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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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alle signiert mit den herzlichsten Widmungen für Fred, den markigen Kreuzfahrtdirektor. Wie viele Sängerinnen, Tänzerinnen, Diseusen, Pianistinnen und andere Künstlerinnen der wohl schon flachgelegt hatte?
    »Das zweite Problem sind Sie«, sagte Fred und schnippte seine Asche auf eine Untertasse. »Milch?«
    »Danke, ja.«
    Der große Fred schenkte mir eigenhändig Milch ein. Ich betrachtete seine Hände. An wen er die wohl schon gelegt hatte? ICH würde mich nicht einreihen. Ich nicht.
    »Wieso bin ich ein Problem?« Ich bin kein dummes Schulkind, das sich vom Lehrer abkanzeln läßt, dachte ich sauer. Wenn der hier den großen Meister rauskehrt, steige ich in Australien aus. Bei aller Liebe zu diesem Schiff. Dann lieber Geilenkirchen. Da bin ich wer.
    »Sie haben das falsche Repertoire«, sagte Fred. »Sie haben eine irre Stimme, aber das falsche Repertoire.«
    Das mit der irren Stimme ging mir runter wie Öl. Ich wollte noch mehr hören.
    »Larry hat gesagt, Sie hätten gesagt, ich jaule«, sagte ich beleidigt.
    »Quatsch. Hab ich nie gesagt. Der Larry soll seine Schnauze halten.«
    Ich schwieg. Die Zahl meiner Feinde an Bord wuchs im Sekundentakt.
    »Was haben Sie denn gesagt?«
    »Die Leute hier stehen nicht auf Klassik. Das hab ich gesagt. Die wollen was Leichtes, was aus ihrer Zeit, Zwanziger-bis-vierziger-Jahre-Schlager. Genau das, was die Diseuse singt. Aber die hat eine Stimme wie ein Schaf, das gerade geschlachtet wird. Grauenvoll. Ich will, daß Sie das singen. Mit Ihrer Stimme.«
    Der Kreuzfahrtdirektor blies mir Rauch ins Gesicht.
    Ich wedelte unwillig mit der Hand. Prolet! Und überhaupt! Ich war keine Schülerin, die Hausaufgaben zu machen hatte! Ich hatte einen Vertrag von der Reederei! Und da stand drin: »Klassischer Gesang«! Genau mein Repertoire, das ich dabeihatte! Das war schriftlich fixiert! Ich ließ mich doch nicht zum Mäuschen degradieren!
    Gerade als ich lautstark protestieren wollte, sagte der Kreuzfahrtdirektor: »Und außerdem sehen Sie besser aus. Um Klassen besser. Aber das wissen Sie ja selbst.«
    Nun sagte ich doch nichts mehr.
    »Also, was ist? Kann ich mit Ihnen rechnen?«
    »Natürlich«, hörte ich mich sagen. Herr Lehrer, ich werde eifrig üben. Sie können sich auf mich verlassen. Mäh, mäh.
    »Das war’s im wesentlichen«, sagte Fred Hahn.
    Sein Piepser ging. Der Wichtige wurde gebraucht. Ich schlich zur Tür. Draußen lauerten bestimmt Patricia und die anderen Hühner, die regelmäßig von diesem Hahn besprungen wurden. Das Programmheft von heute abend lag aufgeschlagen auf dem Schreibtisch. Anthony Dusseldorfer, der Tenor, sollte eine »Revue aus sieben Jahrzehnten, von Johannes Heesters bis Johannes Heesters« geben.
    »Ach, übrigens ...« Fred Hahn drückte die Tür wieder zu. »Mir ist zu Ohren gekommen, Sie hätten ein Liebesnest aufgeschreckt?!«
    Ich wurde rot. Verdammt. Konnte denn auf diesem Schiff nichts verborgen bleiben?
    »Ich ... es tut mir leid«, stammelte ich. Nun war ich doch so verlegen wie die kleine blöde Burkharda aus Geilenkirchen. Wo ist das böse Händchen? Patsch, patsch, au, heul, tröst, schluchz, ich will’s nicht wieder tun.
    »Das muß Ihnen nicht leid tun«, sagte Fred. »Aber den beiden wird es leid tun. Und allen anderen von der Crew auch. Ab sofort darf niemand von denen mehr das Fitneßcenter benutzen. Das ist den Passagieren vorbehalten.«
    Ich schluckte. Scheiße!! Wie sollte ich ohne das Fitneßcenter diese wochenlange Mastkur überstehen!!
    »Das gilt natürlich nicht für Sie«, sagte Fred, der meine Gedanken zu erraten schien. »Sie haben Passagierstatus, genau wie der Professor Ringelnatz und der Tenor und die Kindergärtnerin, weil sie die Frau vom Hoteldirektor ist, und der Einhandsegler und alle unsere Gaststars. Nur die festen Crewmitglieder sollen ihre Fickneßübungen woanders machen.«
    Ich zuckte zusammen. Fickneß! Hatte ich mich verhört?! Fred Hahn grinste. »Das ist unser Vokabular hier an Bord, natürlich nur in den untersten vier Decks. Sie werden sich dran gewöhnen, Frau ... Burkharda Meier.« Meinen Namen sprach er so spöttisch und gedehnt aus, daß ich ihn am liebsten gehauen hätte. Fred Hahn war auch nicht besser! Zynischer Idiot! Warum hatte er nur so eine verheerende Wirkung auf meinen Beckenboden? Blöder Hengst! Ich wollte sofort raus hier!
    Ich fühlte meine Flecken kommen, besonders den einen auf der Stirn, der aussieht wie Afrika.
    »Ich halte es allerdings nicht für besonders klug, mir den

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