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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Weinglas zu halten imstande war, daß ich nicht wirklich eine Opernsängerin, sondern eine Konzertsängerin und Dirigentin im geistlichen Fach sei.
    »Wat is dat denn, geistliches Fach?!«
    »Mein Tätigkeitsbereich ist hauptsächlich in der Kirche.« Der Kapitän bollerte los: »Da werden die zwei Priester sich ja die Finger nach Ihnen lecken!«
    »Nun«, sprach ich würdevoll, indem ich einen Schluck Chablis Premier Crus Montains zum Munde führte, »Sie sollten wissen, daß die Bordgeistlichen den Zölibat leben, zumindest der katholische Kollege, und daß ich sie nicht in Versuchung führen werde.«
    »Dat merkt man«, grunzte der Käpt’n, indem er sich mit dem Finger einen Essensrest aus den braunen Zähnen bohrte. »Sie führen hier jeden in Versuchung!«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na, wat Se alles machen, und wo Se überall gleichzeitig sind, dat is schon doll. Gestern abend noch inne Baa, heute früh schon widda aufe Probenbühne, im Swimmingpool ham Se nur dieses weiße knappe Dings an, und dann schäkan Se noch mit diesen Schweizer Bänkern rum und machen der Diseuse ihren Lustknaben abspenstig. Donnawetta, Sie ham ‘ne Energie.«
    »Herr Kapitän, wo Sie überall Ihre Augen haben!«
    »Ich muß überall meine Augen haben, dat können Se mir glauben! Ich bin der beste Kapitän, den diese Reederei je hatte!«
    Boh, war das ein widerlicher Wichtigtuer! Gut, daß er nicht bemerkt hatte, wo ich meine Nacht verbracht hatte. Anscheinend war dem wachen Auge dieses so aufmerksamen Mannes das entgangen.
    »Steward!« Der Käpt’n schlug mit seiner Pranke auf den Tisch. Der Chefsteward Gerald Gier sprang erschrocken herbei. »Wieso ist dieser Schrank da auf?!«
    »Wir entnehmen diesem Schrank soeben das Porzellan für den Suppengang, Herr Kapitän!«
    »Dat stört mein ästhetisches Empfinden! Macht den Schrank zu, aber dalli!«
    »Jawohl, Herr Kapitän!« Der Chefsteward schlug die Hacken zusammen und herrschte seine Kollegen an, die Suppentassen aus dem zwei Decks entfernten »Königin-Louise-Restaurant« zu holen.
    Ich fand das Gebaren dieses ungepflegten alten Kerls schier unerträglich. Wollte er mir damit imponieren oder was?!
    Wir löffelten schweigend unser Süppchen: Essenz von jungen Bresse-Täubchen in Trüffelklößchen und altem Cognac.
    »Dat schmeckt nich.« Mit einer vernichtenden Geste schob der alte Sack das Süppchen beiseite. »Nur vom Cognac, da könnt ihr mir noch mal nachschenken.«
    »Jawohl, Herr Kapitän.«
    Ich verdrehte die Augen zum Himmel. Und traf dabei zufällig die Augen von Fred Hahn. Zufällig. Eine Zehntelsekunde nur. Aber das genügte. Er litt.
    Neben ihm die aufgeplusterten Teichhühner: gräßlich. Und Gloria mit ihrer lauten Lache und ihrer gar zu direkten Art schien ihn in seiner heutigen Verfassung auch nicht zu amüsieren. Die arme, liebe, verletzliche Seele! Er hatte sich in mich verLIEBT!! Er hatte es GESAGT!! Ich wärmte ihn mit meinen verliebten Augen.
    »Verzeihung, gnädige Frau, dürfen wir Ihnen nun unseren Sechsundneunziger Pouilly Fuisse einschenken, oder bleiben Sie bei Ihrem Weißwein?«
    »Mir können Se beides einschenken«, sagte der Kapitän. »Und räumen Se mal das Regal da hinten auf, das sieht ja grauenvoll aus!«
    »Jawohl, Herr Kapitän. Gleich morgen früh wird es aufgeräumt.«
    »Morgen früh isset zu spät! Heute nacht noch räumen Se dat auf! Sobald wir hier raus sind, klar!«
    »Natürlich, Herr Kapitän.«
    Kotzbrocken, Kotzbrocken, Kotzbrocken, dachte ich. Mal sehen, wie dumm du wirklich bist.
    »Sie haben aber auch eine anspruchsvolle Aufgabe als Leiter eines so imposanten Apparates«, seifte ich ihn ein. »Achthundert Passagiere und vierhundert Crewmitglieder!« Hättwich soufflierte mir schon wieder, weil mir von selbst nie so ein Gesülze eingefallen wäre.
    »Die Passagiere sind ja ein Kapitel für sich«, sagte Hans-Dieter Schulz.
    »Das glaube ich gern!« Hechel, hechel. Jetzt packte er aus, der alte Sack, und Gloria, die Klatschreporterin, saß am anderen Tischende!
    »Die Weltreisenden scheinen schwierig zu sein«, träufelte ich dem Manne Öl in sein geschwätziges Maul.
    »Schreckliches Pack«, stöhnte Schulz. »Da hinten die zwei Spinatwachteln ... na ja, die zahlen vierhunderttausend Mark, da kriegen andere eine Doppelhaushälfte für, die legen ihren Arsch für ein Jahr auf unseren Kahn, und da erwarten sie, daß man ihnen den Arsch auch nachträgt.«
    Ich hüstelte und griff nach meinem Pouilly Fuisse. »Erzählen Sie doch

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