Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
sich an diesem tropischen Meerespanorama nicht satt sehen. Dieses Südsee-Flair gefiel ihm immer besser. Nur dieser Schwüle konnte er nichts abgewinnen. Mit der Zeit fiel ihm das schweißtriefende Wetter zusehends schwerer. Die Jagd in der Nacht ging ihm nicht aus dem Kopf. Vielleicht hatte Padang recht, und er hätte ihn zu Hilfe holen sollen. Gegen die beängstigende Stille hier in der Hotelanlage wirkte das dröhnende Nachtleben von Kuta wie die unwirkliche Wirklichkeit unserer heutigen Zeit. Alles nebeneinander, alles dicht gedrängt: Laut und leise. Schnell und langsam. Arm und reich. Tradition und Moderne. Leben und Sterben.
3.
Gegen Abend verließ Rauscher das Appartement. Er fühlte sich besser, wollte etwas Luft schnappen und einen kleinen Spaziergang machen. Immerhin war er seit drei Stunden nicht auf dem Klo gewesen, und sein Magen rebellierte nicht mehr bei jedem Schluck oder Bissen.
Er ging ein Stück an der Promenade entlang. Der Strand machte nach fünfhundert Metern einen Knick, und Rauscher schaute aufs Meer. Die Behörden hatten weit draußen große Betonklötze als Wellenbrecher platziert. Das verschandelte die ansonsten pompöse Aussicht. Die Sonne stand bereits etwas tiefer und war gerade im Begriff, vom strahlenden Gelb ins gedämpftere Orange überzugehen. Die Luft war immer noch stickig. Von Regenwolken keine Spur.
Dieses andauernde Warten auf die Regenzeit kann einen wahnsinnig machen, dachte Rauscher.
Er bog ab, weg vom Strand, ein kleiner Weg führte ihn zur Hauptstraße. Er kam an einem gepflegten Hotel-Grundstück vorbei, auf dem ihn überall duftende Hortensien anlachten und die Blüten des Maulbeerbaums sprießten. Zwischendrin standen kleine Bäumchen, behangen mit prallgelben Zitronen.
An der nächsten Ecke gab es einen Zeitschriftenladen. In einem Ständer steckten mehrere Tageszeitungen. Rauscher sah sie durch. Es war keine deutsche dabei.
Da stockte er plötzlich.
Auf der ersten Seite der Zeitung „The Australian“ prangte eine große Überschrift: „Bali Sex Games“. Er nahm die Zeitung heraus und las kurz weiter. Dann kramte er etwas Kleingeld aus der Tasche, bezahlte die Zeitung und ging weiter bis zur nächsten Ecke. Dort setzte er sich auf ein kleines Mäuerchen und las den ganzen Artikel.
Die Zeitung berichtete über einen internationalen Kinderschänder-Ring, dessen Zentrum Bali, die „Insel der Götter“, sei. Balinesische Kinder wurden entführt und mit Drogen gefügig gemacht. Amerikaner, Australier und Europäer kauften sich die wehrlosen Kinder für ihre perversen Spiele, berichtete die Leiterin der Kinderschutzorganisation „Crisis Care Foundation“. Ihren Recherchen zufolge würden zur Zeit immer noch hunderte von Kindern aus Dörfern im Norden Balis vermisst. In einigen Fällen würde auch einfach die Familie für die Dienste der Kinder bezahlt. Haupteinsatzgebiete der Kinder seien die Touristenorte Kuta, Sanur und die Hauptstadt Denpasar.
Rauscher las den Artikel noch einmal, denn er konnte es gar nicht glauben. Sein Bild von Bali krachte mit einem Mal zusammen.
Also doch: Waren etwa die Kinder, die er in diesem Bordell gesehen hatte, die gesuchten Kinder? Hatte Rusli, den er damals verfolgt hatte, etwas mit den Morden zu tun? Er musste der Sache auf den Grund gehen und machte sich auf den Rückweg ins Hotel. Gleich morgen würde er nachbohren.
Dann schrieb er noch eine SMS an Lena: „Die Sonne hat mir mein Hirn verbrannt. Ich kann nicht mehr denken. Was ich gerade erfahren habe, übersteigt meinen Verstand. Dein Liebesdiener.“
4.
„Madé, ich finde dich.“
Der Zwirbelbart schlich sich auf das Gelände des Grand Hotel Bali Beach. Es war Nacht und wollte einfach nicht abkühlen. Gegen ein Uhr verharrte der Zeiger des Thermometers konsequent auf 29 Grad Celsius. Nur die Lichter der wenigen, dämmerigen Laternen schienen. Auf den Tischen der Poolbar waren Kerzen aufgestellt. Dort flackerte das Licht etwas heller.
Sein Objekt der Begierde hieß heute Nacht Madé. Er wollte herausfinden, ob Maurer ihr etwas von dem Verbleib des Geldes erzählt hatte. Er hatte die beiden in jener Nacht beobachtet. Maurer hatte Madé zu ihrer Kammer zurückgebracht, sie umarmt und sich mit einem innigen Kuss von ihr verabschiedet.
„Madé, ich finde schon raus, wo das Geld geblieben ist“, sprach der Zwirbelbart vor sich hin und ging um das Hotel herum, zu den Zimmern der Bediensteten.
„Es ist mein Geld, Madé. Ganz allein mir gehört es. Ich habe es
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