Mord auf Raten
Richtung, ich meine, nach vorn oder nach hinten?«
»Ich bin da mal durch Zufall drauf gestoßen. Ich habe nachmittags um drei ein Kleid gekauft, aber auf dem Kassenzettel war sechzehn Uhr noch was vermerkt. Danach hab ich das ein paar Mal kontrolliert, und auf einigen dieser Bons stand nicht die wirkliche Zeit. Lass bei Hugendubel die Uhr in der Kasse um zehn Minuten oder eine Viertelstunde vorgehen … Allerdings heute, wo alles computergesteuert ist.«
»Interessant. Wir überprüfen das. Jedenfalls behauptet Wedel, danach auch angeblich etwas gegessen zu haben und wieder in die Galerie gefahren zu sein, wofür es natürlich keine Zeugen gibt. Aber was um alles in der Welt ist so dringend daran, nach Frankfurt zu fahren, um sich ein paar Klamotten und ein Buch bei Hugendubel zu kaufen? Das hätte er doch auch heute oder am Montag machen können? Dafür versetze ich doch nicht in letzter Minute meinen besten Freund, sondern sage ihm rechtzeitig Bescheid. Außerdem würde ich meine Bücher bei Gondrom kaufen, das ist bei Wedel praktisch gegenüber. Fakt ist, er hätte ab halb acht genügend Zeit gehabt, in die Parkstraße zu fahren, wo er sich vielleicht mit Kaufung verabredet hatte. Klingt das logisch?«
Andrea hatte aufmerksam zugehört und meinte nach einer Weile: »Alles, was du sagst, klingt logisch. Es fehlt nur etwasEntscheidendes – das Motiv. Warum hätte er sich für acht mit Kaufung in dessen Praxis verabreden sollen, wenn er schon den ersten Termin nicht wahrgenommen hat? Und wenn eure Spurensicherung keine Hinweise findet, die darauf hindeuten, dass Wedel gestern Abend dort war, oder wenn nicht zufällig noch jemand auftaucht, der Wedel dort um die fragliche Zeit gesehen hat, stehst du wieder am Anfang.«
»Hast du unter den Fingernägeln nachgeschaut?«
»Ganz kurz geschnitten, er hat offenbar eine Maniküre gehabt, keine Fasern oder Sonstiges. Und ich muss dich noch weiter enttäuschen, es gibt auch keinerlei Hinweise, dass es vorher zu einer Auseinandersetzung gekommen ist. Sorry.«
»Die KTU hat auch nichts ergeben«, sagte Brandt. »Scheiße! Warum hat keiner was gesehen?! Es kann doch nicht angehen, dass im Hochsommer, wenn die Sonne noch scheint und die Straße und der Park noch voller Menschen sind, keiner etwas gesehen haben will! Ich kapier das nicht!«
»Warum bist du eigentlich so auf Wedel fixiert? Ist er dir unsympathisch?«
»Blödsinn!«
»Er ist dir also unsympathisch«, entgegnete Andrea lapidar. »Und warum ist er es?«
»Keine Ahnung«, sagte Brandt mürrisch. »Der ist so ein Typ, den man nicht greifen kann. Aalglatt und … Woher weißt du eigentlich immer, was ich fühle oder denke?«
»Weibliche Intuition, Feingefühl, der sechste Sinn, such dir was raus.« Sie lächelte ihn verschmitzt an. »Ihr Männer könnt euch eben nicht verstellen, im Gegensatz zu uns. Wir sind euch da einen Riesenschritt voraus.«
»Hahaha!«
Andrea setzte sich zu ihm auf die Sessellehne und kraulteseinen Kopf. »Ach komm, Schatz, du bist doch die große Ausnahme. Ich spreche ja von den andern Männern, die mit dir gar nicht mithalten können. Denk nur an unsern ersten richtigen Fall und wie du den gelöst hast. Das war mehr als nur Intuition und Feingefühl.«
»Meinst du das jetzt ernst, oder willst du mich verarschen?«
»Nein, diesmal will ich dich ausnahmsweise nicht verarschen.«
»Weißt du was? Ich würde jetzt am liebsten mal zu Hugendubel fahren und mir ein Buch kaufen. Kommst du mit?«
»Aha, der Wolf hat die Fährte aufgenommen. Klar komm ich mit. Auch wenn ich eigentlich hundemüde bin, doch das interessiert hier ja keinen. Aber den Abend verbringen wir gemütlich zu Hause. Entweder hier oder bei mir. Wir könnten uns eine DVD ausleihen, uns eine Pizza kommen lassen und dazu einen schönen Rotwein trinken. Was hältst du davon?«
»Von mir aus.«
»Von mir aus, von mir aus! Willst du unbedingt weggehen?«
»Nein, ich find den Vorschlag gut, ehrlich. Was für einen Film denn?«
»Das können wir entscheiden, wenn wir in der Videothek sind. Ich zieh mir nur schnell was an, dann können wir los. Du hast ganz schön Glück, dass die Geschäfte in Frankfurt auch am Samstag erst um acht schließen und nicht wie in diesem Kaff schon um vier. Das ist der Unterschied zwischen einer Weltstadt und einem Dorf«, sagte sie und verschwand mit wackelndem Hintern im Schlafzimmer.
»Ja, ja, gib’s mir nur«, brummte er und folgte ihr, um sich ebenfalls etwas anzuziehen.
Eine halbe
Weitere Kostenlose Bücher