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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Schulz und keine knackarschige Ballettratte auftaucht und ihn mir wieder nimmt. Er ist so weich wie Wachs in der Sonne. So kann es hundert Jahre bleiben. Ich und die Zeit, wir streichelten die Katze, und die Katze schnurrte, als hätte sie einen elektrischen Rasenmäher verschluckt, und die Fliegen und Schmetterlinge umsummten uns, und ich dachte an das Weiterbildungsseminar »Alles ist möglich« und war ganz sicher, daß dieser Tag der Anfang eines neuen Lebens war.
    »Grrrruuuaaaah! Mbääääähhh! Rrrrööuuuaaaooorrr!!«
    Mit gräßlichem, furchterregendem Gebrüll schlug sich der Oberhäuptling auf die nackte Brust. Dabei riß er die Augen so weit auf, daß ich fürchtete, sie würden ihm aus dem Kopf fallen. Blitzartig streckte er die Zunge raus. Greuliche Drohgebärden schreckten die Horde dicker, schwitzender Touristen ab, die eigens zum spitzgiebligen Versammlungshaus der Maori gekommen waren, um sich anbrüllen zu lassen. Aber es handelte sich hier um eine landestypische volkstümliche Tanz- und Gesangsdarbietung, und so ließen wir uns vorerst leicht eingeschüchtert weiter anbrüllen. Viele Touristen hielten tapfer ihre Videokameras auf die kriegerischen Kämpfer, und ich verschwieg Fred aus taktischen Gründen, daß sich leider auch eine Gruppe Paxe von der »MS Blaublut« unter ihnen befand. Wo die nun wieder hergekommen waren! Wir waren doch die ganze Nacht gefahren, nur um ihnen zu entwischen! Ich entdeckte zu meinem Schrecken auch den Witwer Adlerhorst und die griesgrämigen Teichhühner vom Bord-Swimmingpool. Ach, du Schreck! Da standen auch der Wollsocken-Gangster und seine Gemahlin! Hoffentlich bemerkten sie uns nicht! Sie waren allerdings mit ihren Fotoapparaten beschäftigt. Die drei wirklich gut gebauten Jungmänner vom Stamme der Maori zeigten uns dickbäuchigen Bleichgesichtern mal, wie man Fett verbrennt. Sie sprangen barfuß herum, ihre Drohgebärden kosteten jede Menge Energie, sie tobten und schrien, wedelten mit Schwertern und Dolchen und lieferten sich Schlägereien, wie sie bei uns in Geilenkirchen jeden verwöhnten Schüler hinter seinem Videospiel hervorgelockt hätten.
    Schließlich waren die drei fertig. Der feine Schweiß lief ihnen am sehnigen Körper herab. Ein appetitlicher Anblick, fürwahr. Wir durften nun, nachdem einer von den dicken Bleichgesichtern ihnen zum Zeichen der untertänigsten Unterlegenheit einen Palmenwedel vor die Füße gelegt hatte, durch die niedrige Tür in das marae eintreten. Vorher mußten wir uns die Schuhe ausziehen.
    Meine Nike-Joggingschuhe stopfte ich vorsichtshalber in den Rucksack. Nicht, daß so ein tobendes Ungetüm von Eingeborenem Gefallen daran fände und mich brutal zusammenschlüge, um in ihren Besitz zu gelangen! Gegen so einen sehnigen Maori, der sein Leben lang nichts anderes tat als schreien und hauen, hatte ich wahrscheinlich mit meinem Avci Wing Tsun keine Chance.
    Im schummrigen Licht des Innenraums schienen die geschnitzten Fratzen der Holzpfosten lebendig zu werden. Ich fühlte mich wie in einer Kirche. Andächtig schoben wir uns in die Stuhlreihen. Vorne am Altar standen einige dicke Maori-Frauen in Baströcken, die unvorteilhaft ihre Problemzonen betonten, schwangen ihre rundlichen Hüften und sangen gar lieblich zur Schalmei. Wir Touristen glotzten sie an, und tausend Videokameras waren auf die prallen Maiden gerichtet. Komisch, dachte ich, daß die Kerls so knackig und sehnig sind und die Mädels so fett. Irgendwas machen die falsch. Entweder ernähren sie sich nicht fettarm, oder sie joggen nicht.
    Ich betrachtete die Maori-Schnitzereien am Giebelbalken mit Ahnenköpfen und Spiralornamenten. Es waren wahre Kunstwerke aus der Hand von Meisterschnitzern! Vorne führten die Maori weiterhin ihren Reigen aus lieblichen Gesängen und furchterregenden Kriegsritualen vor. Ich war hingerissen. »Fred«, flüsterte ich, »ich danke dir so sehr, daß du mir das alles zeigst!«
    »Und ich danke dir, daß wir jetzt gehen!«
    Fred drängelte sich bereits durch die Besuchermeute.
    »Aber Fred! Warum denn? Ist doch gerade so spannend!«
    »Scheiße!« zischte Fred. »Das halbe Schiff ist hier!«
    »Na und ...?« rief ich enttäuscht, als ich auf Socken über den Rasen hinter ihm herrannte. »Was ist denn dabei?«
    »Was ist denn dabei, was ist denn dabei?« äffte Fred mich nach. »Ich will EINMAL im Leben unbeobachtet mit einer Frau zusammensein. DAS ist dabei, verdammt!«
    »Steh doch einfach zu mir«, sagte ich geknickt.
    Er aber sprang

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