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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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der Stadt hatte man eine Reihe von Marktständen aufgebaut, die meisten momentan abgedeckt, aber wenn hier Gladiatorenkämpfe stattfanden, würden sie zweifellos alle mit hinterhältigen Straßenhändlern bemannt sein. Ein oder zwei boten beharrlich leichte Imbisse und Gladiatorenstatuetten an, obwohl hier heute nur ein paar gleichgültige Spaziergänger herumliefen. Ein trauriger Bär an einer Kette, der vermutlich nichts mit den Arenabestien zu tun hatte, wurde in der Nähe des Eingangstors vorgeführt. Man hatte ihm die Fangzähne gezogen. Kein Veranstalter, der etwas auf sich hielt, würde ihn in den Ring lassen. Ohne seine Zähne war der Bär am Verhungern.
    Ein Pförtner ließ die Neugierigen für einen kleinen Obolus ein, »um sich die Arena anzuschauen«. Es musste sich rumgesprochen haben, dass die Gladiatorinnen trainierten. Die üblichen geilen Männer ohne Arbeit und Scham hatten sich eingefunden, um lüsterne Blicke auf Muskeln und kurze Röcke werfen zu können. Sah so aus, als würden diese Rumlungerer hier täglich zum Geifern kommen.
    Große Götter, sogar Touristen waren da. Die mussten weg. Keine Chance. Die Bummelanten würden sich weigern zu gehen, sobald sie Wind davon bekamen, dass hier ein offizieller Einsatz in Gange war. Die Leute sind bekloppt. Sie vergessen ihre eigene Sicherheit und wollen nur glotzen. Und es würde offensichtlich sein, dass wir das Amphitheater umstellt hatten. Oh, zum Hades! Und nochmal zum Hades! Florius würde nicht mal in die Nähe kommen, wenn er ein Empfangskomitee bemerkte.
    Dieses Amphitheater von Londinium war nichts im Vergleich zu dem gewaltigen Monument, das Vespasian als sein persönliches Geschenk an die Bürger von Rom bauen ließ. Der Kaiser hatte den See bei Neros Goldenem Haus trockenlegen lassen und plante die größte Belustigungseinrichtung der Welt. Vier Steinmetzmannschaften arbeiteten rund um die Uhr daran. Auf der Straße nach Tibur war ein Steinbruch eingerichtet worden; zweihundert Ochsenkarren blockierten täglich die Straße zur Stadt, voll geladen mit Travertinmarmor für die Verkleidung. Am südlichen Ende des Forums herrschte Chaos, und das bereits seit der Thronbesteigung des Kaisers und noch auf Jahre hinaus. Alle bei der Befriedung Judäas erbeuteten Sklaven schufteten sich auf der Mammutbaustelle zu Tode.
    Im Gegensatz dazu stand die Spielzeugarena von Londinium in einer öden Gegend und war aus Holz gebaut. Ich hatte erwartet, sie würde wie etwas aussehen, das ein paar Freizeitschreiner zusammengezimmert hatten, aber es war die Arbeit von Experten. Diese stabilen, behauenen Balken waren zweifellos eine Schatztruhe an Schwalbenschwanzverbindungen und sauberstem Nutholz. Wir Römer hatten Britannien das Konzept des organisierten Holzhandels beigebracht; wir machten sie mit anständigen Sägemüllern bekannt, führten aber auch vorgefertigte Bauelemente ein, die vor Ort rasch zusammengesetzt werden konnten. Die Armee hatte damit begonnen. Manche Kastelle kamen in Bausätzen – auf Maß gesägte Balken plus der Befestigungsnägel –, um vor den Augen der Barbaren errichtet zu werden, anscheinend über Nacht. Ein stehendes Heer von einiger Bedeutung baute sich eine Arena, um die Jungs bei Laune zu halten. Dieser Bau tat kund, dass Londinium jetzt ein legitimer Teil des Imperiums war und definitiv im Aufstieg begriffen.
    Ich war aus Richtung des Forums gekommen. Nachdem ich den Wasserlauf überquert hatte, ging ich auf einer mit Mulidung übersäten Zufahrtsstraße weiter, blieb im Schatten des Osteingangs stehen und schaute mich um. Zu meiner Überraschung hatte jemand eine römische Pinie importiert und eingepflanzt, zwanzig Fuß vom Weg entfernt. So weit weg von zu Hause, hatte sich der Baum eingewöhnt und lieferte Zapfen für rituelle Zwecke.
    Der übel riechende Galgenvogel, der den Neugierigen das Geld aus der Tasche zu ziehen versuchte, musterte mich, spuckte aus und beschloss, mir keinen Eintrittspreis abzuverlangen. Ich warf ihm trotzdem finstere Blicke zu. Er wollte sich wegschleichen. Ich rief ihn zurück.
    »Lauf zum Lager. Sag Bescheid, sie sollen dringend eine Abteilung Legionäre schicken. Sag ihnen, es hätte einen Aufruhr gegeben.«
    »Welcher Aufruhr?«
    »Der verdammt große, der losgehen wird, während du zu den Soldaten rennst.«
    Ich ging unter dem Bogen hindurch in den dunklen Gang unter den Tribünen, vorbei an den Zuschauereingängen. Die Zuschauer hatten eigene Aufgänge zu den Sitzen und keinen Zugang zum

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