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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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ins Auto und war für den Rest des Tages beleidigt.
    Dabei WAR er doch jetzt mit mir allein! Wir hätten so toll auf dem Rücksitz knutschen können! Aber Fred war einfach nicht mehr in Stimmung zu bringen.
    Gegen Abend hielt der Fahrer vor einer Schafzuchtfarm.
    »Muß das sein?« fragte Fred sauer.
    »Ach ja! Bitte!« Jetzt war ich einmal in Neuseeland, da wollte ich auch ein paar Schafe sehen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Also machten wir uns auf, stiefelten durch den Matsch und betraten die Stallungen, wo ziemlich viele wollige Viecher in ihren Boxen durcheinanderstanken.
    »O.K.? Hast du’s jetzt gesehen?« Fred wollte schon wieder gehen.
    »Ooh! Wie süß! Da sind Lämmchen!«
    Ich kniete mich zu den zauberhaften Tierchen, deren Stummelschwänzchen wie Propeller rotierten und die gierig an meiner Hand leckten. Ein gutmütiger Farmer, der genauso aussah wie der schöne Pater Ralph aus den »Dornenvögeln«, drückte mir eine Babymilchflasche in die Hand. Ich war hingerissen. Nein, was war Neuseeland toll! Die Lämmchen drängelten sich gierig um mich, stupsten ihre Kollegen beiseite und wollten alle mal einen feinen Schluck aus der Flasche. Fred lehnte lässig am Gatter und sah mir zu. Er hatte wieder seine verspiegelte Sonnenbrille auf, ich konnte nicht ermessen, ob er genervt war oder eventuell doch erfreut. Hättwich mahnte mich, nicht allzuviel Wert auf seine Gemütsschwankungen zu legen. Bestimmt malte er sich gerade aus, wie es wäre, mit mir ein paar Babys zu haben. Ich versuchte, meine Säuge-Nummer so professionell wie möglich abzuziehen, obwohl diese Lämmchen ziemlich aufdringlich waren und kein bißchen in Reih und Glied abwarten wollten, bis sie an der Reihe waren. Ich fand den Job anstrengend und stellte die ekelige angeleckte Flasche unauffällig in die Ecke. Der freundliche Pater Ralph fragte mich, ob ich Lust hätte, ein Schaf zu scheren. »Would you like to cut the sheep’s wool?«
    Klar hatte ich Lust! In Geilenkirchen hatte ich nie Gelegenheit dazu! Allerdings – hätte mich in Geilenkirchen ein Bauer gefragt, ob ich Lust hätte, seine Schafe zu scheren, hätte ich ihm einen Vogel gezeigt und ihm gesagt, er solle seinen Scheißjob gefälligst alleine machen, ich machte meinen schließlich auch! Aber hier, in Neuseeland, da war man so freundlich und hilfsbereit, so locker drauf, so relaxed, da war das was anderes! Ich ließ mir also eine übelriechende fleckige und behaarte Gummischürze umbinden und folgte dem Farmer auf eine Art Bühne. Dieser zerrte ein besonders sperriges Riesenschaf aus seinem Verschlag, packte es beherzt bei den Ohren und schleifte es zu meiner erschrockenen Wenigkeit. Es wehrte sich und bäumte sich auf, es zappelte mit den Hufen und versetzte mir einige unsanfte Tritte an die Gummischürze, und ich wollte mich nicht ungeschickt anstellen oder gar vor Fred blamieren. Anscheinend testete er ja gerade meine Alltagstauglichkeit für ein Leben hier. Jetzt konnte ich kein Weichei sein. Was Fred brauchte, war eine hartgesottene Frau, die trotzdem nicht an Liebreiz einbüßte. So was wie mich halt!
    Also griff ich dem stinkenden Vieh in den verlausten Zottel-pelz, nahm das Rasiermesser und schnippelte ein bißchen an dem zappelnden Schaf herum. Das Schaf aber wehrte sich und stach, half ihm auch kein Weh und Ach! Ich fühlte mich wie der Lehrling vom Dorffriseur in Geilenkirchen. Der Farmer lachte mich mit strahlend weißen Zähnen aus. »Don’t be so shy, young lady! The sheep won’t bite!« Und dann schrie er zu Fred hinüber: »You should make a foto of your wife!«
    Your wife!! Er hielt Fred für meinen Ehemann! Und mich für seine Frau! Wie wunderbar das klang! Ich errötete bis unter die Haarwurzeln.
    Fred schnippte seine Zigarette weg und näherte sich lässig. Wenn er jetzt sagte: »She is not my wife, she is only a stupid Tussi«, dann würde ich tot umfallen.
    Leider wehrte sich das Schaf gerade in diesem Moment so heftig, daß ich nicht verstand, was Fred sagte. Ich schrie ihm zu, der Fotoapparat sei in meinem Rucksack!
    Es strömten ziemlich viele Leute herbei und setzten sich auf hölzerne Bänke. Ich war aber zu beschäftigt damit, die Tritte und Bisse des Schafes abzuwehren, um mir darum Gedanken zu machen. Kurzerhand griff Pater Ralph seinem Opfer mit geschicktem Griff an die Gurgel, drückte gleichzeitig mit dem Unterarm die zuständigen Sehnen des armen Tieres lahm, und dann – ratz, fatz – schor er das Vieh in Null Komma nix nackt.

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