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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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unterscheiden sich nicht übermäßig von dem, was Sie kennen, sodass Sie sie nicht als zu schwer oder zu stark gewürzt empfinden werden.«
    »Äußerst gern«, sagte Charlotte aufrichtig. »Ich weiß so gut wie nichts über Ihre Heimat. Bitte erzählen Sie mir etwas darüber.«
    »Das ist eine gefährliche Bitte«, sagte Adriana fröhlich. »Sie werden sich vielleicht noch wünschen, sie nicht geäußert zu haben. Sagen Sie mir Bescheid, wenn es dunkel wird und Sie nach Hause müssen.«
    Charlotte spürte das schlechte Gewissen, das sich in ihr regte, doch jetzt war es zu spät, um den Rückzug anzutreten. »Das werde ich tun«, versprach sie. »Jetzt wollen wir uns den Rest dessen ansehen, was Schliemann in Troja und auf dem Peloponnes in Mykene gefunden hat.«
    »Wussten Sie, dass er dreizehn Sprachen beherrschte?«, fragte Adriana. »Englisch, Französisch, Niederländisch, Spanisch, Portugiesisch, Schwedisch, Italienisch, Griechisch, Latein, Russisch, Arabisch und Türkisch. Und als Deutscher natürlich Deutsch. Er hat sein Tagebuch jeweils in der Sprache des Landes geschrieben, in dem er sich gerade befand.« Auf ihrem Gesicht spiegelten sich Erregung und Bewunderung.
    »Er hat sogar einen Aufsatz über Troja auf Altgriechisch verfasst«, fuhr sie fort. »Er war ein ganz außergewöhnlicher Mensch. Mindestens zweimal hat er ein Vermögen gemacht und ausgegeben. Seinen Kindern hat er die Namen Andromache und Agamemnon gegeben. Er hat sie zwar taufen lassen, ihnen aber während der Zeremonie ein Exemplar der Ilias auf den Kopf gelegt und hundert Hexameter daraus rezitiert. Wäre das Leben auf der Welt ohne solche verschrobenen Menschen nicht ziemlich öde?« Bei diesen Worten lachte sie. Die Leidenschaftlichkeit in ihrer Stimme und die Lebhaftigkeit ihres Gesichtsausdrucks verliehen ihr eine solche Schönheit, dass sich die anderen im Raum zu ihr umwandten, als habe sie sich einen Augenblick lang in die schöne Helena verwandelt.
    Charlotte musste an die Tiefe der Empfindungen denken, die auf Blantyres Gesicht erkennbar geworden waren, als er seine Frau angesehen hatte: Stolz, Beschützergeist, etwas, was so wirkte wie ein lang anhaltendes Staunen darüber, dass sie ausgerechnet ihn erwählt hatte, wo sie vielleicht ein, wenn nicht gar zwei Dutzend Verehrer gehabt hatte. Wie wichtig war ihm ihre Schönheit? Würde er sich auch dann in sie verliebt haben, wenn sie die gleichen verzehrenden Eigenschaften besessen, aber ganz gewöhnlich ausgesehen hätte? Inwieweit hatte ihre Verletzlichkeit da mit hineingespielt, sein Wunsch, sie zu beschützen? War ihm das möglicherweise wichtiger als ihr?
    Während Charlotte all diese Gedanken durch den Kopf gingen, fiel ihr auf, dass sie mehr über Kroatien in Erfahrung bringen musste, über Adrianas Leben dort und den Tod ihres Vaters, vor allem aber über Serafina Montserrats Vergangenheit.
    Noch nachdem sie die letzten Ausstellungsgegenstände betrachtet hatten und in Adrianas Kutsche zu dem Restaurant fuhren, von dem sie gesprochen hatte, setzten sie ihre angeregte Unterhaltung über das in der Ausstellung Gesehene fort. Im Verlauf der Mahlzeit wurde Adrianas ausgeprägtes Bedürfnis deutlich, Charlotte möglichst viel über das Land mitzuteilen, in dem sie aufgewachsen war, und ihr dessen Kultur nahezubringen. Es hatte für sie nur selten eine Gelegenheit gegeben, anderen gegenüber in ihren Erinnerungen zu schwelgen und ihnen zu beschreiben, was sie gesehen und geliebt hatte.
    »Das würde Ihnen schmecken«, sagte sie bei jedem neuen Gericht, das sie ihr auf der Karte zeigte. »Als Kind habe ich das sehr gern gegessen. Meine Großmutter hat mir gezeigt, wie man es macht. Und das hier war stets eine meiner Leibspeisen. Sie besteht hauptsächlich aus Reis, hinzu kommen feine Kräuter und das Fleisch von Schalentieren. Die Kunst besteht darin, den Reis gerade noch bissfest zu kochen und die richtige Gewürzmischung zu treffen. Zu kräftig gewürzt schmeckt es scheußlich.«
    »Isst man in Kroatien viel Fisch?«, fragte Charlotte.
    »Ja. Ich weiß aber nicht, warum. Möglicherweise, weil er sich leicht zubereiten lässt und nicht teuer ist.«
    »Und weil das Land, ganz wie wir, eine lange Küste hat«, fügte Charlotte hinzu.
    Adriana schien in Erinnerungen zu versinken. »Ach ja!«, stieß sie mit einem Seufzer aus. »So schön es in England ist, eine Küste wie unsere haben Sie noch nie gesehen. Die Luft ist lau, am scheinbar unendlich hohen Himmel treiben winzige Wolken

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