Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
drängelten und willkürlich durcheinander schrien. Der Empfangschef zuckte mit den Schultern und entschuldigte sich.
Langsam wuchs ihm die Sache über den Kopf.
Nachdem Rauscher sich die anderen Räume im Health-Center angeschaut und außer weinenden Balinesinnen nichts entdeckt hatte, ging er wieder hoch in die Empfangshalle. Hier konnte er nichts unternehmen, also schrieb er wieder eine SMS: „Hallo Liebesperle. SOS. Alarmstufe rot. Noch ein Toter. Hier herrscht Chaos. Jetzt wird’s kritisch. Ich fürchte, das könnte nicht der Letzte gewesen sein. Es wird Zeit, dass mir was Gescheites einfällt. Tausend Bussis.“
In diesem Augenblick kam auch Doris Maurer die Treppe herunter, von den Schreien angelockt.
„Was läuft denn hier? Sind die denn alle wahnsinnig geworden?“
„Bayan liegt im Massage-Center. Tot. Erdolcht, genau wie Ihr Bruder.“
„Ach du liebe Zeit. Scheint ja gefährlicher zu sein, als man denkt, dieses Hotel. Mir ist das Abendessen gerade vergangen. Lassen Sie uns morgen beim Frühstück reden. Dann erzähle ich Ihnen alles, was Sie wissen wollen.“ Rauscher hätte sie gerne aufgehalten, denn er brauchte dringend ein paar Informationen über Maurer. Details aus seiner Vergangenheit. Aber er konnte Doris Maurer zu nichts zwingen.
„Na gut, also bis morgen früh.“ Sie verabschiedete sich von ihm und ging hoch in ihr Zimmer.
Rauscher ging in den Speisesaal, aß schnell und ohne großen Appetit. Während des Essens versuchte er, nicht dauernd an den zweiten Mord zu denken. Es misslang. Den Nachtisch ließ er stehen und ging früh schlafen. Morgen wollte er fit sein. Er brauchte einen Erfolg, wenigstens einen kleinen. Irgendetwas, woran er sich festhalten konnte. Ohne eine Spur kann man keinen Mörder finden, dachte er. Wer immer es gewesen war, er musste ihm auf die Schliche kommen.
Draußen herrschte dunkle Nacht. Und irgendwo da draußen war er, der Mörder. Was trieb ihn an? Rache? Geld? Macht? Liebe? Und vor allem: Würde er weiter töten?
Vierter Urlaubstag
1.
„Was hat eigentlich dieses ‚Seesaw' auf Ihrem T-Shirt zu bedeuten?“ Doris Maurer grinste und blickte an sich herunter.
„Das ist der Name einer Band aus Hanau-Steinheim, die ich gern höre. Ein paar durchgeknallte Jungs, die zwei Top-Ten Hits hatten. In Belgien, glaube ich, oder Holland.“ Rauscher rief den Kellner und bestellte noch Kaffee nach. Er köpfte sein Frühstücksei, salzte und aß es. Dazu Toast mit Käse. Doris Maurer nahm vorlieb mit einem ordentlich belegten Obstteller. Sie stand auf, lief zwei Tische weiter und klaute sich eine Serviette. Auf der Rückseite ihres T-Shirts war eine große Anaconda abgebildet, die sich vor dem Betrachter aufstellte und böse zischte. Passt zu ihr, fand Rauscher.
„Ich muss Ihnen was erzählen, Herr Kommissar.“
„Sagen Sie doch Andreas zu mir.“
„Also gut, Andreas. Ich heiße übrigens Doris. Gestern Nachmittag, als ich ins Zimmer gegangen bin, habe ich jemanden gesehen, den ich kenne – von früher.“
„Wen denn?“
„Ich weiß leider nicht, wie er heißt, aber er ist ganz leicht zu erkennen. Er hat einen sehr markanten Oberlippenbart, so an der Seite nach oben gerollt.“
„Der Zwirbelbart. Woher kennst du ihn?“
„Früher hatte er öfters mit meinem Bruder zu tun gehabt. Wieso weiß ich nicht. Entweder ist er ein alter Jugendfreund von Horst oder ein Ex-Kollege von
Siemens
. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Ist schon so lange her. Bestimmt über zehn Jahre. Aber mir kam es komisch vor, dass der hier plötzlich auftaucht.“
„Den kenne ich auch“, sagte Rauscher, „am Abend vor dem Mord trafen wir ihn an der Poolbar. Es schien ihm gar nicht recht zu sein, dass ich mich mit deinem Bruder unterhielt. Und dein Bruder ignorierte ihn einfach. Das kam mir gleich verdächtig vor.“ Doris Maurer schmierte sich einen Toast mit etwas Butter und Marmelade. Der Kellner kam an den Tisch und goss Tee nach. Im Frühstücksraum waren mittlerweile fast alle Tische besetzt. Die meisten Urlauber wirkten sehr entspannt, und so wie es aussah, hatten sie den gestrigen Mord einigermaßen gut weggesteckt. Vielleicht hatten manche den späteren Abend aus lauter Verzweiflung genutzt, um ordentlich einen drauf zu machen. Wie auch immer: Hier im Hotel galt jedenfalls die Parole “the show must go on“.
„Hast du eine Erklärung für den Mord an deinem Bruder? Ich meine, vielleicht hatte er Feinde hier? Oder er war in irgendwelche Sachen
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