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Mord in Londinium

Titel: Mord in Londinium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Schicksal überlassen gewesen. Maia hätte sie verloren. Ich sah sie die Augen schließen und leicht den Kopf schütteln. Das war der einzige Kommentar, den sie je dazu abgeben würde.
    Ich war mir bewusst, dass ihre Ältesten, Marius und Cloelia, uns mit weit aufgerissenen Augen beobachteten. Wir Erwachsenen vermieden es, sie anzuschauen, als verliehe uns das Gespräch unter uns eine Art Privatsphäre.
    Diejenigen unter uns, die Petronius’ drei Töchter kannten, waren sehr betroffen. Alle drei waren immer entzückend gewesen. Petro war ein guter Vater, tobte mit ihnen herum, wenn er daheim war, bestand aber auch auf einer regelmäßigen Disziplin. Sie waren sein Augenlicht: Petronilla, die empfindsame Älteste, ein Papakind, das die Trennung seiner Eltern schwerer genommen hatte als die anderen; die süße, ordentliche Silvana und die zauberhafte, rundgesichtige Tadia, die noch kaum im Schulalter war.
    Wir waren Realisten. Drei Kinder auf die Welt zu bringen war das römische Ideal, doch sie am Leben zu halten war selten. Mehr zarte Kinder starben noch vor dem zweiten Lebensjahr, als solche, die mit sieben den formellen Übergang vom Kleinkindalter schafften. Viele wurden keine zehn Jahre alt und erreichten nie die Pubertät. Das Imperium war voll von winzigen Grabsteinen mit eingemeißelten Porträts von Kleinkindern mit ihren Rasseln und Spielzeugtauben, die Grabinschriften angefüllt mit erlesenen Lobpreisungen viel geliebter, höchst verdienstvoller kleiner Seelen, ihren trauernden Eltern und Patronen nach einem Leben herzzerreißender Kürze entrissen. Und ganz egal, was die verdammten Juristen behaupten: Römer machen keinen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen.
    In einem Imperium, dessen Geschäft die Armee, weit reichende Handelsverbindungen und die Verwaltung überseeischer Provinzen war, verlor manch ein Vater ebenfalls seine Kinder in seiner Abwesenheit. Einer von vielen zu sein würde es nicht leichter machen. Petronius würde sich selbst die Schuld geben, und er würde umso mehr leiden, weil er tausend Meilen weit entfernt davon erfuhr. Welche Schwierigkeiten Arria Silvia und er auch in der Vergangenheit gehabt haben mochten, er würde bei ihr gewesen sein wollen, um sie zu unterstützen und dann sein verbliebenes Kind zu trösten und zu beruhigen. Es wäre ihm wichtig gewesen, das tragische Begräbnis der beiden anderen zu leiten.
    Das Schlimmste war, all das zu wissen und gleichzeitig zu wissen, dass er es nicht wusste.
     
    Es war zu viel. Leise verließ ich den Raum, fand instinktiv den Weg ins Kinderzimmer. Dort setzte ich mich zwischen den Miniaturstühlen und Laufgestellen auf den Boden, nahm meine eigenen zwei Schätze in die Arme und drückte ihre warmen kleinen Körper fest an mich. Meine Stimmung musste sich auf sie übertragen haben; Julia und Favonia wurden ganz ruhig und ließen sich zu meinem Trost von mir umarmen.
    Maia kam herein. Nur eines ihrer Kinder war im Kinderzimmer. Marius und Cloelia waren verschwunden, da ihnen als Ältesten erlaubt war hinauszugehen, wenn sie versprachen, vorsichtig zu sein. Ancus, ein komischer kleiner Kerl, hatte beschlossen, dass er müde war, und sich zu einem Mittagsschlaf ins Bett gelegt. Rhea war allein hier, kroch auf dem Teppich herum, spielte ein ausgedehntes, episches Spiel mit einer Reihe von Bauernhoftieren aus Ton. Maia berührte ihre jüngste Tochter nicht, setzte sich nur auf einen Stuhl, schlang die Arme um sich und beobachtete sie.
    Nach einer langen Weile fragte mich meine Schwester: »Glaubst du, dass er es weiß?«
    »Was?«
    Geduldig erklärte sie: »Glaubst du, jemand anders hat es ihm bereits gesagt, und er ist nach Hause zurückgekehrt, ohne uns zu informieren?«
    Ich wusste, warum sie fragte. Das würde ihm ähnlich sehen. Von seinem Verlust zu sprechen würde zu schmerzlich sein, und jeder Tröstungsversuch würde ihn nur wütend machen. Während die anderen herumflatterten und seine Qual durch wohlmeinende Hysterie verstärkten, würde er sich in Bewegung setzen wollen, und das schnell.
    Aber ich wusste ebenfalls, wie Petronius vorgegangen wäre. Alle Verpflichtungen erledigt. Dann schnelles, gewissenhaftes Packen. Jeder Stiefelriemen, jede Tunika und jedes Andenken ordentlich in seiner Gepäckrolle verstaut. Er mochte abgehauen sein, aber es wäre sichtbar gewesen, wenn er gepackt hätte und heimgereist wäre.
    »Er weiß es immer noch nicht. Er ist irgendwo hier in der Gegend, dessen bin ich mir sicher.«
    »Warum?«, wollte

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