Mord Im Kloster
ich darum bitte. Ich werde Jenny Sandys finden.«
Zunächst suchte Henri das Gildehaus der Handelsherren auf. Er wäre lieber sofort zum römischen Kastell gegangen, aber die Sorge um Jenny ließ das nicht zu.
Der Handelsherr von Hertford war ein leutseliger Mensch namens Eastrington, der aus Huntingdon in Cambridgeshire kam. Henri konnte seinen Redefluss nicht stoppen, und so schwärmte der rotgesichtige Kaufmann von seiner Heimatstadt, wo er seine Frau im Kloster der Benediktinerinnen kennen gelernt und eines Tages bei Nacht und Nebel daraus entführt hatte. Sie waren glücklich geworden. Auch in Huntingdon gab es Überreste eines römischen Grenzkastells, und so fühlte sich Eastrington hier in Hertford fast wie zu Hause.
»Ich suche Javierre de Bastard«, konnte Henri schließlich sagen.
»Oh ja, oh ja, ein interessanter Franzose!«, hakte der Handelsherr sofort ein und hob den Zeigefinger. »Hat große Pläne. Aber ob sie alle zu verwirklichen sind? Ich weiß nicht. Jedenfalls, um weiterzuerzählen…«
»Wo finde ich ihn?«
»Ihr könnt hier warten, bis er zurückkommt. Sein Besuch in Broxbourne beim dortigen Earl kann nicht ewig dauern. Wartet hier auf ihn. Ich erzähle Euch inzwischen von Cambridgeshire – ein gesegneter Flecken Erde, das kann ich Euch sagen. Als ich meine Frau kennen gelernt hatte und sie…«
Henri griff nach der Hand des Handelsherrn, dankte ihm, kündigte seinen Besuch für später an und verschwand.
Auf der gewundenen Gasse musste er einer Schar schreiender Gänse ausweichen, die mit ausgebreiteten Flügeln schnell auf ihn zukamen. Eine schnappte nach ihm, und Henri versetzte dem Federvieh einen Fußtritt.
Was tun?, dachte Henri. Wo kann ich ansetzen? Die Geschäfte der Handelsherren gehen mich nichts an. Es sei denn, einer von ihnen benutzte Jenny Sandys als Geisel, um irgendetwas in seinem Sinne durchzusetzen. Was könnte das sein?
Es hilft nichts, dachte er, ich muss mich an Javierres Fersen heften, sonst finde ich Jenny niemals. Dann kam ihm der Gedanke, noch einmal zu dem Gasthaus zu gehen, in dem der Kampf zwischen Neville und Robin stattgefunden hatte. Vielleicht konnte ihm der Wirt etwas Wichtiges sagen. Der verletzte Neville hatte ihn nicht danach gefragt.
Als Henri dort ankam, wischte der Wirt gerade mit einem großen Tuch den Boden auf. Er stemmte die Arme in die Hüften wie eine Waschfrau und keifte:
»Eine Sauerei! Konnte dieser Templer sich nicht einen anderen Platz aussuchen? Seid Ihr auch Templer? Ich sehe das doch an Eurer Kleidung! Was wollt Ihr – noch einen Mord?«
»Redet keinen Unsinn, Mann«, sagte Henri. »Ich möchte alle Eure Räume sehen – auch die geheimen.«
»Ich habe keine geheimen Räume, was denkt Ihr Euch denn! Soll hier in Eurer Vorstellung ein Hurenhaus sein, oder was?«
»Ich suche nach einer jungen Frau, die in Begleitung von Robin Gilmour-Bryson war. Kennt Ihr sie?« Henri beschrieb Jenny so genau wie möglich.
»Nie gesehen.«
»Wer wohnt sonst noch in der Herberge?«
»Nur ein junges Paar aus Blanchland. Sie besuchen gerade seinen Vater, der alte Hinchingbrooke ist unser Friedhofsgärtner.«
»Zeigt mir die Räume.«
Der Wirt machte ein wütendes Gesicht, folgte Henris Aufforderung aber. Wie er gesagt hatte, waren fünf Räume unbewohnt, nur im sechsten lagen verstreut die Sachen des Paares aus Blanchland. Henri besah sich alles ganz genau, aber darunter fand sich nichts Verdächtiges.
»Jetzt den Keller und die anderen Räume unten.«
Auch diesmal folgte der Wirt. Machte dabei aber ein höhnisches Gesicht. Henri konnte auch hier nichts Verdächtiges entdecken. Im Keller roch es feucht und modrig, obwohl er trocken schien, in einem Verschlag lagen gestapelt leere Fässer. Von hier ging jedenfalls kein geheimes Verlies ab.
»Wie lange wohnte Master Robin schon bei dir?«
Der Wirt erklärte es Henri. Es gab daran nichts Merkwürdiges. Robin hatte sich eingeschrieben und im Voraus für zwei Wochen bezahlt. Angeblich war er ein gewerblicher Ausgräber und wollte das römische Kastell erkunden. Diese Lüge verwunderte Henri denn doch.
»Wo kann sich im Ort eine junge Frau versteckt halten, die vor ihrem Mann geflohen ist, der sie schlägt?«, fragte Henri.
»Gibt es so was? Na, ich weiß nicht. Die Männer hier sind doch alle feige. Die betrinken sich eher mit Apfelschnaps. Frauen sind es doch, die den Ton angeben. Die schlägt doch keiner, der nicht selbst heiße Ohren kriegen will.«
»Antwortet!«
Der Wirt zuckte die
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