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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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sagen, dass ich Gespenster sehe, und mir empfehlen, die Sache auf sich beruhen zu lassen.«
    Sie lächelte. »Mein lieber Jack, du weißt genau, dass du keine Gespenster siehst. Hier liegt ein Fehler vor, der günstigstenfalls auf äußerste Nachlässigkeit zurückgeht.«
    »Und schlimmstenfalls?«, fragte er leise.
    Sie seufzte. »Ein Fall von Landesverrat. Behalte die Sache für dich, und tu so, als ob du sie als erledigt ansähest.«
    »Was wirst du tun?«
    »Mit Victor Narraway sprechen.«
    »Vielen Dank …«
    Narraway hörte sich Vespasias Bericht mit wachsender Besorgnis an. Als sie endete, merkte sie, dass er der Sache noch größeres Gewicht beimaß als sie.
    »So, so«, sagte er, als sie schwieg. »Sprich vorerst bitte mit niemandem darüber, vor allem nicht mit Pitt. Wir dürfen seine Aufmerksamkeit im Augenblick nicht von Herzog Alois ablenken. In neun Tagen trifft der Mann in Dover ein.«
    »Ist dieser Habsburger wirklich so wenig bemerkenswert, Victor?«, fragte sie.
    »Für den Fall, dass es sich anders verhält, ist es mir nicht gelungen, das festzustellen. Im Augenblick sieht es ganz so aus, als gehe es nicht um die Person, sondern um die Tat als solche. Wer dabei umkommt, ist den Leuten wohl weniger wichtig, solange sie damit genug Aufmerksamkeit erregen können, um unser Land in Schwierigkeiten zu bringen.«
    »Ich verstehe. Und was ist mit Serafina Montserrats Tod?«
    »Auch da bin ich noch zu keinem Ergebnis gekommen.«
    »Dann sollte ich besser gehen, damit du dich um das kümmern kannst, was dir am dringlichsten erscheint. Es tut mir leid, dich noch mit einer weiteren Mitteilung belastet zu haben.« Bei diesen Worten lag ein Anflug von Spott in ihren Augen. Er verstand, wie es gemeint war, und das war ihr auch klar gewesen.
    »Schon in Ordnung«, murmelte er und stand auf, um sie zu verabschieden. Unter anderen Umständen hätte er sie zum Bleiben aufgefordert, aber er war in Gedanken bereits mit der Frage beschäftigt, auf welche Weise er diese neue Nachforschung angehen sollte, bei wem er einen Gefallen gut hatte, wen er um Mithilfe bitten und wen er ein wenig unter Druck setzen konnte.
    An der Tür zögerte sie.
    »Ja«, beantwortete er ihre unausgesprochene Frage. »Ich gebe dir Bescheid, sobald ich etwas weiß.«
    »Danke, Victor. Guten Abend.«
    Während er einen großen Teil der Nacht hindurch wach lag, ging Narraway immer wieder in Gedanken durch, was ihm Lady Vespasia mitgeteilt hatte. Vor allem versuchte er zu überlegen, ob und inwieweit da möglicherweise ein Zusammenhang mit Mrs. Montserrats Tod bestand. Immer wieder grübelte er über die Frage nach, wer ihm behilflich sein könnte, die Sache aufzuklären. Wem konnte er im Zusammenhang mit einer so heiklen Frage wie dem Verrat vertraulicher Informationen an eine fremde Macht trauen? Handelte es sich dabei um den bewussten Versuch, ein Abkommen zwischen England und dem Deutschen Reich zu sabotieren?
    Und warum? Steckte eine absichtliche Unaufrichtigkeit dahinter, von der das Außenministerium, insbesondere Tregarron, Jack Radley nichts wissen lassen wollte? Er bekleidete diese Position noch nicht lange, und vielleicht hielt man ihn für eine Spur idealistisch gesonnen, sodass man ihn möglicherweise noch nicht in eine eher anrüchige Angelegenheit einweihen wollte.
    Mit dieser Einschätzung seines Mitarbeiters hätte Lord Tregarron Jacks Wesen richtig erfasst. Ihm hatte die Sache Kopfzerbrechen bereitet, und es war ihm nicht möglich gewesen, darüber hinwegzusehen.
    Vielleicht war es das Beste, mehr über diesen Tregarron in Erfahrung zu bringen. Zweifellos war man im Außenministerium nicht darüber erhaben, mit unredlichen Mitteln zu arbeiten, solange man sicher sein durfte, mit der Beteuerung durchzukommen, man habe nichts davon gewusst, falls es an den Tag kam. Wer sich bei solchen Machenschaften erwischen ließ, galt als nachweislich unfähig.
    Wo sollte er anfangen, um sicherzustellen, dass Tregarron auf keinen Fall etwas von seinen Nachforschungen erfuhr? Die Antwort kam ihm mit überraschender Klarheit: Tregarron war im Haus in Dorchester Terrace gewesen, wahrscheinlich, um Serafina Montserrat seine Aufwartung zu machen, vielleicht aber auch, um Nerissa Freemarsh zu besuchen. Ideal wäre es gewesen, wenn er Mrs. Montserrat über ihn hätte befragen können, vorausgesetzt, sie wäre im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gewesen und hätte sich an alles erinnern können. Doch vermutlich war auch der kompetenten und treuen

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