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Mord nach Drehbuch

Mord nach Drehbuch

Titel: Mord nach Drehbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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doch?«
    Die Frau zog missbilligend eine Augenbraue in die Höhe und fixierte Honey mit stahlgrauen Augen. »Es ist mir sehr wohl bekannt, dass das größte literarische Genie Englands tot ist. Die liebste Jane ruht bereits viele Jahre in Frieden.Aber vergessen ist sie mitnichten!«, rief die alte Dame und wedelte mit ihrem warnenden Zeigefinger drei Zentimeter vor Honeys Nase herum.
    »Ich meine doch die Schauspielerin, die die Rolle der Jane übernommen hatte.«
    Die tiefliegenden Augen der Frau schienen plötzlich beinahe aus den Höhlen zu springen. »Man möchte ja nicht mit Worten Grausamkeiten verüben, aber einige treue Anhänger unserer lieben Jane stimmen sicherlich mit mir überein, dass man das Ausscheiden Miss Manderleys aus dieser Rolle beinahe als ein Zeichen göttlicher Gerechtigkeit werten könnte.«
    Honey schluckte schwer. Leute, die einen auf offener Straße überfielen oder ermordeten, waren wirklich gefährlich. Doch auch eine Jane-Austen-Jüngerin mit einer Petition in der Hand konnte ziemlich unberechenbar sein.
    Honey machte rasch einen Schritt zur Seite. Nicht rasch genug.
    »Unterschreiben!«
    Klemmbrett und Stift wurden ihr vor die Brust gepresst.
    Sie schaute beides ängstlich an. Unterschreiben? Sollte sie das machen? Ja, beschloss sie. Es würde ohnehin niemand Notiz davon nehmen, überlegte sie. Höchstwahrscheinlich würde die Liste auf einem prasselnden Freudenfeuer im Garten irgendeines Stadtrats landen.
    Dreharbeiten brachten Geld in die Stadt, genau wie der Tourismus. Die Leute schauten sich die Filme begeistert an und bemerkten den Hintergrund, was wiederum den Tourismus anregte. Eine einfache Rechnung.
    »Einen einzigen positiven Aspekt hatte diese Produktion jedoch. Die Qualität der am Filmset gereichten Speisen war außerordentlich lobenswert«, meinte die alte Dame.
    Honey runzelte die Stirn und reichte ihr das Klemmbrett zurück. »Wer hat Ihnen denn das erzählt?«
    »Ich bin persönlich in den Genuss einer Reihe köstlicher Gerichte gekommen, während ich erwartete, dass man mich hinzuzog.«
    »Sie waren am Set?«
    »Man hatte mich als Beraterin eingestellt, damit ich in allen Fragen, die das Leben und die Zeiten der teuren Jane betrafen, meine Meinung äußerte. Ich hatte mich auch als Statistin verdingt, um mir ein geringes Zubrot zu verdienen. Außerdem, meine Liebe, war ich außerordentlich darauf bedacht, genau im Auge zu behalten, was während dieser Dreharbeiten vor sich ging. Jemand muss das gewaltige Erbe schützen, das uns Jane Austen hinterlassen hat. Mir wurde die Bürde auferlegt, zu ihrer Verteidigung zu eilen, und das habe ich gemacht!«
    Honeys Augen huschten von der Frau zu ihrem Klemmbrett und wieder zurück. »Aber wie kommt es, dass Sie nun mit Ihrer Petition hier stehen?«
    Die Augen der Frau funkelten. »Man hat mir befohlen, mich vom Set zu entfernen. Der
große
Star hat beschlossen, meine ständigen Bemerkungen über historische Genauigkeit seien ihrer künstlerischen Deutung abträglich.«
    Honey überlegte. Konnte diese Frau eine Mörderin sein, oder war das Sammeln von Unterschriften ihr einziger Racheversuch? Honey kam zu dem Ergebnis, dass die alte Dame zu einem Mord nicht fähig sei. Sie lenkte ihre Schritte weiter in Richtung Café.
    »Man hat mir hintertragen, es hätte sie jemand mit ihrer eigenen Hutnadel erstochen«, rief ihr die alte Dame hinterher. »Hätte man auf mich gehört, so wäre sie diesem Tod wahrscheinlich entronnen. Zu Janes Zeiten hatten Frauen nämlich keine Hutnadeln. Es war das falsche Zeitalter. Und es waren die falschen Hauben.«

Kapitel 9
    Richard Richards erschien um Punkt elf Uhr. Über der dunkelgrünen Eingangstür des Cafés hing eine altmodische Messingglocke, die bimmelte, als er die Tür aufschob. Großer Auftritt Richard Richards!
    Sein Blick schweifte über die grünen Holzstühle und die runden Tische mit den rot-weiß karierten Decken.
    Sie winkte.
    Er nickte ihr zu, um zu zeigen, dass er sie gesehen hatte, schaute sich aber weiter um. Mit aufmerksamen Augen musterte er die Einrichtung, die Tischgedecke und die drei Schiefertafeln mit dem Menü, die an der Wand hingen. Die mittlere Tafel war die größte. Hier standen die Hauptgerichte. Rechts und links davon waren auf den kleineren Tafeln die Vorspeisen und Desserts aufgelistet.
    Honey fragte Richard Richards, ob die Dreharbeiten schon wieder angefangen hätten. Nein, antwortete er. Man hatte den Statisten gesagt, sie sollten nach Hause gehen, sodass

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