Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)
denn ich hatte zwei Ideen, die ich nur verfolgen konnte, indem ich mich dorthin aufmachte.
Das erste Ziel, das ich dort aufsuchte, war das Internetcafé in La Playa. Zum Glück war es nicht voll, und ich fand sofort einen Computer, an dem ich meine Recherchen machen konnte.
Ich googlete nach „Acueducto, El Gomera“. Mittlerweile hat jedes kleine Lokal seinen eigenen Webauftritt, dachte ich, da wird so ein motziges Etablissement wie das Acueducto sicher auch vertreten sein.
Und so war es auch.
Das Acueducto warb geradezu pompös um seine Kunden. Nicht nur, dass man sofort einen virtuellen Spaziergang durch das Lokal machen konnte, nein, es spielte eine gedämpfte, elegante Musik dazu. Die Betreiberin des Cafés sah schmunzelnd zu mir herüber, legte aber gleich einen Finger an die Lippen, um anzudeuten, dass ich die anderen Gäste stören könnte. Also drückte ich den Ton aus.
Ich sah mir die ganze Website akribisch an, denn ich suchte etwas Bestimmtes.
Der Hippie und Costa hatten von „Ellas“ gesprochen. Was waren diese „Ellas“?
Anscheinend lieferte der Hippie irgendetwas an, das zu diesen „Ellas“ nötig war.
Die Ellas waren eine Art Veranstaltung, so viel war klar. Aber solange ich auch suchte und googlete, auch außerhalb der Website, ich fand absolut nichts, was mir irgendwie weiterhelfen würde. Nicht einmal im klitzeklein Gedruckten.
Frustriert stand ich auf, warf der Betreiberin das Geld auf den Tresen und verließ das Café. Wenn das so weiterging, dann würde ich Jahrzehnte brauchen, bis ich hinter das Geheimnis käme. Wer weiß, wie viele „Krankenwagen“ dann schon vom Mirador zum Flughafen gefahren sein würden.
Ich musste meine zweite Spur verfolgen.
Also fuhr ich wieder los und parkte vor der Apotheke in Borbalan.
Isabella freute sich anscheinend, mich zu sehen. Es war ein Riesenunterschied zu meinem ersten Besuch in der Apotheke. Diesmal war ein alter, schwerhöriger Mann vor mir dran. Als sie mich sah, gab sie sich deutlich Mühe, den Kunden mit seinen Fragen abzuwimmeln und aus dem Geschäft heraus zu komplimentieren. Dabei warf sie mir die ganze Zeit nette Blicke zu, als hätte sie Angst, ich könne wieder fortgehen.
Als der alte Señor endlich zufrieden heraus gewackelt war, begrüßte sie mich und fragte mich, wie es mir ginge.
„Sag mal“, fragte ich spitz, „war das nicht gerade ein ehrwürdiger alter Mann, der unseren Respekt verdient?“
Sie lachte verlegen. „Nein, das war nur der alte Mario, der mindestens dreimal die Woche vorbeikommt und mich nervt. Ich glaube, er genießt es, dass es hier drinnen so angenehm kühl ist.“
Dann sah sie mich besorgt an.
„Bist du krank? Nimm es mir nicht übel, aber du siehst irgendwie schlecht aus.“
Ich fuhr mit einer Hand über mein Gesicht. Dann sagte ich: „Ein Trauerfall, sozusagen in der Familie.“
„Das tut mir Leid. Möchtest du darüber sprechen?“
Ich schüttelte stumm meinen Kopf.
Ihre sanfte Nachfrage und ihre höfliche Zurückhaltung taten mir gut. So gut, dass ich befürchtete, gleich vor ihr zu weinen und mich zum völligen Affen zu machen.
Sie stützte die Ellenbogen auf den Tresen und fragte nun in einem sachlichen Tonfall: „Gut. Was kann ich also für dich tun?“
Ich zog das Bündel aus meiner Tasche, das ich neben Anitas Leiche zusammen geknüpft hatte, band es auf und legte es auf den Ladentisch.
Sie runzelte die Stirn. „Normalerweise nehmen die Kunden etwas von hier mit. Es ist eher ungewöhnlich, der Apothekerin etwas mitzubringen.“
„Ich komme, weil ich glaube, dass du die einzige Person auf Gomera bist, die mir damit helfen kann.“
„Nun, ich hoffe, dass ich dich nicht enttäuschen muss.“ Sie nahm den Almandredo in die Hand. Dann blickte sie mich an, als ob sie an meinem Verstand zweifelte.Trotzdem sagte sie geduldig: „Dieses hier erkenne ich. Es ist ein angebissener Almandredo. Die schmecken gut, die Dinger. Als Kind war ich ganz verrückt darauf, aber jetzt esse ich sie nur noch selten, weil sie eine wahnsinnige Kalorienbombe sind. Sie bestehen praktisch nur aus Mandeln, Eiweiß, sehr, sehr viel Zucker und geriebener Zitronenschale. Und dieser Almandredo ist offensichtlich nicht so lecker gewesen, denn er ist nur angebissen, nicht aufgegessen worden.“ Sie schmunzelte.
„Richtig“, sagte ich, als wäre sie meine Schülerin und ich ihr Lehrer, „darauf gibt es eine Eins. Und jetzt meine Frage: Wenn dieser Almandredo nun gewissermaßen als Trägersubstanz benutzt
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