Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
Duftstäbchen glühte und verströmte den Geruch von Weihrauch.
„Na, Andreas? Hast du Lust zu erfahren, was dir die Zukunft bringt?“
„Nein, lass mal. Ist nicht so mein Fall. Diese Spiritisten oder wie die heißen und dieser ganze Hokuspokus, da glaube ich nicht dran. Die wollen doch nur an unser Geld.“
„Ach komm, gib dir mal einen Ruck. Sei nicht so skeptisch. Was ist schon dabei? Ganz Asien ist voller Wahrsager, Hellseher, Wunderheiler, Magier und Schamanen. Die gehören einfach dazu. Du musst ja nicht dran glauben.“
Rauscher hatte schon Interesse zu erfahren, wie es mit ihm und Lena weitergehen und wie sich seine berufliche Situation entwickeln würde. Aber er wollte sich auch nicht zum Gespött machen. Kurze Zeit rang er mit sich, weil er diesem Wahrsage-Firlefanz von jeher distanziert gegenüberstand, aber dann siegte seine Neugier.
„Du hast recht. Was ist schon dabei“, sagte er und trat ein. Doris Maurer lächelte über die plötzliche Sinneswandlung, blieb draußen und wartete auf ihn.
Drinnen saß ein alter, geschorener Balinese. Ziemlich ausgezehrt sah er aus: knochiges Gesicht, abgearbeitete Hände, sonnengegerbte Lederhaut, umhüllt von einem braunen, abgetragenen Gewand. Er blickte Rauscher mit einer Freundlichkeit an, die tief von innen kam und wies ihm mit einer kleinen Geste an, sich gegenüber auf den Boden zu setzen. Zwischen beiden stand nur ein kleiner Schemel, den der Wahrsager als Tisch benutzte. Rauscher setzte sich im Schneidersitz hin und war gespannt, was ihn in den nächsten Minuten erwarten würde. Er sah sich um. Es war düster. Er erkannte ein Bild des Wahrsagers an der Wand. Darunter stand das Wort „Pak“. Vielleicht sein Name, dachte Rauscher.
Daneben zierte ein Wandteppich mit einer großen Schildkröte den Raum. Die Schildkröte symbolisiert in der asiatischen Mystik den Kosmos, erinnerte sich Rauscher im Reiseführer gelesen zu haben. Sie galt seit alters her als das Tier der Wahrsagekunst.
Auch hier drinnen gab es einen kleinen Tempel, vor dem verschiedene Opfergaben lagen. Im Hintergrund lief leise, beruhigende Musik. Sie klang so ähnlich wie diese in Deutschland modernen, mystischen Ethno-Klänge, die bei Esoterikern so beliebt waren. Nicht gerade vertrauenerweckend, dachte Rauscher.
„Ich habe auf dich gewartet“, sprach der Wahrsager in perfektem Englisch. Nicht gerade originell, sagte sich Rauscher, nickte freundlich und dachte, was sollte er auch anderes sagen.
Dann sah er dem Wahrsager in die Augen. Er wirkte sehr ruhig, ausgeglichen, konzentriert. Der Wahrsager nahm Rauschers rechte Hand und schaute sich die Innenseite an. Er fuhr mit dem Zeigefinger einige Linien entlang und nickte hin und wieder mit dem Kopf. Dann schob er mit dem rechten Zeigefinger Rauschers Augenlid leicht nach unten, so dass er den ganzen Augapfel sehen konnte. Nach einer Minute nickte er wieder leicht mit dem Kopf. Danach berührte er die Wangenknochen und tastete Rauschers Schläfen ab. Wieder nickte er. Dann reichte er ihm einen Zettel und forderte ihn auf, seinen Geburtstag und seine Geburtsstunde aufzuschreiben. Nachdem Rauscher die Zahlen notiert hatte, nahm der Wahrsager den Zettel wieder, schrieb selbst einige Zahlen darauf und es sah so aus, als ob er rechnete. Dann nickte er wieder mit dem Kopf. Die Stille wurde Rauscher langsam unheimlich, und er ärgerte sich schon, diesem Quacksalber auf den Leim gegangen zu sein. Er hasste Inszenierungen, diese bedeutungsschweren Rituale, Schauspielerei, die eigens für die Touristen hier aufgeführt wurde. Rauscher hätte auf seine Skepsis hören und nicht auf dieses Touristentheater eingehen sollen.
Doch was dann kam, nahm ihm den Atem. Der Wahrsager hob beide Hände Richtung Himmel, machte eine verbeugende Geste und fing an zu reden. Seinem Englisch merkte man an, dass unter seinen Kunden viele Australier und Amerikaner waren. Er sprach langsam und leise und Rauscher traute seinen Ohren nicht:
„Du bist knapp dem Tode entkommen. Vor drei Jahren.“ Rauscher rutschte unruhig auf seinem Hintern hin und her, denn das stimmte genau. Aber woher wusste der Wahrsager das?
Lenz und er waren damals zu Fuß hinter einem bewaffneten Bankräuber her. Während der Verfolgung trieben sie ihn in eine Sackgasse. In einem Anfall von Übermut verließ Rauscher die Deckung und schoss auf ihn. Die Kugel verfehlte ihr Ziel, aber der Bankräuber schoss zurück und erwischte Rauscher mit drei Kugeln direkt auf der Brust. Durch die Wucht der
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