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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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in wunderbarer Gestalt dahin, leuchtend hell und so fein wie Flaumfedern. Der Sand ist fast weiß, es gibt keine Kiesel am Strand, und das Wasser ist von einer unglaublichen Farbenpracht.«
    Charlotte versuchte sich das vorzustellen. Vor ihrem inneren Auge sah sie blaues Wasser im Sonnenschein und spürte förmlich eine Wärme, die durch die Haut bis zu den Knochen drang. Sie merkte, dass sie lächelte.
    Der erste Gang kam und war genauso köstlich, wie Adriana vorausgesagt hatte.
    »Kroatien ist ein sehr altes Land«, fuhr sie fort. »Nicht älter als England, aber näher am Zentrum der Dinge. Es ist im Jahre 9 nach Christi Geburt Teil des Römischen Reiches geworden, aber natürlich hatte es auf seinem Boden schon davor griechische Kolonien gegeben. Im Jahre 305 hat der römische Kaiser Diokletian in Split einen Palast errichten lassen, in dem er sich zur Ruhe gesetzt hat. Der letzte legitime weströmische Kaiser, Julius Nepos, hat von dort aus regiert, bis er im Jahre 480 einem Attentat zum Opfer fiel. Sie sehen, auch wir haben bedeutende römische Ruinen.« Sie sagte das voll Stolz, als stelle das ein Band zwischen ihnen her.
    »Tomislav, unser erster Monarch, herrschte ab 910 und wurde im Jahre 925 vom Papst als König anerkannt.« Sie unterbrach sich und machte ein resigniertes Gesicht. »Im Jahre 1102, also kurz nachdem Wilhelm der Eroberer Ihr Land besetzt hatte, haben wir einen Bund mit Ungarn geschlossen und 1526 schließlich einen Habsburger zum König gewählt. Vermutlich war das der Anfang vom Ende. Jedenfalls hat mein Vater das immer gesagt.« Schmerz erfüllte ihre Stimme und war in ihren Augen unverhüllt zu erkennen. Sie senkte rasch den Blick. »Das muss um die Zeit Ihres Königs Heinrich VIII. gewesen sein, nicht wahr?«
    »Ja, ja, so ist es wohl«, sagte Charlotte rasch, bemüht, sich zu erinnern. Königin Elisabeth war um das Jahr 1600 gestorben, also durfte das in etwa stimmen. Sie kam sich herzlos vor, weil sich bei dem, was sie jetzt ansprechen wollte, unter Umständen Adrianas Schuld herausstellen konnte, aber eine günstigere Gelegenheit würde sich ihr gewiss nicht bieten.
    Der zweite Gang kam, ein in Weinblättern gebackener Fisch mit einem Gemüse, das Charlotte nicht kannte. Sie probierte es, zuerst vorsichtig, dann, als sie merkte, dass Adriana aufmerksam zu ihr herübersah, mit mehr Zuversicht. Die Zeit verrann. Sie musste unbedingt die Sprache auf Serafina bringen. Wie aber sollte sie das anstellen, ohne plump oder gar so hinterhältig zu wirken, dass sie damit ihre Absichten verriet, was sie dann noch tückischer erscheinen ließe?
    »Wie gern würde ich reisen«, sagte sie mit wehmütiger Stimme, ohne zu wissen, wohin dies von ihr angeschlagene Thema sie führen würde. »Sicher vermissen Sie Ihr Zuhause. Ich meine das, wo Sie aufgewachsen sind.«
    Adriana lächelte mit einem Anflug von Trauer. »Manchmal schon«, gab sie zu.
    »Kennen Sie außer Ihrem Mann noch andere Menschen, die dort gelebt haben?«
    »Zu meinem großen Bedauern nicht viele. Vielleicht sollte ich mit etwas mehr Nachdruck suchen, aber das wirkt so … gezwungen.«
    Charlotte holte tief Luft. »Ich glaube, auch Mrs. Montserrat, die doch kürzlich gestorben ist, hat früher einmal in Kroatien gelebt.«
    Adriana sah sie überrascht an. »Waren Sie mit Ihr bekannt? Darüber haben Sie bisher noch nie gesprochen.« Mit leiser Stimme fuhr sie fort: »Die arme Serafina. Ein schrecklicher Tod.«
    Charlotte, bemüht, in ihren Fragen weder zu viel Wissen an den Tag zu legen, noch sich in Widersprüche zu verwickeln, beschloss, sich ahnungslos zu geben, und sagte: »Ich weiß nur sehr wenig über sie. Es sollte mir leidtun, wenn ich Ihnen mit meinen Worten den Eindruck vermittelt habe, dass ich sie selbst gekannt habe. Sie war eine gute Freundin meiner Tante Vespasia – Lady Vespasia Cumming-Gould.«
    »Ach, das ist Ihre Tante?«, gab Adriana begeistert zurück.
    Charlotte hatte das leichthin gesagt und war jetzt peinlich berührt. »Na ja, genau genommen ist sie die angeheiratete Großtante meiner Schwester. Aber wir schätzen und lieben sie mehr als alle anderen unserer Verwandten.«
    »Das würde ich auch tun«, pflichtete ihr Adriana bei. »Sie ist wunderbar.«
    Charlotte durfte nicht zulassen, dass sich das Gespräch von Serafina fortbewegte und auf ein anderes Thema verlagerte. »Es tut mir so leid um Mrs. Montserrat. Tante Vespasia hat gesagt, dass sie friedlich gestorben ist. Jedenfalls meine ich mich zu erinnern,

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