Mord nach Liste
überbrachte.
»Jetzt habe ich diese Frau endlich durchschaut«, verkündete er. »Sie will dich loswerden, und dazu ist ihr jedes Mittel recht.«
»Aber dass ich Aidens Schwester bin, hat sie mitbekommen, oder?«, scherzte Regan, um Henry zu zeigen, dass sie es auf die leichte Schulter nahm.
»Natürlich weiß sie das, aber als sie hier angefangen hat, wusste sie es noch nicht. Sie war patzig und unhöflich. Und weil sie das nicht mehr rückgängig machen kann und weiß, dass du sie nicht magst, tut sie alles, um dich als inkompetent hinzustellen. Aiden soll nicht auf dich hören, auch nicht, wenn es um sie selbst geht.«
Bevor Regan etwas entgegnen konnte, fuhr Henry fort: »Sie ist hinter deinem Bruder her. Sie will ihn haben, und du bist ihr im Wege, Regan.«
»Aiden kommt schon noch dahinter, was sie im Schilde führt. Außerdem hätte er niemals ›Nörgeleien‹ gesagt.«
Aiden ging Regan wahrscheinlich aus dem Weg, bis sie sich beruhigt hätte. Er wusste ganz bestimmt, wie wütend sie wegen ihres Autos war – sie konnte es immer noch nicht fassen, dass er die Dreistigkeit besessen hatte, es abschleppen zu lassen – und dass sie sich irgendwann damit abfinden würde. So wie immer.
Regan war das Problem bewusst: Sie liebte ihre Brüder und würde alles für sie tun. Sie würde sogar versuchen, sich selbst zu ändern, nur um sie zufriedenzustellen.
In ihrer Kindheit war sie mit ihren Problemen immer zu Aiden gegangen, wahrscheinlich weil er der Älteste und so etwas wie eine Vaterfigur für sie war. Gleichzeitig war er der Strengste. Er konnte es nicht ausstehen, wenn Regan weinte – damals brach sie schon beim geringsten Anlass in Tränen aus –, und mit der Zeit hatte sie gelernt, sich zusammenzureißen. Dennoch kam es selbst heute manchmal vor, dass sie von ihren Gefühlen überwältigt wurde.
Regan schlug nach der Hamilton-Seite der Familie. Das waren Sensibelchen, zumindest hatte Spencer ihr das erzählt. Die Madisons dagegen ließen sich durch nichts aus der Ruhe bringen und waren sehr diszipliniert. Außerdem waren sie Arbeitstiere wie Aiden und Spencer. Wohin genau Walker gehörte, wusste keiner, doch angeblich kam er nach einem Urgroßonkel, der bereits als Jugendlicher über die Stränge geschlagen hatte und erst auf dem Sterbebett damit aufhörte. Angeblich machte er noch mit dem letzten Atemzug einer hübschen jungen Krankenschwester Avancen.
Im Moment wollte Regan am liebsten mit niemandem verwandt sein. Das Testament hatte sie gegenüber ihren Brüdern in eine ausweglose Situation gebracht, und genau wie Alec gesagt hatte, würde der Stress sie krankmachen, wenn sie kein Ventil dafür fand.
Doch ihre Brüder waren nicht die Einzigen, die Regan durcheinanderbrachten. Auch Alec gegenüber entwickelte sie langsam eine Art Hassliebe. Sie hatte ihn gerne um sich – er war klug und witzig, höflich und nett –, aber den Grund für seine ununterbrochene Anwesenheit fand sie schrecklich.
Seit zwei Wochen waren Regan und Alec jetzt unzertrennlich. Er verzichtete auf seine freien Tage und ließ sie erst allein, wenn ein Polizist auf ihrem Flur zwischen Fahrstuhl und Treppe postiert worden war – den einzigen Möglichkeiten, zu ihrer Suite zu gelangen. Alec war der Letzte, den Regan jeden Abend sah, bevor sie die Tür verriegelte, und der Erste, dem sie begegnete, wenn sie morgens ihre Suite verließ.
Es war nicht zu leugnen, dass er ihr ans Herz wuchs, und sie machte sich so ihre Gedanken: Würde er sie überhaupt eines Blickes würdigen, wenn er sie nicht zu beschützen hätte? Wenn sie sich unter anderen Umständen begegnet wären, hätte er sich dann für sie interessiert? Hätte er mit ihr ausgehen wollen?
Auch Henry mochte Alec gern. Die beiden konnten sich stundenlang über Sport und Rockbands unterhalten, und als Henry Schwierigkeiten mit einem Aufsatz hatte, den er für einen Sommerkurs in Politikwissenschaft schreiben musste, bot Alec ihm seine Hilfe an. Es dauerte nicht lange, und Henry fragte ihn auch um Rat, wenn es um seine Freundinnen und seine Zukunft ging.
Abends gingen Regan, Henry und Alec ins Fitness-Studio, um gemeinsam zu trainieren. Auf der Laufbahn schlug Alec Regan und Henry um Längen. Er war viel besser in Form als Regan und wies sie mehrmals grinsend darauf hin. Sie entschuldigte sich mit ihrer Operation, sie müsse sich noch etwas schonen, doch jeden Tag steigerte sie ihr Tempo und lief ein bisschen länger. Sie wollte nämlich in Kürze an einem
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