Mord in Babelsberg
vielen anderen Größen des Films. Carla Vasary, der aufgehende Stern am Kinohimmel, die ihm ihren ersten großen Schritt zum Ruhm verdankt, war leider aufgrund einer plötzlichen Erkrankung verhindert.
Es ist noch anzumerken, dass König ohne seine Ehefrau Elly erschien, die sein neuestes Werk mit produziert hat. Auch hier ist wohl von einer plötzlichen Erkrankung auszugehen. Wir wünschen gute Besserung.
Alfred Hahn wartete im Büro der Gallus-Filmgesellschaft in der Friedrichstraße auf seinen Partner Viktor König. Sie waren für halb zwölf verabredet. Vielleicht war es gestern Abend spät geworden. Als er um zwölf immer noch nicht eingetroffen war, rief Hahn bei Viktor zu Hause an.
Es klingelte mehrmals, bevor sich eine ihm unbekannte Männerstimme meldete.
»Bei König. Wer ist da, bitte?«
»Alfred Hahn, ein Geschäftsfreund von Herrn König. Wer sind Sie, wenn ich fragen darf? Ist Viktor zu sprechen?«
»Hasselmann, Kripo Berlin. Nein, Sie können nicht mit ihm sprechen.«
»Hat es einen Unfall gegeben?« Hahn trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Schreibtisch.
Der Kriminalbeamte antwortete mit einer Gegenfrage: »Wann haben Sie Herrn König das letzte Mal gesehen?«
»Was soll das … vorgestern. Vorgestern Abend. Bei der Premiere.«
»Ist Ihnen etwas Ungewöhnliches an ihm aufgefallen?«
»Nichts, höchstens dass er außerordentlich gut gelaunt war, was sich aber durch den triumphalen Erfolg seines neuen Films erklärt.«
»Wie gut haben Sie einander gekannt?«
Hahn merkte erst jetzt, wie fest er den Hörer umklammerte. »Sagen Sie mal, was ist eigentlich los? Ich will einen Freund anrufen und werde am Telefon von der Polizei verhört.«
Der Kriminalbeamte räusperte sich. »Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihr Geschäftsfreund verstorben ist. Er wurdeOpfer einer Gewalttat. Mehr kann ich Ihnen momentan nicht sagen. Ich muss Sie bitten, mir Ihren Namen und Ihre Anschrift mitzuteilen. Wir werden alle Freunde und Bekannten des Toten vernehmen.«
Des Toten. Hatte Viktor plötzlich keinen Namen mehr?
Alfred Hahn merkte gar nicht, wie er den Hörer auf die Gabel legte, seine Finger schienen plötzlich taub zu sein.
12
Leo saß am Schreibtisch, vor sich eine angebissene Bulette, die ihm ein Kollege von Aschinger mitgebracht hatte. Walther aß eine Wurststulle. Sie gönnten sich die kurze Mittagspause, bevor die Kommission zusammenkommen würde, um das Vorgehen in den Fällen Dornow und König zu besprechen. Sie hatten Hasselmann und Sonnenschein in der Villa zurückgelassen, bis geklärt war, wer sich um die Witwe kümmern würde. Sie konnten Elly König nicht einfach sich selbst überlassen, solange sie unter Schock stand. Außerdem bestand Tatverdacht, zumindest der Form halber. Die Leiche war bereits in die Hannoversche Straße abtransportiert worden, der Erkennungsdienst war noch mit der Spurensicherung im Haus und Garten beschäftigt.
»Das ist kein Zufall und kein Serienmörder«, meinte Leo kauend. »Das habe ich Werneburg schon gesagt. Für einen Zufall ist die Vorgehensweise zu ähnlich. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen, aber die Scherben wurden absichtlich verwendet und dort zurückgelassen.«
»Ein sexuelles Motiv dürfte ebenfalls auszuschließen sein«, warf Walther ein.
»Die Tatwaffe ist der Schlüssel. Aber das wussten wir schon im Fall Dornow.« Leo schüttelte den Kopf. »Nicht zu fassen, dass sich noch keine Bekannten von ihr bei uns gemeldet haben.«
»Vielleicht hatte sie keine Freunde«, meinte Walther. »Es gibt in Berlin viele einsame Menschen.«
»Unsinn, sie war nicht einsam«, erwiderte Leo gedankenlos. Dann bemerkte er Walthers Blick.
»Woher willst du das wissen?«, fragte sein Freund. »Ich rede nicht von ihren Männerbekanntschaften. Ich meine Freundinnen, Menschen, denen sie sich anvertraut hat. Die uns etwas über ihren Charakter und ihre Lebensgewohnheiten sagen können. Was wissen wir schon über sie? Dass sie mit einem einflussreichen Politiker und anderen Männern ins Bett gestiegen und gern zum Friseur gegangen ist.«
Leo hörte die leise Verachtung in seiner Stimme und wandte sich zum Fenster. Doch Walther war noch nicht fertig.
»Seien wir ehrlich, sie war eine – früher hätte man es wohl Kurtisane genannt. Wie La Traviata , das wäre was für Sonnenschein. Ich sag dir, sie hat sich von reichen Männern aushalten lassen. Denk nur an die modernen Möbel, die teuren Kleider und Pelze, den Schmuck, die elegante
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