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Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition)

Titel: Mord in Dorchester Terrace: Ein Thomas-Pitt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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gesprochen habe, die von mir überprüften Fakten und Verweise aufgeschrieben. Ich kann nicht von Ihnen verlangen, dass Sie das Ganze geheim halten, möchte Sie aber bitten, davon so wenigen Menschen wie möglich Mitteilung zu machen und ausschließlich solchen, denen Sie in jeder Hinsicht vertrauen können. Normalerweise hätte ich nichts davon schriftlich festgehalten, aber ich fürchte, die Angelegenheit ist so ernst, dass das Interesse von Privatpersonen zugunsten der Notwendigkeit in den Hintergrund treten muss, ein möglicherweise ungeheuerliches Verbrechen zu verhindern, bei dem außer einem Mitglied der österreichischen Kaiserfamilie auch Gott weiß wie viele unschuldige Briten ums Leben kommen könnten. Hier, nehmen Sie.«
    Pitt sah Blantyre in die Augen und nahm die Notizen an sich. Wie Blantyre gesagt hatte, umfassten sie Namen, Orte und Daten. Das würde Pitt die nötigen Nachforschungen ermöglichen. Überdies konnte er mithilfe dieser Angaben Erkundigungen über Anarchisten einziehen, von denen bekannt war, dass sie sich auf dem europäischen Festland an Attentaten beteiligt hatten, und feststellen, welcher Methoden sie sich dabei bedient hatten. Sein besonderes Augenmerk würde solchen gelten, die dem Mann glichen, der sich nach den Eisenbahnsignalen und -weichen erkundigt hatte.
    Erneut sah er Blantyre an.
    »Tut mir leid«, sagte dieser. »Mir ist klar, dass es Ihnen lieber gewesen wäre, unrecht zu haben, aber wie es aussieht, ist es nicht an dem. Allem Anschein nach wird da etwas ausgeheckt, was uns im schlimmsten Fall in einen Krieg mit Österreich hineinziehen könnte, bevor wir wüssten, wie uns geschieht.«
    Pitts Gedanken jagten sich. Da er mit diplomatischen und militärischen Angelegenheiten nicht hinreichend vertraut war, verstand er nicht, welchen Grund jemand haben könnte, auf ein solches Ziel hinzuarbeiten. Ein Bombenanschlag auf einen Zug in England würde in beiden Ländern heftige Gefühlswallungen auslösen. Man würde Vorwürfe erheben und Dinge sagen, die sich nicht rückgängig machen ließen. Aus Kummer und Bestürzung würde Wut, und es wäre für beide Länder leicht, das jeweils andere zu beschuldigen.
    »Gott allein mag wissen, was dahintersteckt«, sagte Blantyre leise. »Möglicherweise nichts weiter als eines der Balkanländer, die nach Unabhängigkeit streben, das dabei auf die in solchen Fällen leider übliche Gewalttätigkeit zurückgreift. Das ist gar nicht so selten. Es könnte sich aber auch um einen weiterreichenden Plan handeln, dessen Ziel es ist, unserem Land zu schaden. Aus welchem Grund würde man einen solchen Anschlag sonst hier verüben wollen?«
    »Sie meinen, dass ein Engländer die Leute dazu angestachelt hat?«, fragte Pitt, »Was könnte er sich davon versprechen?«
    »Das weiß ich nicht«, räumte Blantyre ein. »Da gibt es viele Möglichkeiten. Vielleicht geht es um ein Abkommen, das aufgelöst oder gar nicht erst geschlossen werden soll.«
    »Ich bin Ihnen zu großem Dank verpflichtet und werde all diesen Möglichkeiten nachgehen.« Pitt erhob sich und hielt Blantyre die Hand hin.
    Als Pitt am folgenden Tag Stoker kommen ließ, trat dieser mit ungewöhnlich gut gelauntem Gesichtsausdruck ein. Doch schon bald schlug seine beschwingte Stimmung um, nachdem er auf die Aufforderung seines Vorgesetzten hin Platz genommen und erfahren hatte, was ihm dieser mitzuteilen hatte.
    »Wie Sie wissen, war Blantyre gestern hier«, begann Pitt. »Ursprünglich hat er unseren Informationen keine besondere Bedeutung beigemessen, ist aber zu einem anderen Ergebnis gekommen, nachdem er sich gründlich mit der Sache beschäftigt hat. Wie es aussieht, will der von Ihnen genannte Herzog Alois aus dem Hause Habsburg ab dem 19. März Verwandte hier in London besuchen. Dazu wird er von Wien über Paris nach Calais reisen, mit der Dampffähre nach Dover übersetzen und von dort den Zug nach London nehmen. Er gedenkt, nicht im Buckingham-Palast zu wohnen, sondern wird im Hotel Savoy absteigen. Außerdem ist vorgesehen, dass man für ihn wie auch seine Freunde und Bekannten im Kensington-Palast eine Gesellschaft gibt.« Als er sah, wie Stoker bei dieser Mitteilung sauertöpfisch das Gesicht verzog, fuhr er fort: »Es handelt sich genau um die Strecke, von der Sie gesprochen haben, und die Fahrt nach London soll exakt an dem Tag erfolgen, um den es bei den Erkundigungen ging.«
    Mit einem leisen Stöhnen stieß Stoker die Luft aus, und seine Augen weiteten sich. »Es stimmt

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