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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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nächsten Augenblick trat Blantyre ein und schloss die Tür hinter sich. Er schüttelte Pitt die Hand und fing an zu sprechen, bevor die beiden Platz genommen hatten.
    »Ich muss Sie um Entschuldigung bitten, Commander«, sagte er mit ernster Stimme und zog die Hosenbeine an den Knien ein wenig hoch, bevor er die Beine übereinanderschlug. »Ehrlich gestanden habe ich Ihre Theorie anfangs nicht sonderlich ernst genommen und vermutet, Sie hätten sich dabei ein wenig zu sehr ins Bockshorn jagen lassen. Gerechterweise muss man aber einräumen, dass das nach einigen der Tragödien der jüngsten Zeit nur allzu verständlich gewesen wäre.«
    Pitt vermutete, dass er damit auf den Fall Gower sowie Narraways ungerechtfertigte Entlassung anspielte, schwieg aber dazu. Auch wenn es lächerlich war zu hoffen, Dinge, die mit diesem elenden Fall von Verrat zusammenhingen, könnten geheim bleiben, schmerzte es ihn nach wie vor, dass so viele Menschen davon zu wissen schienen. Er wartete darauf, dass sein Besucher weitersprach.
    Mit ernster Miene fuhr Blantyre fort: »Ich bin dem nachgegangen, was Sie mir gesagt hatten. Anfangs habe ich die Sache für eher belanglos gehalten – einige zwar sonderbare, aber für sich genommen harmlose Fragen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun hatten. Dann habe ich sie mir eine nach der anderen vorgenommen und mit der nach dem wahrscheinlichsten Weg von Dover nach London angefangen. Natürlich ist das die Eisenbahn.«
    Pitt sah Blantyre aufmerksam an, ohne ihn zu unterbrechen. Ihn beunruhigte die Anspannung, die er auf dessen Zügen erkannte. »Es schien so gut wie nichts zu bedeuten«, sagte Blantyre mit leichtem Achselzucken. »Da bestimmt Hunderte von Menschen auf diesem Weg von Dover nach London reisen, ist es nur natürlich, dass sich jemand nach solchen Einzelheiten erkundigt, sogar mehrere Tage im Voraus. Aber dann musste ich an die von Ihnen erwähnten Signale und die Weichen denken, an denen solche Züge vorüberkommen. Selbstverständlich haben Sie völlig recht. Da auf der Strecke auch regelmäßig Güterzüge verkehren, ließe sich mithilfe gewisser Manipulationen – Signalen, die auf ›Fahrt‹ stehen, wenn sie ›Halt‹ anzeigen sollten, einer falsch gestellten Weiche, die einen Güterzug auf ein anderes als das für ihn vorgesehene Gleis leitet – eine Katastrophe gewaltigen Ausmaßes herbeiführen, bei der viele Menschenleben zu beklagen wären.«
    Er holte langsam Atem und stieß ihn wieder aus.
    »Als Nächstes habe ich mich genauer nach dem mutmaßlichen Hauptopfer des möglicherweise geplanten Anschlags, Herzog Alois, erkundigt. In der Tat wird er demnächst nach England kommen. Er bekleidet zwar kein hohes Amt am österreichischen Hof, ist aber immerhin Mitglied der kaiserlichen Familie und außerdem eine Art Großneffe unserer Königin. Da es um einen rein privaten Besuch bei einem ihrer Enkel geht, der unsere Regierung in keiner Weise betrifft, hat man uns nicht darüber informiert. Aber der Zeitraum, auf den sich die Fragen bezogen, passt genau zum Plan seiner Reise, die ihn von Wien über Paris und Calais nach Dover führen soll, von wo aus er mit dem Zug nach London fahren wird, um im Savoy abzusteigen.«
    »Er wird nicht im Buckingham-Palast wohnen?«, fragte Pitt überrascht.
    »Wie ich gehört habe, möchte er selbst Gesellschaften geben«, sagte Blantyre mit einem schmalen Lächeln. »Sie sehen aber, worauf ich hinauswill. Ich habe mich an einige Bekannte in Europa gewandt, die sich ihrerseits ein wenig umgehört und festgestellt haben, dass auch dort Fragen gestellt worden sind, und zwar nach dem gesamten Reiseweg. Allem Anschein nach wird er nur mit kleinem Gefolge reisen, kaum mehr als seinem persönlichen Sekretär und seinem Kammerdiener.« Er zögerte kurz. »Ihr Instinkt hat Sie nicht getrogen, Commander. Wir müssen die Sache äußerst ernst nehmen.«
    Mit einem Mal fror Pitt, obwohl nur ein oder zwei Schritte entfernt von ihm das Feuer im Kamin brannte. Bisher hatte er selbst mehr oder weniger angenommen, dass er sich die Gefahr nur einbildete, wie ihm Tregarron hatte ausrichten lassen, aber nach dem, was ihm Blantyre mitgeteilt hatte, war das ganz offensichtlich nicht der Fall.
    Blantyre hielt ihm ein halbes Dutzend Blatt Papier hin, auf die jemand in aller Eile Notizen gemacht zu haben schien. »Verständlicherweise werden Sie der Sache gründlicher nachgehen müssen, und deshalb habe ich Ihnen außer den Namen derer, mit denen ich

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