Mord auf Bali: Ein Urlaubs-Krimi (German Edition)
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Erst gegen zehn Uhr morgens war er für ein paar Stunden eingeschlafen. Magen und Darm machten ihm hin und wieder zu schaffen. Doris Maurer kümmerte sich um ihn, brachte ihm Tee und eine Suppe, von der er aber nicht viel essen konnte. Danach ging sie in Begleitung des Hilfspolizisten ins Health-Center, um im Whirlpool etwas auszuspannen und sich sanftasiatisch massieren und verwöhnen zu lassen.
Später dann, schon Nachmittag, schleppte sich Rauscher vom Bett auf den Balkon und genoss die Aussicht aufs smaragdblaue Meer. Sein Blick schweifte über die Lagune und die Korallenbänke. Bunt gestrichene Fischerboote lagen am Ufer im Sand. Er grübelte weiter, als er plötzlich einen Gecko hörte.
„Shiva? Das gibts ja nicht. Du bist mir gefolgt? Wie hast du mich wieder gefunden? Ich wollte mich ja in meinem alten Zimmer von dir verabschieden, hab dich aber nicht gesehen.“
Es war wieder einer dieser Tage voller Sonne auf Bali. Rauscher kam sich vor wie im Backofen. Das lag nicht nur an den tropischen Gluttemperaturen, sondern am Fieber, das immer noch leicht in seinem Körper schwelte. Am Horizont machte er ein Boot aus. Das weiße Segel leuchtete wie ein sonniger Morgen, aber Rauscher war melancholisch gestimmt.
„Ach Shiva, was hatte ich mir vor dem Urlaub alles ausgemalt. Ankommen. Die Gedanken wandern und die Seele baumeln lassen. Ruhe finden und Erholung. Und jetzt? Jetzt fühl ich mich genauso zerrissen wie hier die Balinesen. Nur dass ich nicht zwischen Religion und Tourismus, zwischen asiatischer Weisheit und westlichem Kapitalismus hin- und hergerissen bin, sondern zwischen Job und Urlaub, Stress und Erholung, Hoffnung und Ernüchterung.“ Er nahm einen Schluck Wasser aus der Flasche.
„Ich weiß nicht mehr, was ich eigentlich will. Da kommt man nach Bali und denkt: Wow, ein absolutes Paradies. Ich glaube, ich träume. Alles sieht so toll aus, wirkt so natürlich, die Menschen so freundlich. Und jetzt? Man darf einfach nicht dahinterschauen. Die sind hier mindestens genauso kaputt wie wir. Verdammt nochmal. Gibt’s denn nirgends mehr … ja was eigentlich? Was suche ich eigentlich in dieser verfluchten Welt?“ Der Gecko ließ keinen Laut hören. Dann dichtete er eine SMS an Lena: „Hallo, mein Goldstern. Mein Magen schmerzt, mein Herz schreit, mein Kopf brummt, mein Körper fiebert, meine Seele ist zerrissen. Ist das die Krankheit Heimweh, die mich befallen hat?“
Doris Maurer kam zurück ins Appartement. Bester Laune war sie, sah aus wie das blühende Leben. Das hatte Rauscher jetzt gerade noch gefehlt, denn er wollte seine Ruhe haben.
„Wie geht’s dir?“
„Geht so.“
„Nicht sehr gesprächig heute, der Herr.“
Diese Art von Frauen konnte er einfach nicht ab, und deshalb reagierte er darauf nicht.
„Na ja“, sagte Doris Maurer, „ich lass dich ja schon in Ruhe.“ Sie setzte sich hinein, lehnte die Balkontür an, schaltete die Klimaanlage auf „mid“ und genoss die angenehme Frische, die ihr entgegenströmte. Rauscher betrachtete sie eine Weile, ließ sich dann aber wieder in seine Gedanken fallen.
„Shiva, Shiva. Warum sind Männer und Frauen eigentlich so verschieden? Kannst du mir das erklären? Es könnte doch alles so einfach sein. Aber nein. Lena zum Beispiel. Sie geht mir ja selten auf die Nerven. Aber manchmal, da verstehe ich sie einfach nicht. Zum Beispiel wenn's um Klamotten geht. Sie meint immer, dass andere Frauen schöner, besser, hipper angezogen sind. Dabei find ich, sie zieht sich super an. Nicht so wie die Girlies, aber sie ist ja auch keine vierzehn mehr. Aber über das Thema kann man einfach nicht mit ihr normal reden. Wenn sie unzufrieden ist, ist sie's halt.“ Der Gecko krabbelte ein Stück an der Mauer entlang mit winzigen, zuckenden Bewegungen. Kaum wahrnehmbar für das menschliche Auge.
„Tschuldigung Shiva. Ich nerve dich bestimmt mit meinem Quatsch. Aber ich musste mal mit jemandem sprechen. Danke, dass du mir zugehört hast.“
Shiva hob sanft den Kopf. Die Augen zuckten hin und her und schwupp, war der Gecko in einer Mauerritze verschwunden. Als Rauscher wieder hineinging, fragte ihn Doris Maurer:
„Bist du wieder ansprechbar?“
„Ja, schon.“
„Na dann ist ja gut. Was ist denn eigentlich heut Nacht passiert? Ich meine, warum bist du erst am Morgen gekommen?“
„Hab den Zwirbelbart verfolgt. Er war in Kuta unterwegs. Der Typ ist mir aber leider entwischt.“
„Schade. Warum hast du ihn nicht einfach
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