
     Das Acueducto lag direkt nach Westen ausgerichtet. In dieser fantastischen Lage konnte man den Sonnenuntergang über dem Atlantik in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit erleben. Es war ein klarer und ruhiger Abend, so dass man meinte, bis in die Unendlichkeit blicken zu können. Das Meer wurde beim Zusehen immer tiefer blau, im Himmel färbten sich die wenigen Wolken rosa, und die Sonne nahm im Sinken eine dunkelrote Färbung an. Die kleinen, fernen Wellen auf dem Meer, das tief unter uns ausgebreitet lag, fingen das Licht des purpurfarbigen Balls auf und warfen es wieder in tausenden glitzernden Reflexen zurück. Man konnte meinen, man säße an der verlöschenden Glut eines Feuers, und jemand würde einen Holzscheit hineinwerfen, der einen atemberaubenden Funkenflug hochwirbelte. Palmen hoben sich wie schwarze Scherenschnitte majestätisch vor dem prächtigen Hintergrund des Naturschauspiels ab.
    Im Speisesaal des Acueducto wurde alles in ein goldenes Licht getaucht. Selbst die Gesichter der Gäste leuchteten überirdisch schön.
    Die Gespräche verstummten. Alle Augen drehten sich wie verzaubert dem Anblick zu.
    Wie gut, wie richtig, wie selbsterklärend, dachte ich, hier an diesem Ort einen Versammlungsort für Menschen einzurichten. Wie vernünftig von den Betreibern, dass sie endlich etwas aus dem schlummernden, gewaltigen Potenzial dieser ehemaligen Bauruine gemacht hatten.
    Kein Mensch, der den Zauber eines solchen Sonnenuntergangs aus dieser Perspektive erleben darf, der nicht mit der Sehnsucht davongeht, recht bald das gleiche Schauspiel wieder erleben zu dürfen!
    Selbst die Küchentür öffnete sich und der Chefkoch, seine Assistenten, die Bedienung, alle traten heraus und stellten sich am Fenster auf, um schweigend zuzusehen, wie die Sonne unterging. Anita bewegte sich ganz beiläufig peu a peu am Fenster entlang, bis sie ziemlich nah bei mir stand. Ich freute mich darüber. Fast hätten wir uns mit den Händen berühren können, aber wir taten das natürlich nicht. Manuel, der Blödmann, hatte uns fest im Blick.
    Eine hintere Tür ging auf und ein Herr im dunklen Anzug mit einer schweren Brille betrat den Raum und sah ebenfalls zum Fenster hinaus. Auf einen Schlag hielt sich das ganze Personal noch ein Stück gerader und unterbrach sein murmelndes Geplauder.
    „Wer ist das?“, fragte ich Anita aus einem Mundwinkel.
    „Der Manager“, flüsterte sie, „Mateo Costa.“
    Es dauerte eine kleine Weile, dann tauchte die Sonne hinter den Horizont. Wie auf Kommando, seufzten alle Anwesenden bewegt, und diejenigen, die förmlich die Luft angehalten hatten, atmeten wieder. Das Personal kehrte in die Küche zurück, die Gäste wandten sich einander wieder zu und setzten ihre Unterhaltungen fort.
    Ich freute mich noch eine Weile an dem Abendrot, das sich noch im Himmel hielt und schaute nach den ersten Sternen aus, die nach und nach auftauchten.
    Ich goss mir aus meiner Weinflasche nach und lehnte mich zurück. Ein Gefühl wohliger Zufriedenheit erfüllte mich.
    Anita mochte mich noch. Ich würde weiter hierher kommen und sie sehen dürfen. Es war nur eine Frage der Zeit, dann würde Carlos selbständig sein und sich an seinen neuen Schwager gewöhnt haben. Vielleicht würden wir sogar richtig gute Freunde werden, wer weiß?
    Das Leben war schön und würde noch schöner werden.
     
    Meine wohlige Stimmung wurde jäh unterbrochen durch eine plötzliche Unruhe, die am Tisch der großen Festgesellschaft entstand. Stühle wurden auf einmal zurück geschoben, so dass die Beine auf dem harten Marmorboden scharrten, die Gäste sprangen auf. Stimmen wurden

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