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Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition)

Titel: Mord an Bord: Roman (Allemand) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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noch nett geplaudert?«
    »Laß uns fahren«, sagte ich und ließ mich auf den Rücksitz fallen.
    Gloria! Sie wußte zuviel! Sie wollte meinen Ausrutscher mit Ulrich veröffentlichen! Das mußte ich verhindern. Und zwar noch bevor ich zurück nach Deutschland flog.
    Die Nacht verbrachten Fred und ich in der Puka Bay Lodge, die von einem deutschen Ehepaar bewirtschaftet wurde. Wir saßen noch lange unterm Sternenhimmel auf der Terrasse und ließen unseren Blick schweifen über die Tannen- und Fichtenwälder, hinter denen ein schmaler Streifen glitzernden Meeres hervorlugte. Ich hatte mein knitterfreies Schwarzes an und fühlte mich wunderbar. Hier gab es wirklich weit und breit keinen Bustouristen von unserem Schiff. Auch von der Besatzung war niemand zu sehen. Fred kannte die Hotelbesitzer schon lange, und sie versicherten ihm, daß wir die einzigen deutschen Gäste seien. Fred aß als Vorspeise eine Meeresfrüchteplatte, bestehend aus Green Lipped Mussels, Langusten, Krebsen, Austern und Hoki, und bestellte zum Hauptgang in Basilikum geräucherten Lachs mit Wasabi, einer grünen Meerrettich-Dill-Sauce. Ich konnte keinen Bissen herunterbringen, sondern nippte nur an einem eiskalten neuseeländischen Chardonnay.
    »Wie soll es jetzt weitergehen mit uns?« hörte ich mich fragen.
    Kind! Nicht doch! rügte Hättwich.
    Fred aß mit großem Appetit. Er antwortete nicht.
    Schließlich tupfte er sich den Mund mit der Serviette ab, nahm einen kräftigen Schluck Wein und sagte: »Das überlasse ich dir.«
    »Wie meinst du das?«
    Hättwich zuckte ratlos die Schultern. So was stand nicht in ihrem Drehbuch.
    »Wie meinst du das?« äffte Fred mich nach. Er lehnte sich zurück und zündete sich eine Zigarette an. Den Rauch stieß er in die laue Nacht hinaus. »Schau«, sagte er, indem er in mein Haar griff. »Du willst mich. Um jeden Preis. Stimmt’s?«
    »Ja, Fred«, hauchte ich.
    Fred beugte sich zu mir, rollte meine Haarsträhne zwischen den Fingern und sprach: »Mich haben schon tausend Tussis gewollt. Um jeden Preis. Alle Weiber kommen aufs Schiff, verknallen sich in mich, weil ich ein paar Streifen auf der Schulter habe und auch noch ganz nett sein kann, wenn ich will. Dann rennen sie mir nach wie die Schoßhündchen, dann schieben wir ‘ne Nummer zusammen oder auch nicht, dann kommt der Abschied, da weinen sie und jammern und versprechen, zu schreiben und immer und ewig an mich zu denken, und dann sind sie weg.«
    Er machte eine Kunstpause.
    »Und dann?« flüsterte ich erregt.
    »Und dann ... nix. Dann kommen neue Tussis. So ist das. Ich hab das letztens nicht gesagt, um dich zu kränken. Es ist mein Leben. Seit zwanzig Jahren. Frauen im Drei-Wochen-Rhythmus. Wie soll ich da plötzlich glauben, daß es eine von den vielen Tussis ernst meint.« Er schaute mich mit seinen tiefblauen Augen an, daß mir das Blut in den Adern gefror. Er hörte mit dem Strähnedrehen auf, und plötzlich streichelte er mir mit dem Handrücken vorsichtig die Wange. Sein Gesicht wurde ganz weich, seine Stimme leise, und in seinen Augen schimmerte es plötzlich feucht: »Hm?«
    Sonst nix. Nur »Hm?« – aber dieses fragende, ja fast flehende, hilflose »Hm?«, das drückte alles aus, was ich wissen mußte. Hättwich und ich, wir waren uns einig. Es bedeutete: »Oder bist du etwa die Einzige, Rechte, die stark ist und den Mut hat, durch die Dornenhecke zu reiten, um den einsamen Prinzen endlich aus seinem Eisschloß zu holen? Hm?«
    Und ich war felsenfest entschlossen, genau das zu tun.

Am nächsten Morgen verließ ich bereits um fünf mucksmäuschenstill unseren Bungalow. Wir waren mitten im Wald, der Ventilator über unserem Bett machte das einzige Geräusch, das außer Freds gleichmäßigem Atem zu hören war. Ich hatte keine Sekunde geschlafen. Zu viele Gedanken pulsierten durch meinen Kopf. Mein Leben begann soeben neu! Ich mußte reinen Tisch machen. Und alles aus dem Weg schaffen, was Fred glauben lassen könnte, ich würde nur mit ihm spielen. Gloria! Die Frau quatschte zuviel! Ich hatte mich ratlos unter unserem Mückennetz hin- und hergewälzt. Wie immer in den frühen Morgenstunden überfiel mich ein suchtartiger Bewegungsdrang. Also joggen!
    Mit dem Weiterbildungsseminar aus dem Rusch-Verlag »Alles kein Problem« auf den Ohren trabte ich durch die köstlich duftende Morgenluft. Die Welt draußen war wie ein Schwarzweißfoto – die Farben schliefen noch. Es war ein verwunschenes Feriendörfchen auf der Coromandel-Halbinsel mit

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