Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)
schmerzgekrümmt.“
Ich antwortete im selben Galgenhumor: „Und Inez hätte dir dabei auch nicht geholfen, soviel ist sicher.“
Wie auf Kommando kam Inez aus der Haustür heraus, stellte mir ein Glas Wasser hin und Pedro einen dampfenden Kaffeebecher. Dann schlang sie ihre Arme um ihren Mann und drückte ihm einen Kuss auf den Kopf.
„Ich bin so froh, dass es ihm besser geht“, sagte sie, „Ich wüsste nicht, was ich ohne meinen Pedro täte.“
Ich zwinkerte Pedro zu und er mir zurück. Nein, von Inez hätte er derlei „Hilfe“ niemals erwarten können, sagten wir uns gegenseitig mit unseren Blicken.
„Hast du noch genug Tabletten für ihn?“, fragte ich Inez.
Sie verschwand und brachte die halbleere Packung zurück.
„Hm“, sagte ich, „das könnte knapp werden. Du sollst zwar nicht dein restliches Leben Tabletten schlucken, Pedro, zumal diese hier sich ziemlich auf den Magen legen, aber bis die Entzündung ganz zurück gegangen ist, wirst du sie noch brauchen. Ich werde für Nachschub sorgen. Ansonsten musst du deine Beine und deinen Rücken schön warmhalten und dich auch ruhig mal ein bisschen bewegen. Die Bewegung tut auch gut.“
„Du kannst wohl gar nicht abwarten, bis ich wieder bei dir im Weinberg bin“, meinte Pedro mit künstlicher Empörung.
„Nein, kann ich nicht. Außerdem fehlst du mir. Mir ist verdammt einsam.“
„Und die schöne Anita? Hilft sie dir nicht über deine Einsamkeit hinweg?“, fragte Pedro spitz.
Ich blickte auf mein Glas, das ich in meinen Händen drehte.
„Du hattest recht. Es gestaltet sich alles ziemlich schwierig.“
Dann sprang ich plötzlich auf, stellte das Glas hin und wandte mich zum Gehen.
„Ich besorge dir noch mehr Tabletten und auch etwas zum Einreiben. Das kann dir Inez Abends auf dem Rücken auftragen. Werde schnell wieder gesund, Pedro. Wir brauchen dich.“
Dann ging ich zu meinem Lastwagen und fuhr in Richtung La Laguna Grande.
Am Abend, nach der Arbeit, putzte ich mich zwar nicht so übertrieben auf, wie neulich, als ich ins Acueducto gegangen war, aber ich schrubbte meine Hände, zog mir ein frisches T-Shirt an und wischte sogar mit einem alten Lappen den Staub von meinen Schuhen. Einerseits wollte ich einigermaßen nett aussehen, wenn ich Anita später abholte und nach Hause brachte, andererseits wollte ich nicht wieder unter dem kritischen Blick der Apothekerin leiden.
Auf der Fahrt hinunter ins Valle dachte ich über meine Unterhaltung vom Morgen mit Pedro nach.
Wie muss es früher gewesen sein, auf so einer Insel zu leben und ohne ausreichende ärztliche Versorgung? Heute war das alles kein Problem. Auf Gomera gab es Ärzte, ein Krankenhaus, sogar einen deutschen Arzt für die deutschen Touristen und Auswanderer. Die Ärzte waren sicherlich gut ausgebildet. Obwohl der Notarzt im Acueducto ein ziemlicher Trottel zu sein schien. So unbeholfen, wie der sich angestellt hatte... So etwas müsste eigentlich verboten sein.
Jedenfalls gab es die nötigen Mittel, um jemandem wie Pedro schnelle Erleichterung zu verschaffen. Früher blieb den Leuten in ihrer Not am Ende tatsächlich nur der Strick. Gruselig.
Die Apotheke in Borbalan kam mir nach diesen finsteren Gedanken besonders schön, sauber und friedlich vor. Schon als ich die weiße Fassade sah, freute ich mich auf den beruhigenden Duft nach Kräutern und Heilsubstanzen, auf die kühle Luft, die mindestens fünf Grad kälter war, als auf dem heißen Pflaster davor.
Auch heute war wieder die Apothekerin mit dem Lockenkopf im Dienst. Als ich durch die Tür trat, meldete mich eine Glocke an, und sie erschien aus dem hinteren Ladenbereich.
„Oh, welch hoher Besuch“, sagte sie spitz, „Der Arzt aus Deutschland.“
Ich legte eine braungebrannte, saubere Hand lässig auf die Theke.
„Erstens bin ich kein hoher Besuch, zweitens auch nicht mehr Arzt und drittens schon längst nicht mehr aus Deutschland. Ich lebe schon seit einigen Jahren auf Gomera.“
„Aha. Da hat es Sie also hin verschlagen, damals, nach der leidigen Geschichte“, sagte sie.
„Ja, hat es. Und das ist gut so. Ich lebe hier sehr zufrieden, danke.“
Ich wollte damit das Gespräch beenden und zu meinem eigentlichen Auftrag kommen, aber die Apothekerin verfolgte das Thema weiter.
„Sie dürfen mir nicht böse sein“, sagte sie jetzt in einem sanfteren Tonfall. „Es ist nur so, der Fall hat damals doch alle Welt beschäftigt und fasziniert. Sie waren doch das Tagesgespräch .“
„Wem sagen Sie das“,
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