Mord Im Kloster
darüber?«
»Er hatte ganz Recht! Der Tempel wird aufgelöst. Denn das Königshaus von Frankreich braucht Geld. Viel Geld! Und Ihr habt es, Templer. So einfach ist das.«
»Aber das ist undenkbar, einfach lächerlich. Man kann den Tempel nicht einfach auflösen. In Frankreich stehen fünftausend unserer Ritter unter Waffen. In England sind es zweitausend. Mit welcher Armee wollen König und Papst das bewerkstelligen?«
»Mit keiner Armee. Mit Unterwanderung. Eines Tages wird der Tempel in sich zusammenfallen, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Tempel von London ist der erste. Es wird ein Fanal für den Absturz einer ketzerischen Bewegung sein. Er wird einstürzen wie morsches Mauerwerk. Es bleiben nur noch Trümmer, in die Hunde pissen.«
Henri fühlte nun doch einen kalten Schauer im Nacken. »John Sandys?«
Javierre nickte selbstgefällig. »John Sandys, jawohl! Und noch ein paar andere, bedeutendere, die mithelfen, dass daraus eine ganz große Sache wird. Denn unsere Zeit ist reif für große und kühne Sachen. Das Untere wird nach oben gekehrt.«
»Aber die Bauhütten machen Euch einen Strich durch die Rechnung. Sie spielen bei solchen Dingen niemals mit, es würde ihr Ruin sein.«
»Die Bauhütten? Wer spricht davon? Sie erfahren nichts davon. John ist ein Einzelgänger. Nach seiner Tat wird er beseitigt.«
»Wo Ihr nun schon so freundlich seid, offen über alle diese Dinge zu reden, da sagt mir doch, Javierre de Bastard, ob Ihr am Tod der drei Benediktiner schuldig seid.«
»Aber gewiss!«
»Ihr gebt es zu?«
»Aber ja! Warum nicht! Wollt Ihr mich jetzt verhaften lassen?«
»Ich werde es versuchen.«
»Mein Freund, Ihr verkennt die Lage. Seid froh, wenn ich Euch nicht einfach aus dem Verkehr ziehe. Ihr habt keinerlei Rückhalt mehr! Geht, wohin Ihr wollt, niemand wird Euch mehr glauben oder Euch helfen. Wir, wir ganz allein, sind die Herren von England.«
»Seid Ihr nicht ein bisschen voreilig? Ich kann Euch als unliebsamen und verdächtigen Ausländer an die Behörden übergeben.«
»Versucht es!«
Die Selbstsicherheit Javierres machte Henri stutzig. Würde so jemand sprechen, der nur bluffte? Und hatte er nicht selbst erfahren, dass der Sheriff es ablehnte, sich mit den Untaten im Kloster zu befassen?
»Ist Robin Gilmour-Bryson Euer Mann?«, fragte er.
»Natürlich.«
»Wo befindet er sich in diesem Moment?«
»Aber Henri! Das ist doch unwichtig! Was beschäftigt Ihr Euch mit abseitigen Dingen? Soll ich Euch verraten, womit Ihr Euch dringend zu beschäftigen hättet?«
»Von mir aus.«
»In diesem Moment, mein werter Tempelritter, tritt das Quo waranto -Verfahren in Kraft. Ihr kennt es nicht? Das wäre auch nicht möglich. Niemand kennt es – außer dem König. Und mir.«
»Erklärt es mir also.«
»Wir haben durchgesetzt – im Stillen natürlich, wie alle großen Dinge – dass alle Gerichtsbarkeit vom König auszugehen habe. Wir haben die Reiserichter beauftragt, von allen Gerichtsinhabern eine Erklärung einzufordern, aufgrund welcher Rechtstitel sie derartige Rechte ausüben. Wir erkennen ab heute nur noch königliche Privilegien oder ein nachweisbar bis in die Zeit vor 1189 zurückreichendes Gewohnheitsrecht an. Und die Folge? So gut wie kein Gerichtsinhaber kann seinen Rechtstitel in urkundlicher Form nachweisen! Also werden die betroffenen Rechte für die Krone eingezogen.«
»Das bringt Geld.«
»Sehr richtig. Und noch viel mehr. Wir bestimmen bis in jede Einzelheit, und zwar per Gesetz, was in diesem Land zu geschehen hat. Wir ordnen ganz rechtmäßig den Untergang dieses Landes an.«
»Aber das alles ist doch Unsinn! Wenn Ihr im Auftrag des französischen Königs handelt, wird doch der englische König Edward niemals Eurem Treiben zustimmen! Das sind doch völlig unvereinbare Interessen!«
»Barone, Lords und Overlords werden enteignet, das Parlament aufgelöst. Damit ist der englische König in seinem Land allmächtig. Und wir verhelfen ihm dazu. Und dann übernehmen wir das Land aus seinen Händen. Das ist die Interessenlage. Ist das nicht wunderbar?«
Henri konnte dem Normannen nur zuhören. War dieser Mann ein Narr? Oder einfach nur gefährlich? Henri entschied sich für die zweite Möglichkeit.
»Diese Untersuchungen«, sagte er, »werden bei den Baronen auf wenig Gegenliebe stoßen. Werden sie gezwungen, die Beweislast über die Rechtmäßigkeit ihrer Privilegien allein zu tragen, dann werden sie sich widersetzen. In England ist der Ungehorsam ein
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