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Mord in Babelsberg

Mord in Babelsberg

Titel: Mord in Babelsberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Goga
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Bühne gehört den Hauptdarstellern des Abends – der reizenden Carla Vasary und unserem großen Rudolf von Hagen!«
    Die Zuschauer sprangen von ihren Sitzen auf, klatschten und riefen die Namen der Darsteller. Ordner im Frack traten vor die Bühne und sorgten dafür, dass sich mehrere Schlangen bildeten, in denen die Leute geduldig auf ein Autogramm der Künstler warten konnten.
    Elly zupfte König am Ärmel. »Du hast mich gar nicht erwähnt.«
    Er schaute sie an, als hätte er sie vergessen, fasste sich aber sofort wieder. »Goldkind, ich habe Rudi und Carla das Rampenlicht überlassen, wie es sich gehört. An dieser Stelle werden nicht die Produzenten gelobt. Alfred hält sich auch im Hintergrund, das ist eben so.«
    Sie verzog vorwurfsvoll den Mund. König fluchte innerlich und bereute es für einen Moment, sie mitgenommen zu haben, doch dann wurde er auf die Bühne gerufen, um sich mit seinen Darstellern zu verbeugen. Auf Elly achtete er nicht mehr.
    Umso aufmerksamer wurde Reinhard Klein, der mit gezücktem Notizbuch an der Tür des Saals gewartet hatte. Er ging mit raschen Schritten zu Elly König und stellte sich vor.
    »Sehr erfreut, Herr Klein.«
    Er deutete eine Verbeugung an. »Würden Sie mir die Ehre erweisen, mir einige Fragen zu beantworten? Sie sind doch die Co-Produzentin des Films, und ich wüsste gern mehr über Ihre Mitwirkung an diesem Meisterwerk.«
    Elly nickte geschmeichelt und ließ sich von ihm in den Vorraum führen, wo das Büfett aufgebaut war.
    Wilhelmine Hellwig setzte sich zu ihrem Mann ins Speisezimmer. Sie waren seit zweiunddreißig Jahren verheiratet, doch es wäre ihr nie in den Sinn gekommen, ihn allein essen zu lassen.Bei ihnen war es zur Tradition geworden, dass sie ihm Gesellschaft leistete, wenn er spät von einer Parlamentssitzung kam und ein leichtes Abendessen einnahm. Die Köchin hatte Roastbeef mit Remouladensoße vorbereitet, und er ließ es sich schmecken.
    »Wie war es heute?«, fragte Wilhelmine.
    Eduard trank einen großen Schluck Bier und stellte das Glas energisch auf den Tisch. »Ach, viel Ärger. Der Volksentscheid zur Fürstenenteignung, du weißt schon.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Deswegen brauchst du dir doch keine Sorgen zu machen. Zwanzig Millionen Menschen werden nie und nimmer dafür stimmen, das kann ich nicht glauben. Der Staat darf den Leuten nicht einfach etwas wegnehmen und ihnen keine Entschädigung dafür zahlen, das ist nicht richtig.«
    Er seufzte. »Das sagst du. Erzähle mal einem kommunistischen Arbeiter, weshalb irgendein Baron, dessen Titel seit Jahren nichts mehr wert ist, sein Schloss behalten darf oder zumindest Geld dafür bekommen soll.«
    »Weil es ihm gehört«, erwiderte Wilhelmine zutiefst überzeugt. Für dich ist die Welt immer einfach , hatte Eduard einmal halb belustigt, halb verärgert zu ihr gesagt. Was auch stimmte. Feste Grundsätze machten das Leben leichter.
    »Schon, aber der Arbeiter wird behaupten, der Baron habe mit seinem Titel auch den dazugehörigen Besitz verloren. Und wenn die Linken genügend Wähler mobilisieren, kann es brenzlig werden.« Er schob den leeren Teller beiseite und wischte sich den Mund an der Serviette ab. »So, nun mag ich nicht mehr über Politik reden, es ist Feierabend.«
    Er stand auf. »Komm mit ins Wohnzimmer, ich brauche meinen Weinbrand.«
    Nachdem er ihr einen Likör eingeschenkt und sie sich in die Sessel am Kamin gesetzt hatten, lächelte er nachsichtig. »So, du darfst mich ablenken. Was ist denn außerhalb desReichstags passiert? Dort drinnen komme ich mir manchmal vor wie auf einer einsamen Insel.«
    Wilhelmine griff zum Tageblatt und überflog die Meldungen, las ihm diese und jene Überschrift vor. »Der neue Film von Viktor König, Die Insel des Magiers … das hört sich interessant an. Sport, nein, da haben wir nichts Besonderes. Und hier – ein ›grauenvoller Mord in Kreuzberg‹.«
    Er schaute in sein Glas und ließ bedächtig den Weinbrand kreisen. »Ein Mord?«
    »Ja, eine Frau wurde in einem Innenhof erstochen. Elegante Wohnlage, wie es heißt.«
    Sie bemerkte, wie er zusammenzuckte.
    »Wo genau?«
    »Riehmers Hofgarten. Die Tote wurde als Marlene D. identifiziert. Die Kriminalpolizei ermittelt.«
    Das halb leere Glas landete auf dem Teppich, zerbrach aber nicht. »Verzeih, das war ungeschickt«, sagte Eduard und bückte sich sofort danach.

8
    DONNERSTAG, 10. JUNI 1926
    Die Galerie war verlassen. Er ging an den Bildern vorbei, allesamt abstrakt, bunte Kreise,

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