Mord in Babelsberg
Wohnanlage. Ihr Lebensstil war aufwendig, und das Geld dafür hat sie nicht mit ihrer Hände Arbeit verdient. Jedenfalls nicht im üblichen Sinn. Es kann gefährlich sein, wenn man sich mit so vielen Männern einlässt.«
»Hör auf!«
Walthers Gesicht verriet ihm, wie heftig seine Reaktion ausgefallen war.
»Es gibt keinen Grund, verächtlich über ein Mordopfer zu sprechen, nur weil die Frau womöglich andere Moralvorstellungen hatte als du«, sagte Leo bemüht ruhig. »Außerdem waren wir uns einig, dass es sich in beiden Fällen um denselben Täter handelt. Dann dürfte er auch dasselbe Motiv gehabt haben. Viktor König wird kaum von einem eifersüchtigen Liebhaber ermordet worden sein.«
»Was ist eigentlich mit dir los, seit wir den Fall übernommen haben? Man könnte meinen, du wärst persönlich betroffen«, sagte Walther ungehalten.
»Und wenn dem so wäre?«, fragte Leo und schob die Bulette von sich. Ihm war der Appetit vergangen.
»Wie bitte?« Walther war schon halb aufgestanden, weildie Mordkommission um halb zwei im Besprechungszimmer zusammenkommen würde, und hielt in der Bewegung inne.
Leo griff nach seinem Jackett, doch Walther schlug mit der Faust auf den Tisch. »Was ist los?«
Mein Fehler, dachte Leo. Jetzt schuldete er seinem Freund eine Erklärung.
»Du weißt doch, dass ich vor Jahren … vor Clara … eine Frau gekannt habe. Wir haben uns ab und an getroffen. Ich habe sie Ilse oder dir nie vorgestellt, weil es nichts Ernstes war. Wir mochten uns und hatten ein intimes Verhältnis. Ich wusste, wovon sie lebte. Sie hat es nie vor mir verborgen.« Er sah Walther an und sagte leise: »Aber es muss mir dennoch nicht gefallen, wenn du so über sie sprichst.«
Er stand auf und ging zur Tür, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Im Besprechungszimmer herrschte Gedränge. Leo hob die Hand, um sich Gehör zu verschaffen. »Wie Sie wissen, ermitteln wir seit heute Morgen in zwei Fällen. Die Morde an Marlene Dornow und Viktor König wurden vermutlich vom selben Täter begangen, wenngleich es gewisse Abweichungen bei der Vorgehensweise gibt.« An der Wand hingen nun zwei Schultafeln, eine für jeden Fall. »Wir haben die Ähnlichkeiten und Unterschiede aufgelistet. König wurde vor der Tat mit Chloroform betäubt, um eine Gegenwehr zu verhindern. Entweder ging der Täter davon aus, dass ein Mann grundsätzlich schwerer zu überwältigen sei, oder aber er hat aus seinen Erfahrungen mit Marlene Dornow gelernt, die sich zur Wehr gesetzt hat.«
Koschnitz, einer der neu hinzugekommenen Kollegen, meldete sich zu Wort. »Gehen wir sicher von einem männlichen Täter aus?«
»Die Tatsachen sprechen gegen eine Frau, auch wenn es nicht ganz ausgeschlossen werden kann.«
»Ich denke an die Sache mit der Betäubung. Eine Frau könnte dies auch getan haben, weil sie wusste, dass sie König körperlich unterlegen war, trotz des Überraschungsmoments.«
»Das stimmt. Aber wir kennen den Einfallswinkel der Scherbe, der auf einen Täter von mindestens eins achtundsiebzig hindeutet«, sagte Leo. »Wenn es sich um eine Frau dieser Größe handelt, dürfte die Suche nach der Täterin nicht weiter schwierig sein.«
Die Kollegen grinsten, Koschnitz auch. »Einverstanden, Herr Kommissar.«
»Wir konzentrieren uns also auf einen männlichen Täter. Das wichtigste Ziel ist es, die Verbindung zwischen Marlene Dornow und Viktor König zu finden. Es muss einen Berührungspunkt geben, irgendeine Gemeinsamkeit. Wenn wir diese finden, kennen wir vermutlich das Motiv.«
Es klopfte, Hasselmann und Sonnenschein traten ein. »Frau Königs Schwester ist aus Potsdam gekommen, um sich um sie zu kümmern«, sagte Sonnenschein. »Wir haben Frau König erklärt, dass sie die Stadt nicht verlassen darf, bevor wir sie vernommen haben. Ein Schupo bewacht rund um die Uhr das Haus.«
»Danke, Sonnenschein. Setzt euch«, sagte Leo. »Robert, was hat die Vernehmung der Haushälterin ergeben?«, fragte er dann mit ruhiger Stimme, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen.
Walther holte sein Notizbuch hervor. »Frau König hat sie vorgestern am frühen Nachmittag weggeschickt. Frau König befand sich in einem offenkundig erregten Zustand und hatte schon früh angefangen, Alkohol zu trinken. Sie wollte allein sein und wies Frau Schmidt an, das Haus zu verlassen und erst am nächsten Tag wieder zur Arbeit zu erscheinen. Sie lehnte die Hilfsangebote der Haushälterin ab. Das Wohnzimmer befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in einem
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