Mord am Mirador (Ein Gomera-Krimi) (German Edition)
gut. Isabella wusste es mit Sicherheit nicht, aber es klaffte an der Knopfleiste etwas auseinander und man konnte einen ziemlich sexy Spitzen-BH erkennen mit einem ebenso sexy Busen. Mit ihren dunklen Haaren und ihrem braungebrannten Gesicht sah sie aus, wie eine Zigeunerin. Selbstverständlich gehörte mein Herz noch ganz Anita und mein ganzes Leben war zur Zeit darauf konzentriert, ihre Mörder zu rächen. Anita würde ich nie vergessen, so lange ich lebte. Aber ich fragte mich schon, wie blind ich durch Gomera gegangen sein musste, dass mir Isabella noch nie zuvor aufgefallen war. Vielleicht lag es daran, dass ich alles, das mit Gesundheitsdiensten zu tun hatte, instinktiv mied – auch Apotheken.
Kapitel 20
Es dauerte nicht mehr lange, da kurvten wir in den Hafen von Vueltas hinein.
Isabella manövrierte das Boot geschickt an seinen Liegeplatz, sprang heraus und sicherte es. Ich stand etwas unsicher auf. Es war schon arg wackelig. Ich wartete darauf, dass Isabella mir ihre kräftige Hand reichte.
Aber sie tat nichts dergleichen. Ich musste ziemlich unwürdig auf allen vieren aus dem Boot auf den Steg krabbeln.
Ich stand auf, fischte meinen Rucksack und mein nasses Hemd aus dem Boot und ging in die Richtung meines Lasters.
„Na, das war doch mal ein spannender Ausflug“, sagte ich Isabella über meine Schulter. Sie antwortete nicht. Da drehte ich mich um und sah, dass sie schon zu Fuß den Weg nach Borbalan entlangging.
Schnell rannte ich hinter ihr her.
„Hey, Isabella, ich dachte wir fahren mit meinem Auto gemeinsam zur Apotheke zurück“, sagte ich.
Sie macht eine wegwerfende Geste mit einer Hand, sagte: „Ich geh zu Fuß“, und ging weiter.
Da fasste ich sie bei den Schultern und zwang sie, stehen zu bleiben. Ich sah ihr in das Gesicht, sie sah hinunter auf ihre durchnässten Schuhe.
„Was ist los, Isabella? Was ist dir für eine Laus über die Leber gelaufen?“
Sie versuchte sich aus meinem Griff zu winden. „Nichts. Ich will jetzt einfach nach Hause. Ich bin müde.“
Ich ließ sie los, versperrte ihr jedoch immer noch den Weg.
„Du hast doch irgendetwas.“
Da sah sie mich mit brennenden Augen an.
„Ich weiß nicht, was ich von dir halten soll, Jan. Einmal bist du der große, romantische Liebhaber, der seiner unsterblichen Liebe nachtrauert, im nächsten Moment flirtest du ein bisschen mit mir. Dann triffst du eine süße Blondine und machst mit der herum. Das ist mir ehrlich gesagt alles zu kompliziert. So, und jetzt weißt du Bescheid und jetzt lass mich gehen. Von solchen Kerlen wie dir habe ich die Nase ziemlich voll. Du bist auch nicht besser als Hernando, der blöde Macho.“
Dann schob sie mich unsanft beiseite, schritt aus und verschwand die Straße hinunter.
Ich blieb wie vom Donner gerührt stehen.
Wow.
So hatte ich das noch gar nicht gesehen. Ich ein Macho. Ich ein hemmungsloser Herzensbrecher. Wow.
Ich drehte mich um und kehrte zurück zum Hafen und meinem Auto.
Zum ersten Mal seit Anitas Tod spürte ich das Flackern einer neuen Sehnsucht. Hoffentlich würde Anita mir das aus dem Jenseits verzeihen.
Die süße, leidenschaftliche, patente, kompetente Isabella, die schöne Isabella mit dem weiten Herzen und einer beeindruckenden Intelligenz, diese Isabella war wegen mir eifersüchtig.
Ich fuhr nach Hause. Als ich meine Einfahrt hochfuhr, musste ich unwillkürlich daran denken, wie ich neulich nachts fast Carlos erschlagen hatte. Ich war ziemlich blöd gewesen. Eigentlich wusste doch kein Mensch auf der Insel, dass ich Wind bekommen hatte, dass etwas Kriminelles im Acueductoablief. Allmählich entwickelte ich mich zu einem richtigen Paranoiker. Es war unverzeihlich gewesen, dass ich Carlos so attackiert hatte. Hoffentlich behielt er davon keine Narbe.
Doch als ich mich meinem Haus näherte, spürte ich instinktiv, dass etwas nicht stimmte. Eine eigenartige brütende Stille lag darüber. Was war das bloß?
Ich stellte den Laster ab und ging den Weg hinunter. Eine Wolke von schwarzen Fliegen schwirrten auf, als ich zur Haustür schritt.
Da sah ich es.
Direkt vor der Haustür lag der Kopf einer meiner Ziegen. Man hatte ihn vom Leib abgemetzelt. Es war ein grauenhafter Anblick.
Mit zitternden Knien ging ich zum Stall. Da lag der leblose Körper der Ziege. Die andere Ziege und die vier Zicklein standen ratlos darum und sahen mich vorwurfsvoll an.
„Wo warst du?“, schienen sie zu fragen, „Wenn du dagewesen wärst, wäre das alles nicht
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