Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
hatte, dass es ihm ganz ausgezeichnet ging und er nicht unter den geringsten körperlichen Beschwerden litt, danke sehr. Nicht ein einziges Zipperlein, Gott bewahre!
»Ich sage Ihnen eines, Wood, das Home Office ist alles andere als glücklich über diese Geschichte«, murmelte Sir Herbert leise.
»Verflixt, wir haben nichts weiter als die Aussagen einer entlassenen Haushälterin und eine Menge einheimischen Klatsch. Ich glaube, falls es zu einer erneuten Verhandlung kommt, hat die Verteidigung einen ganz großen Tag. Wäre nicht die Tatsache, dass der Vater der Toten einen Freund im Kabinett sitzen hat, würde diese Exhumierung sicher nicht stattfinden!«
»Wir haben einen klassischen Satz von Umständen«, entgegnete Wood und schob das Kinn aus dem Schal.
»Mr. Oakley ist in der Gegend seit langem als Schürzenjäger bekannt. Er hat sein eigenes Geld mehr oder weniger durchgebracht, bevor er schließlich eine reiche Frau heiratete. Hätte er einen Funken Verstand besessen, hätte er spätestens jetzt aufgehört, hinter den Röcken herzujagen, aber nein, alte Gewohnheiten halten sich widerspenstig, wie ich zu sagen wage. Seine Frau hat ihm schließlich mit Scheidung gedroht, wissen Sie? Und deswegen hat er sie aus dem Weg geräumt.«
»Umstände! Umstände! Mehr haben Sie nicht!«, entgegnete Sir Herbert gereizt.
»Die Krone muss es beweisen, verdammt! Falls Oakley es getan hat, dann war der Bursche verflixt raffiniert! Niemand bei der ursprünglichen Gerichtsverhandlung zur Feststellung von Cora Oakleys Todesursache schien der Auffassung, dass es sich um etwas anderes als einen schrecklichen Unfall gehandelt haben könnte! Und noch eine Sache. Dieser Wissenschaftler hat Proben von überall auf diesem Friedhof genommen. Wenn sich sonst noch irgendwo Arsen findet, dann fliegt der Fall aus dem Fenster! Es ist schon früher geschehen, und es wird auch wieder geschehen!«
Ja, das ist wahr, dachte Wood düster. Und falls es wieder geschah, dann wusste er auch schon, wer dafür die Schuld bekommen würde. Bamford war keine große Stadt, doch es war ein wichtiges Marktzentrum für das umgebende Land, und man erwartete von der Polizeistation, dass sie in ihrem weitläufigen Bezirk Recht und Ordnung aufrechterhielt. Aus diesem Grund gab es in Bamford auch einen Inspector als Leiter, wohingegen andere Städte vergleichbarer Größe höchstens einen Sergeant hatten.
Nicht, dass ein wirklich guter Inspector in diese ländlich abgelegene Gegend geschickt worden wäre – nein, sie hatten Wood den Posten angedient. Er mutmaßte insgeheim, dass er seine Beförderung nur aus dem einen Grund erhalten hatte, weil man auf diese Weise zwei Fliegen mit einer Klappe hatte schlagen können. Er hatte hart gearbeitet und einige Erfolge im Verlauf seiner Karriere vorzuweisen, doch er gehörte nicht zu der Sorte Männer, die in gesellschaftlichen Kreisen außerhalb ihres eigenen einen guten Eindruck machten. Also hatte man ihn widerwillig zum Inspector befördert und sich zugleich die Hände gerieben, dessen war er sich sicher, und hierher nach Bamford versetzt. Er hatte ihnen erspart, einen besseren Mann von seinen Pflichten woanders abzuziehen.
Es war ihm im Grunde genommen egal. Ihm gefiel es hier. Er fühlte sich wohl unter den Leuten sowohl in der Stadt als auch auf dem umgebenden Land. Es gefiel ihm, die Verantwortung in seinem eigenen kleinen Königreich zu tragen. Er verfügte über einen Sergeant und zwei Constables zu seiner Hilfe, von denen einer drüben beim Grab stand. Wie Wood waren sowohl der Sergeant als auch die Constables bodenständige, verlässliche Männer, die ebenfalls kein größerer Ruhm erwartete.
Nun hatte sich unerwartet eine Chance ergeben, vielleicht doch noch zu Ruhm und Ehren zu gelangen. Nicht, dass Wood sich gerne eingestand, dass er so dachte, doch falls es ihm gelänge, einen Gentleman wie Oakley am Schlafittchen zu packen …
Plötzlich wurde die Arbeit am Grab unterbrochen, was Woods Aufmerksamkeit in die Gegenwart zurückkehren ließ. Der Constable kam über Grabsteine und Fassungen herbeigehastet und salutierte.
»Wir haben den Sarg erreicht, Mr. Wood, Sir.«
»Sehr gut!«, sagte Wood erleichtert.
»Jetzt kann es nicht mehr lange dauern, Sir Herbert. Constable, schaffen Sie den Totengräber zum Sarg, zack-zack!« Der Totengräber jedoch rächte sich, indem er in majestätisch erhabenem Gang zum offenen Loch stolzierte und die Männer damit auf eine weitere Geduldsprobe stellte. Einer
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