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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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funktionierte.
    »Die dritte Gruppe« – das waren meiner Ansicht nach die Musikalischen, also Lars-Dars, Anthony, die Jungs aus der Bänd und Klara-Viktoria –, »ihr improvisiert dazu. Schön soft. Mit ein paar Sixt ajoutées und so. Klar? Ich selber singe die Oberstimme. Also los.«
    Ich gab der ersten Gruppe den Einsatz, dann plärrte ich die Stimme der zweiten Gruppe, eine Quart tiefer, und als der schwerfällige Karren lief, improvisierte ich flink eine Oberstimme, während die Jungs aus der Bänd, leider alle aus Bulgarien und deshalb des deutschen Liedgutes nicht mächtig, irgendwas dazu brummten. Auch Anthony hatte noch nie was von »Der Mond ist aufgegangen« gehört, weshalb er vornehm schwieg, und Lars-Dars konnte überhaupt nicht singen. Leider ließen mich auch meine alten Verehrer im Stich. Herr Professor Weißenreim verfügte über einen kläglichen Tenor, und der wind- und wettergegerbte Hasso von Tegern war leider heiser. Es klang grauenvoll. Ein einziger peinlich verebbender, zäher Klangbrei. Die Dissonanzen prallten von den kostbaren Marmorwänden ab. Einzig die zwei Bordgeistlichen hatten bis zum Schluß durchgehalten, allerdings von den altjüngferlichen Teichhuhnstimmen arg in Mitleidenschaft gezogen. Oberpeinlich, katastrophal. Der Käpt’n verzog schmerzvoll das Gesicht. Jetzt hatte er bestimmt keine Lust mehr auf »Brücke«. Fred Hahn wandte sich ab und guckte durch das Bullauge.
    »Na gut«, sagte ich, »das klang zugegebenermaßen scheiße. Wenn wir erst mal geprobt haben, wird das gigantisch gut. Tja. Lassen Sie sich nicht verdrießen. Alles wird gut.«
    Ich trank mein Glas aus, bedankte mich und verließ als erste den Käpt’ns-Cocktail.

Zwei Stunden später trat ich durch die Glastür des Spezialitätenrestaurants »Vier Himmelsrichtungen«. Mist! Wie es schien, war ich schon wieder die letzte!
    Ich hatte noch zehn Kilometer auf dem Laufband hinter mich gebracht, um meinen gigantischen Frust loszuwerden, danach kalt geduscht, Haare gewaschen und die Faxe von Rüdiger durchforstet. Für 2 684 Mark mußten doch verdammt noch mal ein paar Fetzer dabeisein! Ja, war Rüdiger denn von Sinnen? Lauter bescheuerte, verstaubte Lieder wie »Der Gutzgauch auf dem Zaune saß!« und »Ich brach drei dürre (G)Reiselein« und »Wenn sich Nachtigallen schlagen«! – Die paßten ja alle irgendwie zu den Passagieren dieser Weltreise, aber wie sollte ich das peppig servieren? Ich kramte und wühlte in den Noten und raufte mir die Haare und fluchte auf Rüdiger und überlegte fieberhaft, wo im australischen Busch ich noch andere Noten erstehen konnte. Was Peppiges, Mann, Rüdiger!
    Aber es war typisch für ihn. Er fand das geil. Und faxte mir das. Für ZWEITAUSENDSECHSHUNDERTVIERUNDACHTZIG Mark!! Wie sollte ich hier bestehen?
    Vor lauter Frust war mir fast das Käpt’ns-Dinner durch die Lappen gegangen!! Nun stand ich da, verwirrt, und überlegte immer noch, wie man »Gutzgauch« und »dürren Reiselein« einen Unterhaltungswert abgewinnen konnte.
    »Wir warten nur noch auf Sie!«
    Ich lächelte huldvoll. Na, das will ich auch meinen! Daß ihr alle auf mich wartet!
    Galanter Handkuß – mein Gott, jetzt hatte der bullige alte Käpt’n mir heute schon zum drittenmal die Hand geküßt mit seinen fiesen braunen Zähnen! –, und die herumstehenden Herrschaften wurden zu Tisch geführt. Der riesige ovale Tisch stand in der Mitte des Restaurants, und er war prunkvoll geschmückt.
    Hinter jedem Gedeck lagen rosa und weiße Rosen, und siebenarmige Kerzenleuchter spendeten Licht. Es war sehr feierlich und unglaublich gediegen. Kinder, nein, dachte ich, wenn ich das zu Hause in meinem Kirchenchor erzähle! Zum Glück war Gloria, die Journalistin, auch an diesem Tisch. Und Mareike mit ihrem Gemahl. Wir nahmen alle Platz. Ich kam unglücklicherweise neben dem Käpt’n zu sitzen. Gloria, die Glückliche, war neben Fred Hahn plaziert! Die beleidigten Teichhühner saßen auf seiner anderen Seite. Ich vermied jeden Blickkontakt.
    Der Kapitän schwang wieder eine hölzerne, ungeschlachte Rede mit seinem gräßlichen Kohlenpott-Slang, und ich merkte, das Entertainment an sich lag ihm nicht.
    Vielleicht war er ein hervorragender Nautiker. Von Umgangsformen verstand er jedenfalls nichts.
    Bei Avocadobirne mit marinierten Garnelen, überzogen mit Zitronen-Tomaten-Schaum, und Butterbaguette polterte der Kapitän los: »Und Sie sind also ‘ne Opernsängerin, was?!«
    Ich erklärte dem groben Kerl, der kaum ein

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